Operation Hyakinthos Netflix
© Netflix/Bartosz Mrozowski

Operation Hyakinthos

Inhalt / Kritik

Operation Hyakinthos Netflix
„Operation Hyakinthos“ // Deutschland-Start: 13. Oktober 2021 (Netflix)

Es läuft ganz gut im Leben des Mittzwanzigers Robert (Tomasz Ziętek). So ist er glücklich mit Halinka (Adrianna Chlebicka) liiert, die Hochzeit ist bereits beschlossene Sache. Und auch beruflich kann der junge Polizist nun durchstarten, nicht zuletzt wegen des Einflusses seines Vaters Edward (Marek Kalita), der ein hohes Tier bei der Staatssicherheit Polens ist. Sein erster großer Fall hat es auch gleich in sich: Ein Serienmörder treibt sein Unwesen, der es auf homosexuelle Männer abgesehen hat. Gemeinsam mit seinem Kollegen Wojtek (Tomasz Schuchardt) soll er den Fall möglichst schnell zu einem Abschluss bringen. Die Spurensuche führt ihn dabei zu Arek (Hubert Miłkowski), der selbst schwul ist und für ihn zu einem wichtigen Informanten wird …

Historische Verfolgung Homosexueller

Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung von Operation Hyakinthos ist sicherlich gut gewählt. Schließlich fällt der Netflix-Thriller rund um die systematische Verfolgung von Homosexuellen in Polen mit aktuellen fragwürdigen Entwicklung bei unserem östlichen Nachbarn zusammen. So soll nach dem Willen der rechtskonservativen und offen homophoben Regierung in der Schule Sexualität zu einem Tabuthema werden. Einige Gemeinden warben für sich mit dem Hinweis, sie seien eine LGBT-freie Zone. Der Umgang mit Minderheiten ist dann auch einer der derzeitigen Konfliktpunkte zwischen Polen und der EU. Da ist es irgendwie passend, ein bisschen an früher zu erinnern und was es damals bedeutete, in dem Land schwul zu sein.

Die konkrete Geschichte des Films ist dabei schon erfunden. Die titelgebende Operation Hyakinthos gab es aber tatsächlich. In ihrem Rahmen wurden ab 1985 homosexuelle Männer vom polnischen Sicherheitsdienst überwacht und drangsaliert. Die Hyazinthen-Blumen waren damals als abwertende Bezeichnung für Schwule gebräuchlich. Wobei der Film nur zum Teil die konkrete Verfolgung und die Machenschaften thematisiert. Vielmehr wird hier ganz allgemein eine sehr düstere, bedrückende Atmosphäre erzeugt. Auch wenn Homosexualität in Polen durchaus legal war, fand sie doch nur sehr versteckt statt. Nicht wenige waren gezwungen, diese Neigungen zu unterdrücken oder geheim auszuleben, in Verbindung mit der einen oder anderen Scheinehe als Fassade.

Zwischen Erstickung und Befreiung

Diese allgemeine Situation wird bei Operation Hyakinthos mit einem Thriller verbunden: Es ist letztendlich der Serienmörder, der in diesem Umfeld sein Unwesen treibt, der Robert dazu zwingt, in die LGBT-Unterwelt abzusteigen. Vergleiche mit Cruising drängen sich dabei natürlich auf. Ganz passend ist das aber nicht. Während der US-amerikanische Film schon auch noch mit dem Reiz des Schillernden arbeitete und dem lustvollen Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, da überwiegt hier das Erstickende, Regisseur Piotr Domalewski (Sexify) inszeniert die Mördersuche als bräunlich-blassen Mief. Dann und wann gibt es hierbei zwar schon Ausbrüche, gerade solche leidenschaftlicher Art. Insgesamt überwiegt jedoch eine geradezu klaustrophobische Stimmung, auch dank der vielen düsteren Orte. Selbst die Wohnungen erinnern an Verliese.

Das ist der ebenfalls aus Polen stammenden Netflix-Serie Im Sumpf nicht unähnlich. Der Fall hier ist aber weniger komplex, befasst sich stärker mit den Figuren als mit der Frage, wer denn nun eigentlich der Mörder ist. Dabei fällt klar vor allem Tomasz Ziętek (Corpus Christi) auf, dessen Robert in einem rigiden System eine eigene Wahrheit sucht – sowohl im kriminologischen wie persönlichen Sinn. Je tiefer er in die Geschichte hineinsteigt, umso mehr muss er das hinterfragen, was für ihn immer gegeben war. Auf gewisse Weise ist Operation Hyakinthos daher eben nicht nur Zeitporträt und Thriller, sondern auch ein Charakterdrama über einen jungen Mann, der sich selbst entdeckt. Das ist dann vielleicht für ein Publikum weniger interessant, das einfach nur Mörder jagen will. Aber die Mischung ist in sich stimmig und spannend.

Credits

OT: „Operation Hyakinthos“
Land: Polen
Jahr: 2021
Regie: Piotr Domalewski
Drehbuch: Marcin Ciastoń
Musik: Wojtek Urbański
Kamera: Piotr Sobociński jr.
Besetzung: Tomasz Ziętek, Hubert Miłkowski, Marek Kalita, Adrianna Chlebicka, Tomasz Schuchardt, Sebastian Stankiewicz

Bilder

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„Operation Hyakinthos“ nimmt uns mit ins homophobe Polen der 1980er, in denen ein Mörder sein Unwesen treibt. Der Film gefällt dabei durch seine bedrückende Atmosphäre und bietet eine interessante Mischung aus Zeitporträt, Thriller und Charakterdrama, auch wenn für die Zielgruppe die Genreelemente manchmal zu sehr in den Hintergrund rücken dürften.
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