Was für die meisten Familien undenkbar ist, ist für die Mersaults zum Alltag geworden, denn sie haben sich ihr Zuhause wie auch ihren Lebensunterhalt mitten in der kanadischen Wildnis eingerichtet. Sowohl Joseph (Devon Sawa) wie auch seine Frau Anne (Camille Sullivan) sind Trapper und Fallensteller, und leben von dem, was die Wildnis ihnen gibt. Ihre Tochter Renee (Summer H. Lowell) kennt seit ihrer Kindheit nichts anderes als dieses Leben, was Anne immer unzufriedener macht, will sie doch, dass ihre Tochter wie alle anderen Teenager zur Schule geht, Freunde hat und auf Partys geht. Immer wieder sorgt dieses Thema zwischen den Eheleuten für Streitigkeiten, wobei nun noch ein weiteres hinzukommt, denn ein Wolf ist zurückgekehrt in sein altes Revier, wo er die Beuten in den Fallen raubt. Joseph begibt sich daraufhin zusammen mit Renee auf die Pirsch, um dem wilden Tier ein für alle Mal zu erlegen. Nach einiger Zeit kehrt zwar Renee von der Jagd zurück, sicher, den Wolf noch immer hinter sich zu haben, doch Joseph bleibt zunächst verschollen. Während sich Anne noch Sorgen macht, stolpert ihr Mann fast über eine grausige Szene im Wald, denn vor ihm liegt eine ganze Reihe teils schlimm zugerichteter und verstümmelter Leichen. In der Zwischenzeit ist vor der Hütte der Mersault ein schwer verwundeter Fremder (Nick Stahl) aufgetaucht, der vor irgendetwas im Wald zu fliehen scheint. Über 13 Jahre hat es gebraucht, bis endlich die Dreharbeiten zu Hunter Hunter begannen, einem Projekt, welches Drehbuchautor und Regisseur Shawn Linden nach seiner Rückkehr von einem europäischen Filmfest entwickelte. Dabei reizte ihn vor allem die Idee, wie er Interviews beschreibt, Elemente des Märchens mit denen des Horrorfilms zu vermischen, vor allem denen der Gebrüder Grimm, welche an sich schon viele gruselige und brutale Aspekte enthalten. Letztlich ist Hunter Hunter, der auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest zu sehen sein wird, vor allem aber eine Geschichte über das Überleben der Familie, über das Zuhause und was wir tun würden, um dies zu verteidigen. Wie schon andere Genrevertreter, die mal mehr, mal weniger offensichtlich mit Märchenelementen spielen, sind diese im Falle von Hunter Hunter vermischt mit dem Aspekt des Zuhauses und der Familie sowie der Idee der Jagd. In diesem Kontext ist die Figur des Jägers, welche Jospeh einnimmt, nicht nur, wie für ein Märchen üblich, maskulin besetzt, sondern auch jener Garant für Stärke, Schutz und das Überleben, auch wenn seine Rolle bereits früh auf die Probe gestellt wird. Die Bedrohung kommt von außen und aus der Natur, welche Linden zugleich als Lebensraum wie auch als lebensfeindlich inszeniert, als einen jener Schutzräume, doch eben gleichermaßen als Behausung für jene Monster oder eben jenen Wolf, der das Leben der Familie bedroht. Hierbei dürfen natürlich auch die blutigen und brutalen Momente nicht fehlen, welche noch einmal betonen, wie gnadenlos die Natur jene bestraft, die sich ihr allzu naiv oder gar unvorsichtig nähern. Lindens Film lässt sich viel Zeit in der ersten Hälfte, wenn es darum geht die Figuren, ihre Lebenswelt und ihren Lebensstil einzufangen. Besonders dieser letzte Aspekt wirkt bisweilen archaisch, sind die Mersaults doch, bis auf wenige, notwendige Ausnahmen, von der Außenwelt abgeschnitten, wobei später herauskommt, dass so gut wie niemand von ihrer Hütte mitten in der Wildnis weiß. In dem Zwiespalt zwischen der von Camille Sullivan gespielten Anne und dem von Devon Sawa gespielten Joseph zeigt sich der Kampf um eine Form des Lebens, eine sehr ursprüngliche auf der einen und eine eher vorwärts gewandte auf der anderen Seite. Das Haus hat dabei eine ganze eigene Symbolkraft, wie es Lindens Inszenierung und Kevon Cronins Kamera einfangen, denn es steht für eben jenes Leben, für die Isolation wie auch den Besitz, den man sich über die Jahre mühsam erkämpft und der Natur abgetrotzt hat. Dies aufzugeben wäre speziell für Joseph eine persönliche Niederlage. In diesem Zusammenhang ist besonders das Spiel der Charaktere zu erwähnen. Teils auf engstem Raum entspinnt sich eine gewisse Anspannung und Dynamik, was aus den bereits erwähnten Konflikten wie auch den Überzeugungen der Figuren entsteht. Die Knappheit der Ressourcen steht parallel zur Knappheit des Raumes, in dem sich die Figuren bewegen, was sich in den Bildern wie auch dem Schauspiel widerspiegelt, wobei insbesondere Camille Sullivan und Summer H. Lowell zu nennen sind, wenn es darum geht eben jene Gefühle und Situation zu spielen und auszudrücken. Besonders der Wandel zu Jägern, eine Rolle, die vormals nur Joseph zugeschrieben war, ist interessant zu sehen und bleibt nicht ohne besonders blutige Momente, welche eine Art Bluttaufe darstellen. OT: „Hunter Hunter“ Sitges 2021 Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.Ein Horrormärchen
Unser Leben, unser Zuhause
Land: Kanada, USA
Jahr: 2020
Regie: Shawn Linden
Drehbuch: Shawn Linden
Musik: Kevon Cronin
Kamera: Greg Nicod
Besetzung: Devon Sawa, Camille Sullivan, Summer H. Howell, Nick Stahl
Fantasy Filmfest 2021
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