Die Marquise de Merteuil (Glenn Close) ist es gewohnt zu bekommen, was sie will. Entsprechend empört ist sie, dass ihre Freundin Madame de Volanges (Swoosie Kurtz) ihre Tochter Cécile (Uma Thurman) ausgerechnet an einen von de Merteuils Liebhaber verheiraten möchte. Dass sie dem nicht tatenlos zusehen kann, versteht sich von selbst. Und so beauftragt sie Vicomte de Valmont (John Malkovich), einer ihrer Verflossenen, die junge Cécile zu entjungfern und damit für die Ehe unbrauchbar zu machen. Doch der für seine zahlreichen Liebschaften und geringe Moral berüchtigte Adlige jemand ganz anderes im Auge. Denn er hat es sich in den Kopf gesetzt, die tugendhafte Madame de Tourvel (Michelle Pfeiffer) zu verführen, solange deren Ehemann auf Reisen ist …
Die niederträchtige Variante des Kostümdramas
Auf den ersten Blick scheint Gefährliche Liebschaften eines dieser typischen Kostümdramen zu sein, bei denen lauter attraktive Menschen aus der adligen Schicht aufeinandertreffen und nach einer Reihe von Hindernissen und Missverständnissen die große Liebe finden. Zum Teil stimmt das auch. Wir bewegen uns hier ausschließlich in vornehmen Kreisen, sind in großen Anwesen unterwegs, die Frauen tragen aufwendige Kleider. Die Figuren sind praktisch durch die Bank weg gutaussehend, teilweise auf fast schon unverschämte Weise. Und natürlich geht es auch um die Liebe. Um eine große, alles verzehrende Liebe, ohne die das Leben auf einmal ganz sinnlos erscheint.
Und doch könnte Gefährliche Liebschaften nicht weiter von dem entfernt sein, was man normalerweise mit dem Konzept eines Kostümdramas verbindet. Zunächst einmal sind die beiden Hauptfiguren nicht unbedingt das, was man heldenhaft bezeichnen würde. Im Gegenteil: Sowohl Marquise de Merteuil wie auch Vicomte de Valmont sind eitle, intrigante Menschen, denen der eigene Genuss über alles geht. Andere Menschen sind dafür nur ein Mittel zum Zweck und im Zweifel entbehrlich. Gewissensbisse oder Skrupel kennen die zwei nicht, wenn es um die Verfolgung der eigenen Ziele geht. Sie finden zum Teil sogar Genugtuung dabei, wenn es anderen Leuten schlecht geht. Vor allem de Merteuil ist ein rachsüchtiges Monster, welches anderen kein Glück gönnt.
Gib der Liebe (k)eine Chance
Aber es gibt sie auch, die echte Liebe. Symbolisiert wird sie durch die jüngeren Figuren: die tugendhafte Madame de Tourvel, die unschuldige Cécile de Volanges sowie den Chevalier Raphael Danceny (Keanu Reeves), der auch noch in die Geschichte hineingezogen wird. Doch keiner der drei ist dem diabolischen Duo gewachsen. Wer auch immer sich auf dieses einlässt, wird enttäuscht, wird betrogen und am Ende zerstört zurückgelassen. Drehbuchautor Christopher Hampton zeichnet mit Gefährliche Liebschaften, welches auf seinem Theaterstück sowie dem zugrundeliegenden Roman Les liaisons dangereuses von Choderlos de Laclos basiert, nicht nur das Bild zweier Machtmenschen, sondern auch einer Liebe, die keine Chance in dieser Welt hat. Wer liebt, so die bittere Erkenntnis, der verliert. Wo in anderen Kostümdramen am Ende die große, reine Liebe triumphiert, da ist dieses von Zynismus und Pessimismus geprägt.
Regisseur Stephen Frears (Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten, Die Queen) muss hierfür nicht einmal irgendwelche großen dramatischen Szenen einbauen. Die gibt es zwar auch, gerade zum Ende hin, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen. Die meiste Zeit über sehen wir in Gefährliche Liebschaften aber nur, wie zwei Leute miteinander reden. Das können mal Liebesschwüre sein, mal werden Pläne hinter den Rücken der anderen geschmiedet. Dann und wann kommt es auch zu direkten Auseinandersetzungen, wenn die verbalen Waffen gezückt werden. Das ist vor allem dann unterhaltsam, wenn sich mit Marquise de Merteuil wie auch Vicomte de Valmont zwei zumindest annähernd ebenbürtige Leute gegenüberstehen, mit messerscharfen Dialogen bewaffnet. Wenn zwei große Egos aufeinandertreffen, für die nur ein Sieg wirklich in Frage kommt.
Schauspielerischer Triumph
Das ist natürlich auch ein schauspielerischer Triumph. Glenn Close und John Malkovich liefern sich sehenswerte Duelle, wenn sie mal nicht gemeinsam gegen andere vorgehen. Michelle Pfeiffer bildet den Gegenpol, auch wenn sie im Gegensatz zu vielen anderen Rollen, hier jemanden spielt, der sehr verletzlich und zerbrechlich ist. Dass Close und Pfeiffer ihre jeweiligen Oscar-Nominierungen nicht in Siege verwandeln konnten, ist auch deshalb bedauerlich, weil die beiden herausragenden Charakterdarstellerinnen bis heute trotz mehrfacher Nominierungen sieglos geblieben sind. Aber wenn einen Gefährliche Liebschaften eines lehrt, dann dass am Ende nicht zwangsläufig die Guten gewinnen. Genauer gibt es, vom Publikum einmal abgesehen, bei diesem bitteren Drama niemand, der wirklich als Gewinner durchgeht. Wer in die Nähe des moralischen Sumpfes gerät, der sich in der Adelsschicht ausgebreitet hat, der ist auf die eine oder andere Weise dazu verdammt, in diesem unterzugehen.
OT: „Dangerous Liaisons“
Land: USA
Jahr: 1988
Regie: Stephen Frears
Drehbuch: Christopher Hampton
Vorlage: Choderlos de Laclos
Musik: George Fenton
Kamera: Philippe Rousselot
Besetzung: Glenn Close, John Malkovich, Michelle Pfeiffer, Swoosie Kurtz, Keanu Reeves, Mildred Natwick, Uma Thurman
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 1989 | Bester Film | Nominierung | |
Bestes adaptiertes Drehbuch | Christopher Hampton | Sieg | ||
Beste Hauptdarstellerin | Glenn Close | Nominierung | ||
Beste Nebendarstellerin | Michelle Pfeiffer | Nominierung | ||
Beste Musik | George Fenton | Nominierung | ||
Bestes Szenenbild | Stuart Craig, Gérard James | Sieg | ||
Beste Kostüme | James Acheson | Sieg | ||
BAFTA Awards | 1990 | Beste Regie | Stephen Frears | Nominierung |
Bestes adaptiertes Drehbuch | Christopher Hampton | Sieg | ||
Beste Hauptdarstellerin | Glenn Close | Nominierung | ||
Beste Nebendarstellerin | Michelle Pfeiffer | Sieg | ||
Beste Musik | George Fenton | Nominierung | ||
Beste Kamera | Philippe Rousselot | Nominierung | ||
Beste Kostüme | James Acheson | Nominierung | ||
Bester Schnitt | Mick Audsley | Nominierung | ||
Bestes Make-up | Jean-Luc Russier | Nominierung | ||
Bestes Szenenbild | Stuart Craig | Nominierung | ||
César | 1990 | Bester ausländischer Film | Sieg |
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