Meetings mit internationalen Großinvestoren sowie Geschäfte mit der gesellschaftlichen Elite gehören zum Alltag des Bankmanagers Sung-kyu (Joo Woo-jin). Auch an diesem Morgen steht ein Treffen mit einem potenziellen Kunden an, der sehr viel Geld in die Bank investieren will. Am Steuer seines Wagens führt er bereits kurz nach dem Einsteigen erste Gespräche mit seinen Untergebenen, während er seiner Frau Yeon-su (Kim Ji-ho) sagt, er werde ihre beiden Kinder, Tochter Lee Hye-in (Lee Jae-in) und ihren Sohn Min-joon, zur Schule fahren. Kurz bevor er die beiden vor der Schule aussteigen lassen kann, erhält Sung-kyu jedoch einen seltsamen Anruf mit unterdrückter Nummer. Der unbekannte Anrufer gibt an, er habe eine Bombe unter dem Fahrersitz installiert. Da er die Bombe kontrolliert, soll er weder die Polizei verständigen noch seinen Kindern gestatten, das Auto zu verlassen, und stattdessen eine große Menge Geld auf ein Privatkonto überweisen. Unter Zeitdruck und großer Sorge um seine Familie, muss Sung-kyu nun per Telefon mit seinen Kollegen sowie anderen Kunden Kontakt aufnehmen, damit er das geforderte Lösegeld zahlen kann.
Hoher Blutdruck
Nach Christian Alvarts Steig. Nicht. Aus! ist Hard Hit, der im Rahmen des diesjährigen Fantasy Filmfests gezeigt wird, der mittlerweile zweite Film, der auf Dani de la Torres Thriller Anrufer unbekannt aufbaut. Regie führte der vor allem wegen seiner Arbeit als Editor für Filme wie Snowpiercer bekannte Kim Chang-ju, womit er zumindest aus kommerzieller Hinsicht einen beachtlichen Erfolg in seiner Heimat verbuchen kann, ist Hard Hit doch bislang der fünfterfolgreichste Film 2021 an den Kinokassen. Die größte kreative Herausforderung, so Chang-ju, war es das Drehbuch der Vorlage an eine Metropole wie Seoul anzupassen, die passenden Drehorte zu finden und vor allem mit den Schauspielern zu kommunizieren, was er in seiner vorherigen Tätigkeit als Editor nicht gemacht hatte.
In einer Pressekonferenz anlässlich der Premiere von Hard Hit in seiner Heimat war Schauspieler Jo Woo-jin voll des Lobes für die Arbeit des Regisseurs, musste aber auch anmerken, dass die Arbeit an der Rolle des Sung-kyu sowie die Drehbedingungen dazu geführt haben, dass ihm neulich sein Arzt „hohen Blutdruck“ attestierte. Ob diese Angabe nun stimmt oder eine clever positionierte Werbung für den Film war, sei dahingestellt, denn in einer Sache hat der Darsteller in jedem Fall recht: Hard Hit ist ein spannender Actionthriller, der nach einer kurzen Einführung der Figuren von der ersten bis zur letzten Minute lang Gas gibt. Kim Chang-ju, der es sich nicht nehmen ließ, auch bei seinem Regiedebüt den Schnitt zu übernehmen, beweist sein Gefühl für Timing und Spannungsaufbau, was Hard Hit (wie übrigens auch Alvarts Adaption des Stoffes) nicht nur einen unglaublichen dramatischen Sog verleiht, sondern ihn in die Reihe von Genrevertretern wie Jan de Bonts Speed oder Michael Manns Collateral stellt. Darüber hinaus ist es eine wahre Wohltat, eine südkoreanische Genreproduktion zu sehen, die sich nicht im Streben um Komplexität in einer viel zu langen Laufzeit verheddert und dabei beträchtlich an Spannung verliert.
Die Schutzräume der Reichen
Jedoch ist Hard Hit nicht nur in Sachen Spannung und Action überaus gelungen, auch die Themen der Vorlage übernimmt Kim Chang-ju, beispielsweise die Idee der Schutzräume der Reichen, für welche das Auto in der Geschichte sinnbildlich ist. Wie schon in der Vorlage gibt es eine besondere Beziehung zwischen Sung-kyu und Technik – dem Auto wie auch dem Handy, welches niemals ausgeschaltet ist – sowie den dazugehörigen Gadgets, welche er mit einer größeren Hingabe und Sorgfalt pflegt als seine Familie, die er teilweise noch nicht einmal eines Blickes würdigt. Die Zersetzung des Schutzraumes, die Anrufe des Bombenlegers, der immer mehr Kontrolle über das Leben des Bankmanagers ausübt, sowie der Wagen, welcher immer dreckiger und schrottreifer wird, spiegeln die Entwicklung des Protagonisten wider, der sich nun nicht mehr hinter irgendwelchen Schutzwällen verstecken kann. Das ist durchaus clever und hintersinnig gedacht, auch wenn man einwenden muss, dass dies schlicht von der Vorlage übernommen worden ist.
Wie bereits Luis Tosar im spanischen Original oder Wotan Wilke Möhring in der deutschen Fassung ist es auch in diesem Fall der Darsteller des Bankmanagers, der den Film nicht nur trägt, sondern auch die Fallhöhe der Figur spielen muss. Der aus Rampant und The Clone – Schlüssel zur Unsterblichkeit bekannte Jo Woo-jin spielt auf engstem Raume einen Menschen, der alles zu verlieren droht und in einer Extremsituation um das Leben seiner Familie wie auch sein eigenes kämpft. Neben Lee Jae-in, die in der Rolle als Tochter sehr viele gute Szenen hat, ist es immer wieder Jo Woo-jin, der vielen Momenten die nötige Dramatik und Menschlichkeit verleiht, was die Handlung angenehm erdet.
OT: „Balsinjehan“
Land: Südkorea
Jahr: 2021
Regie: Chang-ju Kim
Drehbuch: Chang-ju Kim
Musik: Tae-seong Kim
Kamera: Tae-soo Kim
Besetzung: Woo-jin Jo, Jae-in Lee, Chang-wook Ji, Kyung Jin
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