Für Dodge Tynes (Liam Hemsworth) kommt es gerade knüppeldick. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass er hochverschuldet ist und nicht weiß, wie er seine Familie durchbringen soll, muss er zudem erfahren, dass er einen inoperablen Gehirntumor hat. Um seine Frau Val (Sarah Gadon) und das ungeborene Kind versorgen zu können, lässt er sich nach einigem Zögern auf das Angebot von Miles Sellars (Christoph Waltz) ein: Dodge soll bei einer 24 Stunden dauernden Jagd teilnehmen, bei der er selbst die Zielscheibe darstellt. Je länger er diese überlebt, umso mehr Geld erhält er dafür. Sollte er wider Erwarten am Ende sogar lebend aus dem Spiel gehen, dann wäre er ein reicher Mann und seine Familie bis an ihr Lebensende versorgt. Die Sache hat nur mehrere Haken. Einer davon: Dodge hat keine Ahnung, wer diese fünf Jäger sind, die ihn die nächsten Stunden verfolgen werden …
Etwas Kurzes ganz groß
Seitdem Netflix das Streamen von Filmen und Serien salonfähig gemacht hat, herrscht eine Goldgräberstimmung gewaltigen Ausmaßes. So versuchten seither diverse Großunternehmen, darunter Amazon, Apple, Disney und andere US-Studios, das Erfolgsrezept zu kopieren. Aber auch eine Reihe kleinerer Anbieter beteiligen sich mit zum Teil recht eigenen Konzepten an dem Rennen um das zahlungskräftige Publikum. Ein sehr eigenes Konzept war das von Quibi, welches komplett auf Mobiltelefone ausgerichtet war. So waren die Folgen der selbstproduzierten Serien sehr kurz, meist nur wenige Minuten lang, damit man sie sich vor allem unterwegs oder zwischendurch anschauen kann. Die Neugierde war zu Beginn groß. Doch schon wenige Monate später wurde die Plattform wieder eingestampft, zu wenige hatten den Service abonniert, um die immensen Summen zu rechtfertigen.
Eine der bekannteren Produktionen aus dem Portfolio war die Serie Most Dangerous Game, die gleich in zweifacher Hinsicht den Flop der App überlebte. So gab Roku, die später die Rechte an den Quibi-Titeln gekauft haben, nicht nur eine zweite Staffel in Auftrag. Auf Amazon Prime Video erschien nun eine Filmfassung der ersten Staffel. Dass es sich bei dem Actionthriller eigentlich gar nicht um einen Film handelt, merkt man ihm aber nur bedingt an. Lediglich die immer recht kurzen Szenen und ein durchgehend hohes Tempo lassen darauf schließen, dass das hier ursprünglich mal in einer anderen Form verkauft werden sollte. Aber beides gibt es auch in „normalen“ Actionthrillern, weshalb das nicht übermäßig auffällt.
Wo ist er nur hin?
Ein bisschen ermüdend ist es aber schon, wie Dodge ständig durch die Gegend rennt und an den unmöglichsten Orten seine Jäger auftauchen. Das erinnert manchmal an den Brettspielklassiker Scotland Yard. In beiden Fällen ist der Gejagte quasi „unsichtbar“. Nur alle paar Runden kann er von dem Rest gesehen werden – hier durch eine Handyordnung –, weshalb im Anschluss die Jäger hektisch versuchen, zum Aufenthaltsort zu gelangen, bevor der Gesuchte wieder weg ist. Anders als beim Spiel handelt es sich bei der Jagd jedoch nicht um eine kooperative, sondern eine kompetitive Angelegenheit. Schließlich gewinnt derjenige oder diejenige das Spiel, durch die die Beute erlegt wurde. In Most Dangerous Game versucht man sich deshalb gegenseitig zu übertreffen.
Leider nutzt die Geschichte diesen Aspekt aber praktisch gar nicht aus. Überhaupt bleibt Most Dangerous Game an vielen Stellen geradezu sträflich unter dem, was möglich gewesen wäre. Beispielsweise sind die meisten Figuren auf der Jägerseite gnadenlos überzeichnet. Es kommt auch regelmäßig zu den absurdesten Situationen, die jeder Beschreibung spotten. Drehbuchautor Nick Santora verpasst es jedoch, dies dann auch mit einem entsprechenden schwarzen Humor zu flankieren. Die Serie bzw. der Film wirkt immer so, als würde sie sich über alles lustig machen wollen und nimmt sich doch ernst. So richtig passt das alles hier nicht zusammen.
Zu wenig draus gemacht
Dass Dodge ständig auf Achse ist, das ist in seiner Situation nachzuvollziehen. Es bedeutet aber auch, dass Most Dangerous Game nie so richtig spannend wird. Da fehlt die Zeit, auch mal etwas aufzubauen oder Ruhe reinzubringen. Abwechslungsreich ist das nicht: Dodge flieht irgendwo hin, wird dort von einem der Jäger entdeckt und rennt gleich weiter. Selbst beim Finale wird da nicht variiert, das Format verhindert das, weshalb die Geschichte recht abrupt abbricht. In der Summe ist das nicht genug, um sich von anderen Menschenjagdfilmen abzuheben, zumal Liam Hemsworth (Die Tribute von Panem) kein besonders mitreißender Schauspieler ist. Allenfalls die mit Lust am Overacting agierenden Schurken sorgen für ein bisschen eigenes Flair – aber nicht genug, um über Durchschnitt hinauszukommen.
OT: „Most Dangerous Game“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Phil Abraham
Drehbuch: Nick Santora
Musik: Todor Kobakov
Kamera: Matthew J. Lloyd
Besetzung: Liam Hemsworth, Christoph Waltz, Sarah Gadon, Zach Cherry, Chris Webster, Billy Burke, Jimmy Akingbola, Natasha Liu Bordizzo
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