Walter Kaufmann - Welch ein Leben!
© Karin Kaper Film

Walter Kaufmann – Welch ein Leben! 

Inhalt / Kritik

Walter Kaufmann
„Walter Kaufmann – Welch ein Leben!“ // Deutschland-Start: 30. September 2021 (Kino)

An Dokumentarfilmen über Künstler und Künstlerinnen mangelt es nun nicht gerade. Ziemlich regelmäßig sind solche in den Kinos zu sehen, bringen uns historisch bedeutende Persönlichkeiten näher. Die Geschichten unterscheiden sich dabei natürlich zwangsläufig immer, die Art der Kunst ebenfalls. Und doch hat man zu oft das Gefühl, das alles schon einmal gesehen zu haben, da sich die Filme von der Machart her schon sehr ähneln. Fast immer läuft es darauf hinaus, dass Leute aus dem Umfeld des oder der Porträtierten zu Wort kommen, Familienangehörige zum Beispiel oder auch Freund*innen und Kolleg*innen. Und sie alle sind so voll überschwänglichen Lobes, dass man den Eindruck hat, die Welt hätte ohne diejenigen eigentlich gar nicht existieren können.

Walter Kaufmann – Welch ein Leben! ist in der Hinsicht eine löbliche Ausnahme. Klar, auch hier gibt es das eine oder andere Interview, das vor allem deshalb drin zu sein scheint, um die Bedeutung des Protagonisten wertzuschätzen. Ansonsten hat der Film einen anderen Zugang zum Thema gefunden: Kaufmann erzählt die Geschichte einfach selbst. Neutralität und Objektivität sind in einem solchen Fall natürlich eher weniger zu erwarten. Selbstporträts fehlt fast zwangsläufig die kritische Distanz. Und doch macht genau das den Film so sehenswert. Denn wo viele sich einer reinen Oberflächenpolitur hingeben, da sind die Erzählungen hier von einer schönen Lebendigkeit und Persönlichkeit.

Erinnerungen an ein abwechslungsreiches Leben

Und zu erzählen hat Kaufmann jede Menge, von der Flucht während des Dritten Reiches nach England, seiner Zeit in Australien, Begegnungen mit Bürgerrechtsbewegungen in USA, die Erfahrungen in der DDR und auch nach der Wende. Er war als Seemann unterwegs, arbeitete als Reporter, verfasste Romane, selbst beim Film war er mal. Walter Kaufmann – Welch ein Leben! lässt uns an diesem wendungsreichen Leben teilhaben. Ein roter Faden entsteht dabei eher weniger. Vielmehr gleicht der Dokumentarfilm des Regieduos Karin Kaper und Dirk Szuszies einer Anekdotensammlung, bei der sich Erzählungen und Originalaufnahmen abwechseln. Der Stoff wird dabei streng chronologisch wiedergegeben, wir folgen dem Tausendsassa durch die Jahre, durch die Länder, durch die einzelnen Lebensabschnitte.

Interessant ist dabei, wie die individuelle Lebensgeschichte mit gesellschaftlichen und geschichtlichen Ereignissen verbunden werden. Walter Kaufmann – Welch ein Leben! beschränkt sich eben nicht auf die bloße Biografie, sondern lässt diese auch zu einem Spiegel der Außenwelt werden. Dass Kaufmann als Reporter unterwegs war, merkt man dem Film durchaus an. Mit einer scharfen Beobachtungsgabe und Neugierde ausgestattet, lässt er uns daran teilhaben, wie er abwechselnd den Blick auf sich und die Welt lenkt. Und das tat er bis ins hohe Alter: Im April 2021 ist er im Alter von 97 Jahren gestorben. Doch seine Geschichten eines sich wandelnden Deutschlands und eines Jahrhunderts, das viele Veränderungen mit sich brachte, sind geblieben. Er mag die Welt nicht verändert haben, hatte den Anspruch auch nicht. Aber er hat sie gesehen und für ein Publikum greifbar gemacht, damals wie heute.

Credits

OT: „Walter Kaufmann – Welch ein Leben!“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Karin Kaper, Dirk Szuszies
Musik: Benedikt Schiefer, Suzanna Meier, Daniel Weltlinger
Kamera: Tobias Rahm, Dirk Szuszies, Shalom Rufeisen, Michael Shubitz, Bassam Jarbawi, Yasmine Qaddumi, Justyna Feicht, Susumu Miyazu, Jochen Beckmann, Justine Kerrigan, Angus Kemp, Michael Andres, Frazer Bradshaw, Jennifer Kanter, Wilder Aidan Nicholson, Susanne Dzeik, Ferdinand Funke

Bilder

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„Walter Kaufmann – Welch ein Leben!“ rekonstruiert das Leben des deutschen Autors, tut dies aber auf eine eigene Weise. Anstatt sich an fremden Lobhudeleien zu ergötzen, fällt der Dokumentarfilm durch die zahlreichen Anekdoten des Porträtierten auf, die dieser zu erzählen hat. Der Film wird damit zu einer interessanten Mischung aus persönlicher Lebensgeschichte und Zeitdokument.
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4.2