Beckenrand Sheriff Interview Milan Peschel
Milan Peschel als Bademeister in "Beckenrand Sheriff" (© Leonine)

Milan Peschel [Interview]

Milan Peschel zählt zu den vielseitigsten deutschen Schauspielern der mittleren Generation. Es gibt fast nichts, was der Tausendsassa nicht gemacht hätte. Die Liste seiner Theaterrollen, Filmauftritte, Fernsehproduktionen und Hörspiele ist lang. In der Komödie Beckenrand Sheriff von Marcus H. Rosenmüller (Spitzname: „Rosi“) spielt er einen gestrengen Bademeister, dessen Lebenssinn abhanden zu kommen droht, als die kleine bayerische Gemeinde Grubberg das örtliche Freibad schließen will – zugunsten von schicken „Townhäusern“ für Neureiche. Wir haben uns anlässlich des Kinostarts am 9. September 2021 mit dem Hauptdarsteller über Schwimmbäder, seine Liebe zum Slapstick und seiner Haltung zu Verlierertypen unterhalten.

Was hat Sie an der Rolle des Karl gereizt?

Vor allem hat mich gereizt, mit Marcus H. Rosenmüller zu arbeiten. Ich liebe die Filme vom „Rosi“ und wollte ihn schon längst mal kennenlernen und mit ihm drehen. Deshalb war das ein tolles Angebot.

Meist dreht Rosenmüller auf Bayerisch. Haben Sie sich ausbedungen, Berlinerisch reden zu dürfen?

Ausbedungen nicht. Aber ich habe ihm gesagt, Bayerisch werde ich nicht sprechen können. Das würde schrecklich klingen. Doch er dreht ja nicht ausschließlich im bayerischen Dialekt. Trautmann zum Beispiel ist nicht so.

Wie haben Sie sich der Rolle angenähert? Gehen Sie gern ins Schwimmbad?

Ich war nie ein großer Schwimmbadgänger. Doch die eigentliche Annäherung an die Rolle findet im Text lernen und in Proben statt. Wir haben viel geprobt und über die Rollen gesprochen. Das war eine sehr gute und intensive Vorbereitung.

Sie kennen also keinen realen Bademeister, der so ähnlich ist wie Karl?

Ich hoffe nicht.

Sie lieben Slapstick. Warum?

Das ist ein Grundelement des Humors, der mich interessiert. Ein Teil meiner Kindheit sind die Chaplin-Filme, auch Stan und Olli oder Buster Keaton. Was ist komisch? Ein Mann und ein Problem. Ganz einfach, ein Mann rutscht auf einer Bananenschale aus. Wir lachen über etwas, von dem wir verschont geblieben sind. Dafür stelle ich mich zur Verfügung und bringe die Leute zum Lachen. Um guten Slapstick machen zu können, muss man auch in der Lage sein, über sich selbst lachen zu können.

In Deutschland schließt alle vier Tage ein Frei- oder Hallenbad. Wie finden Sie das?

Beschissen. Alles wird Ökonomiezwängen unterworfen. Aber wir werden uns nicht retten können, wenn alles nur effektiv ist. Zum Menschsein gehört mehr als nur die Effektivität.

Beckenrand Sheriff
Schwimmmeister Karl (Milan Peschel) lernt seinen Azubi Sali (Dimitri Abold) ein. (© Leonine Studios)

Ist Karl ein Rassist, weil er seinem neuen Azubi „Sali“, der aus Nigeria stammt, Steine in den Weg legt, wo er nur kann?

Nein, soweit würde ich nicht gehen. Er ist vielleicht ein sehr engstirniger und unflexibler Mensch. Aber er würde wohl jedem, der im Alter von Sali ist, unterstellen, dass er nur Probleme mache. Dass Sali ein Schwarzer ist, soll natürlich auch mit unseren Vorurteilen spielen.

Sie spielen manchmal auch in sehr deftigen Komödien mit. Würden Sie sagen, diese hier ist im Vergleich feinsinniger?

Wenn Sie das so sehen, ist das völlig in Ordnung. Aber ich unterscheide für mich nicht zwischen deftig und feinsinnig. Ich mache das, worauf ich Lust habe und überlege nicht, wie sich das in meiner Vita auswirkt. Ich bekomme Angebote für Castings und gucke auch, mit wem ich da zusammenarbeiten würde. Da spielen viele Faktoren eine Rolle.

Ihr Filmdebüt kam relativ spät mit Netto (2005) von Robert Thalheim. Da waren Sie Mitte dreißig. War es leicht, sich auf die Arbeit vor der Kamera einzustellen?

Ich würde nicht sagen, dass ich spät zum Film gefunden habe. Ich habe mich schon immer für Film interessiert. Aber der Film hat sich nicht für mich interessiert. Als es dann soweit war, konnte ich mich sehr gut darauf einstellen. Ich hatte lange darauf gewartet.

Nervt es Sie, wenn Sie immer wieder als Verlierertyp besetzt werden? Karl ist ja auch so einer.

Nein. Ich mag die Rollen, die ich spiele. Wenn es mir nicht mehr gefallen würde, würde ich andere Sachen machen.

Streiten Sie sich manchmal mit dem Regisseur?

Ja, das gibt es schon. Aber mit dem „Rosi“ gab’s das nicht.

Warum nicht?

Weil wir uns miteinander austauschen konnten. Wir mussten uns nicht streiten, sondern waren an der Meinung des anderen interessiert. Wer den besseren Vorschlag machte, dessen Idee wurde umgesetzt.

Sie führen auch selbst Regie, und zwar am Theater. Würde es Sie reizen, auch mal bei einem Film Regie zu führen?

Warum nicht? Wenn es ein Drehbuch ist, das mich interessiert. Ich freue mich immer, wenn Menschen Interesse an meiner Sicht auf die Dinge zeigen. Aber bisher gab es noch nichts, wofür ich alles andere stehen und liegen lassen wollte.

Sie sind inzwischen einem breiten Publikum bekannt. Stimmt es, dass Sie noch immer nicht in der U-Bahn erkannt werden?

Das weiß ich nicht. Nicht jeder, der mich erkennt, meldet sich auch bei mir. In Berlin ist man eher zurückhaltend. Die Leute sind cool und zeigen das nicht so.

Kommen Sie bei all den vielen Hochzeiten, auf denen Sie tanzen, noch zu Ihrem Hobby, dem Malen?

Im Moment male ich nicht mehr auf Leinwand, sondern zeichne auf dem I-Pad. Da hat man immer mal Zeit dafür. Zum Beispiel, wenn ich beim Drehen warten muss oder wenn ich mit der Bahn reise.

Zur Person
Milan Peschel wurde am 17. Januar 1968 in Ost-Berlin geboren. Er wuchs in der DDR auf, wo er von 1984 bis 1986 eine Ausbildung zum Theatertischler an der Deutschen Staatsoper absolvierte. Anschließend arbeitete er als Bühnentechniker bei der Berliner Volksbühne, wo in ihm der Wunsch wuchs, selbst auf den Brettern zu stehen, die ihm die Welt bedeuten. Es folgte ein Schauspielstudium an der renommierten Ernst-Busch-Schule und das Engagement an der Volksbühne, wo er von 1997 bis 2008 Mitglied des Ensembles war. Zum Film kam Peschel relativ spät. 2005 gab er sein Debüt in Robert Thalheims Netto



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