Django and Django
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Django & Django

Inhalt / Kritik

Django and Django
„Django & Django“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Traditionell ist der Western eine Spiegelung der US-amerikanischen Geschichte, ihrer Mythen und Werte sowie jener Helden, welche sich aus diesen ergeben haben. Ob als Roman oder als Film erzählt der Western von jenem geheimnisvollen Land des Wilden Westens, einer Version Amerikas, als es noch Land zu entdecken und vor allem zu erschließen gab und bevor Technisierung und Urbanisierung die USA prägten, welche wir heute kennen. Zum einen ein Spiegel der Freiheit, war es auch eine Fläche für Abenteurer, was bis heute die Bilderwelt des Genres dominiert, wenn auch mit unterschiedlichen Akzentuierungen. Jedoch ist es nur natürlich, dass sich dieses Bild mit der Zeit weiterentwickelte und eben jene Entwicklungen, gesellschaftlicher, politischer wie auch wirtschaftlicher Art, widerspiegelte, welche die Welt in einer bestimmten Epoche durchmachte. Dies erklärt unter anderem, warum, wie für viele andere Genres auch, besonders die 1960er und 1970er einen Einschnitt markieren, nach dem der amerikanischen Westen niemals mehr so sein würde, wie er vorher war und mindestens genauso düster, brutal und hoffnungslos war, wie so viele diese Zeit wahrnahmen, wobei besonders der europäische Western, und damit Filmemachern wie Sergio Leone und Sergio Corbucci, eine Sonderstellung gebührt.

Während Leone mit Filmen wie der Dollar-Trilogie oder später Spiel mir das Lied vom Tod einen direkten Anschluss an die Mythen des Wilden Westen suchte, doch zugleich mit diesen abrechnete, blieb Corbucci in Europa, weshalb Werke wie Django oder Leichen pflastern seinen Weg in erster Linie als Spiegelbilder der Geschichte dieses Kontinents zu verstehen sind. Mittlerweile ist der Einfluss der beiden Regisseure auf das heutige Kino unermesslich, wenn man alleine die zahlreichen Verweise bedenkt, die alleine Quentin Tarantinos letzter Film Once Upon a Time in … Hollywood an die Werke Corbuccis machte, der eigentlich auch eine Figur in der Geschichte hätte sein sollen. So beginnt Luca Reas Dokumentation Django & Django mit dieser Szene, nacherzählt von dem wie immer sehr wortreichen und enthusiastischen Filmemacher Tarantino, auf den Rea im Laufe der 97 Minuten Laufzeit des Filmes immer wieder zurückkommt. Doch diese Szene ist nur eine Facette der Dokumentation über das Leben und Werk Sergio Corbuccis, welche auf den diesjährigen Filmfestspielen in Venedig zu sehen sein wird und die sich mit den Themen dessen Filmografie auseinandersetzt.

Gewalt und Bösewichter

Neben Tarantino, der aussagt, er habe einmal ein Buch über den „anderen Sergio“ schreiben wollen, sind es Wegbegleiter wie Roggero Deodato, langjähriger Kollaborateur Corbuccis, und Franco Nero, der durch seine Titelrolle in Django zu Weltruhm gelangte, die in Django & Django zu Wort kommen. In verschiedene Kapitel unterteilt verfolgt Rea die Karriere des Römers Corbucci, seinen Anfängen als Filmkritiker sowie seinen ersten Filmen, die, zusammen mit jenen seines Kollegen und Freundes Sergio Leone, zu der ersten Welle jener Western gehörten, die gemeinhin als „Spaghetti-Western“ bezeichnet werden. Nicht nur erhält man Einblick in die Findungsphase des Regisseurs, sondern zugleich in die Themen, die ihn beschäftigen und welche letztlich sein ganzes Werk umfassten, beispielsweise der Auseinandersetzung mit dem Faschismus und einer tief sitzenden Skepsis gegenüber Kollektiven oder Gemeinschaften, die in Corbuccis Filmen selten positiv besetzt sind.

Während Leone immer mehr dazu überging, Epen anstatt Western zu machen, blieb Corbucci dem Genrefilm treu, was sein Werk jedoch keineswegs mindert. Viel mehr noch als sein Kollege zeichnet er in seinen Western eine düster-dreckige Welt, in der jener regiert, der am brutalsten vorgeht oder sich am skrupellosesten verhält. Nicht selten führte dies zu wahren Gewalteskapaden oder gar einem Helden, der am Ende des Filmes keinesfalls gewinnt, sondern dem Colt des Killers zum Opfer fällt. Rea zeigt in seiner Dokumentation, warum gerade diese Schattenseite des Westens, das Brutale und das Unbarmherzige eine solch wichtige Rolle für Corbucci gespielt haben und bringt dem Zuschauer nach und nach das Werk des Filmemachers näher und kontextualisiert es mit Verweisen auf Cobuccis Biografie und das Zeitgeschehen.

Credits

OT: „Django & Django“
Land: Italien
Jahr: 2021
Regie: Luca Rea
Drehbuch: Steve Della Casa, Luca Rea
Kamera: Andrea Arnone

Filmfeste

Venedig 2021

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„Django & Django“ ist eine informative und äußerst sehenswerte Dokumentation, insbesondere natürlich für Filmfans. Luca Rea gelingt nicht nur eine ausführliche Sicht auf das Werk und das Leben Sergio Corbuccis, sondern auch eine Analyse seiner Filme, unterstützt durch die zahlreichen Gesprächspartner sowie Ausschnitte aus den Filmen.
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