Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort: Als es zu einem Schusswechsel zwischen der Polizei und einer Bande kommt, wird eine junge Frau als Geisel genommen, wenig später ist sie tot. Für Staatsanwältin Judith Schrader (Nadja Uhl) ist der Fall klar, die drei Täter wurden für sie eindeutig überführt. Die Verteidigerin Andrea Marquart (Judith Engel) sieht das naturgemäß etwas anders. Und tatsächlich gelingt es ihr, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Beweise nicht ausreichend sind, um das Trio zu verurteilen. Das ist vor allem für den Polizisten Michael Pollmann (Jörg Schüttauf) ein Schlag ins Gesicht, gibt er sich doch ohnehin die Schuld für den Tod der jungen Frau, schließlich hatte er durch seinen Einsatz zur Eskalation beigetragen. Kurze Zeit später ist einer der mutmaßlichen Mörder tot …
Das Gesetz bin ich!
Dass gefühlte Gerechtigkeit und das Gesetz nicht immer unbedingt übereinstimmen, ist kein Geheimnis. Immer wieder kommt es zu Urteilen, bei denen man instinktiv sagen würde: Das ist völlig falsch! In Filmen hat das sogar zu einem eigenen Subgenre geführt, dem des Rachethrillers. Denn dort geht es fast immer darum, wie ein Mann, seltener eine Frau, ein vergangenes Unrecht aus der Welt schaffen möchte, indem alle damit beteiligten Leute zur Strecke gebracht werden. Das Motto: Wenn das Gesetz versagt, nehme ich das eben selbst in die Hand! Selbstjustiz ist in dem Zusammenhang nicht nur geduldet, sondern wird ausdrücklich propagiert, sofern es damit die „Richtigen“ trifft.
Der ZDF-Thriller Die Jägerin: Nach eigenem Gesetz nimmt dieses Thema ebenfalls auf, verurteilt es gleichzeitig aber. Zunächst erscheint es natürlich absurd, dass die drei freigesprochen wird. Schließlich hat das Publikum diese gesehen. Nur bringt das den Figuren vor Gericht eben wenig. Der Film nutzt dieses Wissen, um richtig viel Empörung zu erzeugen, dazu den Wunsch, doch einfach mal weniger pedantisch zu sein. Wichtiger als der Weg ist schließlich die Bestrafung der Schuldigen, möchte man meinen. Dass dem nicht so ist, wird – nach einigem Zögern – aber ebenso klar gemacht. Niemand steht über dem Gesetz lautet eine der Erkenntnisse der TV-Produktion, auch wenn es noch so verführerisch ist. Wer das dennoch versucht, ist am Ende genauso schuldig.
Plump und langweilig
Grundsätzlich ist die Betonung von Regeln und Gesetzen, die selbst dann gelten, wenn uns das nicht passt, natürlich schon wichtig. Die Jägerin: Nach eigenem Gesetz ist da quasi das Gegenstück zu den besagten Rachethrillern, die auf oft bedenkliche Weise Gewalt und Regellosigkeit glorifizieren. Richtig überzeugend ist das Ergebnis aber nicht. Zum einen wird dem Publikum nicht zugetraut, selbst einmal über den Stoff nachzudenken, weshalb es plumpe Moral per Dekret gibt. Überhaupt sind die Dialoge wie so oft, wenn deutsche Fernsehfilme etwas aussagen wollen, ziemlich konstruiert. Für einen Film, der für sich Werbung macht, indem auf umfangreiche Recherchen verwiesen wird, ist er nicht so wirklich aus dem Leben gegriffen. Bei allem Verständnis für die Wut, die das Urteil auslöst, natürlich sieht anders aus.
Außerdem gelingt es Regisseur Andreas Herzog (Stubbe: Tödliche Hilfe, Unter Verdacht: Das Blut der Erde) nicht, aus dem Stoff Spannung zu generieren. Der Frage, wer hinter dem Mord am mutmaßlichen Mörder steckt, wird nur halbherzig nachgegangen. Die Ermittlungen sind schon recht dürftig. Und auch später, wenn es dann deutlich brisanter wird und so etwas wie eine akute Gefahr vorliegt, reicht das nicht aus, um Nervenkitzel zu erzeugen, trotz der dramatischen Musik. Nicht einmal die Hauptfigur ist wirklich interessant. Nadja Uhl, die zweieinhalb Jahre nach Gegen die Angst zum zweiten Mal die Rolle der Staatsanwältin übernimmt, bleibt in ihrem Kampf für Gerechtigkeit recht blass. Die Jägerin ist da als Bezeichnung der Reihe dann vielleicht doch etwas hoch gegriffen, das hat mehr von einer Schnitzeljagd.
OT: „Die Jägerin: Nach eigenem Gesetz“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Andreas Herzog
Drehbuch: Robert Hummel
Musik: Christopher Bremus
Kamera: Björn Knechtel
Besetzung: Nadja Uhl, Dirk Borchardt, Jörg Schüttauf, Branco Tomovic, Pit Bukowski, Walid Al-Atiyat, Judith Engel
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)