Julie (Amber Midthunder) ist zu spät zu ihrer Schicht im Diner, wie so oft in ihrem Leben, weshalb sie ein klein wenig zu schnell mit dem Auto unterwegs ist. Immerhin: Das erlaubt ihr, ein wenig mit dem neuen Polizisten David (Brett Zimmerman) zu flirten. Sie ist dabei auch erfolgreich, er drückt noch einmal beide Augen zu und verzichtet auf eine Strafe. Mehr noch, er kommt später sogar persönlich im Diner vorbei, offiziell um den von ihr so gerühmten Kuchen zu probieren. Dabei wird schnell klar, dass er vielmehr an Julie interessiert ist. Die lässt sich nur zu gern darauf ein, fühlt sich geschmeichelt, dass der gutaussehende David sich so um sie bemüht – bis sie merkt, dass er besitzergreifend und geradezu besessen ist. Doch zu dem Zeitpunkt ist es bereits so spät …
Sprunghafter Blick in den Abgrund
Dass die Geschichte um Juli und David nicht gut ausgehen wird, daran lässt Only Mine keinen Zweifel. Wenn ein Film damit beginnt, dass jemand gejagt und niedergeschossen wird, dann ist das zumindest kein sonderlich optimistisch stimmendes Vorzeichen. Wie so viele andere Thriller auch setzt auch dieser darauf, das Publikum von Anfang an maximal zu packen, indem die Chronologie aufgehoben wird und es gleich mit einer besonders brisanten Szene losgeht. Der Rest des Films besteht dann größtenteils darin, den Weg bis eben zu dieser Szene zu beschreiben. Wer sind die beiden Leute, die da durch den Wald rennen? Und warum macht er auf sie Jagd? Auf diese Weise soll Neugierde erzeugt werden, damit auch ja niemand vorzeitig abschaltet.
Prinzipiell funktioniert sowas eigentlich immer ganz gut. Im Fall von Only Mine tat man sich aber keinen Gefallen damit. Üblicherweise wird ein solcher Zeitsprung angewendet, um eine Art Rätsel zu stellen, Fragen aufzuwerfen. Man bleibt als Zuschauer bzw. Zuschauerin dran, um zu erfahren, was da genau vorgefallen ist. Stattdessen wird hier aber schon nach wenigen Minuten verraten, dass David ein besitzergreifender Psychopath ist, der zu allem bereit ist. Bei solchen Geschichten besteht der Reiz nicht in der Frage, warum etwas geschieht, sondern wie sehr das alles eskalieren wird. Wozu der Psychopath im Stande ist. Wenn diese Frage aber gleich zu Beginn beantwortet wird, noch bevor man sie gestellt hat, warum sollte man sich dann den Film noch anschauen?
Blödsinn als Wahrheit verkauft
Kurios ist in der Hinsicht auch, dass Regisseur Michael Civille seine Geschichte wie eine Art True Crime Doku inszeniert, wie man sie auf Netflix andauernd sieht – zuletzt etwa Der Regenmantel-Killer: Mörderjagd in Korea. Genauer baut er zwischendurch immer wieder Pseudo-Interviews mit den Figuren ein, die im Nachhinein die Geschichte beurteilen, während diese zeitgleich erzählt wird. Vermutlich sollte auf diese Weise das Gefühl von Authentizität erhöht werden. Hinzu kommt am Ende der obligatorische Hinweis auf einen wahren Vorfall, der Only Mine zugrunde liegt und stellvertretend für die vielen Fälle steht, in denen Männer Frauen misshandeln. Julie, so wird damit deutlich gemacht, ist kein Einzelfall. Ihr Schicksal soll auf ein noch immer weit verbreitetes Problem aufmerksam machen.
Das ist natürlich wichtig und richtig. Umso schlimmer ist aber, was für ein unerträglich reißerischer und absurd überzogener Film Only Mine geworden ist. Hier gibt es keinerlei Charakterzeichnung , weder beim Opfer noch dem Täter. Die Figuren drumherum sind noch schlimmer, die erfüllen allenfalls eine Funktion. Es mangelt dem Film auch an allen Ecken und Enden an Glaubwürdigkeit. Die Leute verhalten sich auf eine völlig idiotische Weise. David taucht auch an allen möglichen Stellen auf, so als hätte er als Polizist nichts zu tun. Bizarr ist auch, wie der Ort als Kleinstadt beschrieben wird, in dem jeder jeden kennt und David immer von Chief Dodd (Chris Browning) geschützt worden sein soll. Gleichzeitig kennt ihn aber abgesehen vom Polizeichef niemand. Das passt alles hinten und vorne nicht zusammen. Wenn überhaupt, dann ist das hier der unfreiwilligen Komik wegen anschaubar. Angesichts des wichtigen Themas ist das aber beschämend.
OT: „Only Mine“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: Michael Civille
Drehbuch: Matt Young
Musik: Todd Haberman
Kamera: Michael Marius Pessah
Besetzung: Amber Midthunder, Brett Zimmerman, Chris Browning, Walter Fauntleroy
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)