Temps de Chien! Auf dem falschen Dampfer
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Auf dem falschen Dampfer

Inhalt / Kritik

Temps de Chien! Auf dem falschen Dampfer
„Auf dem falschen Dampfer“ // Deutschland-Start: 25. Oktober 2019 (Arte)

Bei Jean (Philippe Rebbot) geht momentan schief, was nur schief gehen kann. So richtig toll war sein Leben ohnehin nicht mehr, seitdem seine Frau ihn verlassen hat. Und jetzt kommt es knüppeldick: Erst wird der dem Alkohol zugetane Aussichtskapitän bei der Arbeit degradiert, was sowohl für sein Ego wie auch seinen Geldbeutel einen empfindlichen Schlag bedeutet. Und dann muss er noch aus seiner Wohnung raus, nachdem er mit der Miete im Rückstand ist und unerlaubterweise untervermietet hat. Es bleibt ihm daher nichts anderes übrig, als in die Wohnung seiner gerade verreisten Patentochter zu ziehen. Dummerweise ist er dort nicht allein, denn auch der erfolgslose Musiker Victor (Pablo Pauly) hat dort Unterschlupf gefunden …

Das Leben im sozialen Abstieg

Nicht erst seit der Corona-Pandemie befinden sich viele Menschen wirtschaftlich auf Talfahrt. Schon die vorangegangenen Krisen und eine sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich haben dafür gesorgt, dass weltweit Unzählige nach unten durchgereicht werden. Diese traurige Entwicklung ist für Filmschaffende natürlich ein dankbares Thema. Ob nun Ken Loachs bedrückendes Sorry We Missed You oder das deutsche Pendant Geliefert, sie alle erzählen davon, wie eine Familie ins Wanken gerät, das Geld knapp wird und irgendwie dafür kämpfen muss, um überhaupt noch von einem Tag zum nächsten zu kommen. Selbst die alltäglichsten Dinge können dann schon zu einem Luxus werden.

Mit Auf dem falschen Dampfer geht Regisseur und Co-Autor Edouard Deluc (Gauguin) in eine thematisch ähnliche Richtung. Wie bei den beiden anderen Filmen erzählt er hier von einem Familienvater, für den es in der Welt keinen wirklichen Platz mehr zu geben scheint und der sich sehr schwer damit tut, seine Kinder noch versorgen zu können. Anders als die Kollegen ist das jedoch weniger mit einem gesellschaftlichen Kommentar verbunden. Auch wenn im Leben sicher nicht jeder seines Glückes Schmied ist, wie gerne mal behauptet wird: Diese Misere hat Jean zu einem beträchtlichen Teil selbst zu verantworten. Die eigene Wohnung unterzuvermieten und an der Flasche zu hängen lässt sich dann doch nicht so leicht kapitalistischen Ausbeutern oder einer selbstsüchtigen Ellbogengesellschaft ankreiden.

Unterwegs mit zwei skurrilen Verlierern

Tragisch ist ein solches Schicksal aber natürlich auch bei Eigenverschulden. Kann es zumindest sein. Deluc will in der Hinsicht jedoch gar nicht so sehr ins Traurige gehen. Über weite Strecken ist Auf dem falschen Dampfer eher komisch als dramatisch angelegt. Dabei ist es nicht die Situation als solche, über die sich der Film lustig macht. Vielmehr sind die Figuren an sich die Quelle der Unterhaltung. So sind sowohl Jean wie auch Victor als skurrile Verlierer angelegt, die nie so wirklich mit der Realität kompatibel sind und deshalb oft das Falsche tun. Manchmal ist es aber auch die Außenwelt, die für Komik sorgt, etwa bei einem total bescheuerten Job, den Victor irgendwann an Land zieht und bei dem man sich fragt: Wer kam denn bitteschön auf diese Idee?

Deluc kann sich dabei zudem auf sein Ensemble verlassen. Mit Philippe Rebbot (Die fast perfekte Welt der Pauline, Ein Dorf zieht blank) und Pablo Pauly (Weiß wie Schnee – Wer ist die Schönste im ganzen Land?, Lieber Leben) hat er eine prima Besetzung für die beiden gescheiterten Männer gefunden, die mit viel Unverständnis durchs Leben stolpern. Sie müssen dafür nicht einmal groß Grimassen schneiden oder sich in Slapstickfallen verlieren. Es reicht, sie als Fremdkörper zu platzieren, während drumherum das Leben weitergeht. Das mag dann am Ende nicht so wahnsinnig viel Tiefgang haben. Die Liebesgeschichte um Jeans Kollegin Judith (Laure Calamy) wirkt zudem ein bisschen konstruiert, um irgendwie noch ein Wohlfühlende erfinden zu können. In der Summe ist Auf dem falschen Dampfer aber sympathisch und unterhaltsam genug, um darüber hinwegsehen zu können. Kein Film, der die Welt verändern will. Er bildet sie nicht einmal realistisch ab. Aber es reicht für einen schönen Abend.

Credits

OT: „Temps de Chien!“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Edouard Deluc
Drehbuch: Edouard Deluc, Chloé Larouchi, Laura Piani
Kamera: Renaud Chassaing
Besetzung: Philippe Rebbot, Pablo Pauly, Laure Calamy, Elodie Bouchez, Jean-Luc Bideau, Solène Rigot

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In „Auf dem falschen Dampfer“ verliert ein Mann erst seine Frau, dann die Wohnung, zum Schluss seinen Job. Das klingt nach einem Sozialdrama, ist aber deutlich komischer angelegt, gerade wegen der beiden skurrilen Protagonisten. Richtig in die Tiefe geht das nicht, Spaß macht der Spießrutenlauf aber schon.
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