The Trouble With Being Born
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The Trouble with Being Born

Inhalt / Kritik

The Trouble with Being Born DVD
„The Trouble with Being Born“ // Deutschland-Start: 1. Juli 2021 (Kino) // 10. September 2021 (DVD)

Elli (Lena Watson) ist ein Android und ist für die Bedürfnisse eines Mannes (Dominik Warta) programmiert, den sie Papa nennt. Während die Tage des Sommers vergehen, die beiden im Pool schwimmen und abends gemeinsam ins Bett gehen, sind es die Erinnerungen, die Elli zwar lebendig werden lassen, ihren Schöpfer aber mit einer tief verwurzelten Trauer und Einsamkeit konfrontieren. Elli scheint ihrer Bestimmung zu folgen, bis eines Tages auch sie von der Vergangenheit eingeholt wird und die Grenzen zwischen Realität und Programmierung immer mehr zu verschwimmen drohen.

Roboter sind auch nur Menschen

Künstliche Intelligenz als Chance und erfüllenden Zukunftsvision oder als Gefahr und Dystopie einer entfremdeten Gesellschaft. Das Interesse und die Faszination für Roboter, die menschlich agieren und zudem auch immer menschlicher aussehen, wird seit jeher in Filmen verarbeitet. Auf Fritz Langs Metropolis folgten bis heute diverse Geschichten, die die Thematik in ganz unterschiedlicher Form aufgriffen, verschiedenste Genre bedienten und zuweilen bekannte Klassiker hervorbrachten. Ridley Scotts Blade Runner, Steven Spielbergs A.I. oder auch Spike Jonze‘ Her sind nur einige Beispiele dafür, wie künstliche Intelligenzen unser Leben beeinflussen könnten und mit welchen moralischen und ethischen Fragen sich die Gesellschaft dann auseinandersetzten muss.

An diesen Punkt knüpft auch Sandra Wollners The Trouble with Being Born an und provoziert einen Diskurs, der sich in den ersten Minuten noch kaum erahnen lässt. Nach dem 2016 erschienenem Debüt Das unmögliche Bild ist das Sci-Fi-Mystery-Drama die zweite Arbeit der gebürtigen Österreicherin. Bereits in ihrem ersten Langfilm lotete die Regisseurin Genregrenzen aus und entwickelte gleichzeitig eine ganz neue unvorhergesehene Tonalität. Wo Das unmögliche Bild die Form von Amateurvideo und Familienporträt scheinbar neu zu definieren vermochte und den Alltag von Frauen in den 50er-Jahren auf sehr ungewöhnliche Weise einzufangen wagte, ist The Trouble with Being Born ein kontrovers diskutierter Film, in dem die junge Hauptfigur erst durch die Erinnerungen seiner Besitzer zu leben beginnt und damit Geister der Vergangenheit heraufbeschwört. Dabei stellt die Regisseurin ihr Publikum mit dem Film, der 2020 in der Berlinale Encounters Sektion mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet worden ist, ganz bewusst vor eine Herausforderung.

Zwischen Erinnerung, Traum und Trauma

Statisches elektronisches Knistern, als würde eine Radiofrequenz dem schlechten Empfang zum Opfer fallen, Wortfetzen, eine Kinderstimme. Gepaart mit wabernden Lichtern und Farben, scheint eine neue Existenz geboren zu werden, die durch einen Wald gleitet, der sich vor unseren Augen formt. Unterdessen offenbart ein Mädchen aus dem Off scheinbare Erinnerungen, die sich mit dem Gezeigten nahezu decken. Trotzdem ist nicht ganz klar, stammen auch die Bilder aus der Erinnerung oder sind es doch aktuelle Geschehnisse. Fast geisterhaft sind die ersten Minuten des Films, in denen die Regisseurin schon jetzt mit den Grenzen des Genres spielt.

Was zunächst noch relativ harmlos mystisch wirkt, erwächst im Verlauf des Films zu einer nicht greifbaren Gefahr, die langsam unter die Haut kriecht und mehrfach ein diffuses Gefühl von Unbehagen und Beklemmung auslöst. Dafür sorgt auch die vielschichtige Entfaltung der Thematik, die sich neben Trauer- und Traumabewältigung auch mit Einsamkeit, Pädophilie und der grundlegenden Frage nach der eigenen Existenz auseinandersetzt. Dabei spielt das Erinnerungsvermögen und das daraus resultierende Ich-Empfinden eine tragende Rolle und führt unweigerlich zum Hinterfragen der ethischen Vertretbarkeit einer programmierbaren KI, die den Bedürfnissen seiner Besitzer entsprechen soll.

Spiegel eines vergangenen Ichs

Gerade die befremdlich wirkende Intimität zwischen Elli und der Vaterfigur, die allerdings nie eindeutig als solcher definiert wird, wirft viele Fragen auf. Hierbei geht Sandra Wollner aber immer unglaublich feinfühlig und achtsam vor. Weder romantisiert sie das Verhältnis, noch wird sie derart offensiv und explizit in ihrer Darstellung, sodass sie ihrer Kernthematik damit lediglich eine weitere Facette hinzufügen kann und den Fokus nicht komplett auf diesen Teil der Geschichte lenkt. Dass die junge Schauspielerin Lena Watson für den gesamten Film eine Silikonmaske trug und der Android Elli damit durchweg sehr wenig bis keine Emotionen erkennen lässt, ermöglicht es trotz der Vermenschlichung die Distanz zu wahren und den Roboter als das wahrzunehmen, was er ist: Eine Hülle, die durch die Erinnerung zum Leben erweckt worden ist und zu einem Spiegel eines vergangenen Ichs wird, das gleichzeitig alte Wunden wieder aufzureißen vermag.

Hierfür schafft die Regisseurin etwa zur Filmmitte noch zusätzlichen Raum für eine neue Situation, die die schmerzliche Einsamkeit der Protagonisten spürbar hervorbringt. Denn wenn eine alte Dame mit dem Androiden nun Emil, ihren verstorbenen Bruder, zurückbekommen soll, wird umso deutlicher, dass ein Roboter nie ein adäquater Ersatz werden kann.

Mit unglaublich zarten wie erdrückenden Bildern, einer sorgfältigen und ausdrucksstarken Kameraführung sowie einem tiefgründigen Drehbuch formt sich The Trouble with Being Born  alternativ als Vom Nachteil geboren zu sein bekannt, zu einem Film, der unter dem Deckmantel eines Sci-Fi-Dramas durchaus das Zeug zu einem nervenaufreibenden Horrorfilm hat.

Credits

OT: „The Trouble with Being Born“
AT: „Vom Nachteil geboren zu sein“
Land: Österreich, Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Sandra Wollner
Drehbuch: Sandra Wollner, Roderick Warich
Musik: Peter Kutin, David Schweighart
Kamera:  Timm Kröger
Besetzung: Lena Watson, Dominik Warta, Ingrid Burkhard, Jana McKinnon, Simon Hatzl

Bilder

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Als Drama getarnt, zeigt „The Trouble with Being Born“ Auswüchse eines disruptiven Horrors, der Grenzen bewusst überschreitet und auf vielschichtige Weise Moralvorstellungen und das Leben selbst hinterfragt.
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