Als Kind träumte Herr Mo (Ju-bong Gi) davon, einmal Schauspieler zu werden. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen arbeitete er als Friseur, kam nie aus der ländlichen Gegend heraus. Nun ist Herr Mo nicht mehr der Jüngste, seine Gesundheit ist nicht die beste. Warum nicht also seinen alten Kindheitstraum doch noch umsetzen? Und so überredet er seinen Sohn Stephen (David Oh) und dessen Freundin Ye-won (Won-Hee Go) dazu, einen Kurzfilm zu drehen, welcher eine Hommage an die alten Werke Charlie Chaplins sein soll. Das Ziel: Der Film soll an Weihnachten fertig sein und in einer Sondervorstellung all den Menschen gezeigt werden, die Herr Mo wichtig waren. Tatsächlich werden schon kräftig Einladungen verteilt, noch bevor die Geschichte im Kasten ist. Dabei droht das Projekt immer wieder zu scheitern …
Die Geschichte einer traurigen Gestalt
Auf den ersten Blick könnte man meinen, Herr Mo sei ein bislang übersehenes Werk von Sang-soo Hong (Introduction, Right Now, Wrong Then). So wie bei dem südkoreanischen Autorenfilmer folgen wir hier einer sehr überschaubaren Zahl an Figuren, erfahren mehr über ihr Leben, bei denen vieles im Argen liegt. Da geht es um zerplatzte Träume, um nicht verarbeitete vergangene Ereignisse, um die mitunter schwierige Beziehung zwischen Mann und Frau. Die Figuren sind ein wenig verschroben und kommen aus einem filmischen Umfeld. Zudem ist der Film in Schwarzweiß gedreht, so wie rund die Hälfte des ständig auf Festivals vertretenen Regisseurs.
Und doch würde man Regisseur und Drehbuchautor Dae-Hyung Lim unrecht tun, ihn der bloßen Kopie seines berühmten Kollegen zu beschuldigen. Ein Unterschied ist, dass Herr Mo deutlich melancholischer angelegt ist als die Filme Hongs. Wenn hier an früher gedacht wird, dann ist das mit einer starken Wehmut verbunden. Die Titelfigur mag ein Kauz sein, vergleichbar zu den anderen Titelfiguren, zudem nicht der geschickteste im Umgang mit anderen Menschen. Doch wo Hong bei der Dekonstruktion vor allem die Lächerlichkeit seiner männlichen Charaktere betonte, da ist Mo eine traurige Gestalt. Einige Szenen, etwa wenn er Anschluss bei einer jungen Frau in seinem Schwimmbad sucht, gehen schon richtig zu Herzen.
Die leise humorvolle Annäherung
Dennoch verzichtet Lim darauf, ein rührseliges Drama aus dem Stoff zu machen, selbst wenn die Themen das allemal hergeben würden. Stattdessen erzählt er mit einer gewissen Leichtigkeit und viel Sinn fürs Skurrile von den Erlebnissen des Trios. Klar, dass so ein spontan angelegtes Familien-Film-Projekt nicht ganz reibungslos vonstattengeht. Dabei wird, wie so oft bei als Roadtrips angelegten Filmen, der Weg über längere Zeit zum Ziel. Herr Mo nutzt die Reise, um einerseits die Vergangenheit abzuarbeiten. Gleichzeitig sollen die zwei Männer wieder stärker zusammenfinden, solange es noch geht. Denn da ist immer die Krankheit des Vaters, die düsteren Aussichten, die wie ein Schatten über alles liegt. Selbst in den heiteren Momenten wissen wir, dass es ein Happy End in dem Sinne gar nicht geben kann.
Wobei man als Zuschauer und Zuschauerin schon ein wenig glücklicher aus dem Film geht. Dafür sorgt allein schon der Kurzfilm im Film, der allen Widerständen zum Trotz tatsächlich gedreht wird. Die Reminiszenz an die Stummfilmklassiker ist natürlich simpel und recht albern, aber doch sehr charmant. Überhaupt ist Herr Mo gut darin, das Publikum für sich zu gewinnen. Das tut Lim ganz leise, sowohl im Hinblick auf die humorvollen wie ernsten Momente. Er tut es zuweilen auch ganz ohne Worte und lässt lieber die schönen Bilder für sich sprechen – selbst außerhalb der Stummfilmszenen. Das Ergebnis ist ein Werk, das trotz der nicht ganz einfachen Herren liebenswürdig ist. Selbst wenn diese umständlich sind und manches schwieriger machen, als es sein muss: Man leistet ihnen während der filmischen Entdeckungsreise doch gern Gesellschaft und ist gespannt darauf, wohin der Weg sie führen wird.
OT: „Merry Christmas Mr Mo“
Land: Südkorea
Jahr: 2016
Regie: Dae-Hyung Lim
Drehbuch: Dae-Hyung Lim
Kamera: Kevin Duggin
Besetzung: Ju-bong Gi, David Oh, Won-Hee Go
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