
Eigentlich war man davon ausgegangen, den Frauenmörder Kai Korthals (Lars Eidinger) endlich aus dem Verkehr gezogen zu haben. Doch dann kommt es in der forensischen Klinik von Kiel zu einem Aufstand, den Korthals zur Flucht nutzt und dabei die eine oder andere Leiche auf dem Weg zurücklässt. Nun liegt es an Kommissar Borowkski (Axel Milberg) und seiner Kollegin Sahin (Almila Bagriacik), den flüchtigen Verbrecher zu schnappen. Anhaltspunkte liefern den beiden dabei die zahlreiche Fanpost, die der Killer erhalten hat, während er noch hinter Gittern saß, denn nicht wenige Frauen fühlen sich zu ihm hingezogen. Eine davon ist die blinde Telefonseelsorgerin Teresa (Sabine Timoteo), die fest davon überzeugt ist, dass hinter der brutalen Fassade mehr steckt …
Rückkehr eines Serienmörders
Normalerweise sieht es das Prinzip des Krimis vor, dass am Ende eines Falls der oder die Schuldige geschnappt wird und damit für die begangenen Verbrechen bestraft. Dennoch finden sich immer wieder Beispiele, wie Leute, die man eigentlich längst abgeschrieben haben, wieder auf der Matte stehen und für neuen Ärger suchen. So schickte man beim Tatort mehrfach den Mörder Markus Graf ins Rennen, das letzte Mal in Monster. Und auch Korthals ist ein alter Bekannter. Das erste Mal tauchte er in Borowski und der stille Gast (2012) auf, 2015 gab es ein Wiedersehen in Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes. Noch einmal sechs Jahre später darf er sich nun in Tatort: Borowski und der gute Mensch zum dritten Mal durch die Gegend morden.
Wer erst später eingestiegen ist und die Vorgänger nicht kennt, braucht sich aber nicht zu sorgen. Vorkenntnisse sind hier nicht nötig. Anders als beim Kollegen Graf sind die jeweiligen Geschichten nicht so wirklich mit dem Ermittler verbunden. Zwar wird auch in Tatort: Borowski und der gute Mensch davon gesprochen, wie eng diese Verbindung ist, Borowski wird zwischendurch sogar mal als Freund bezeichnet. Das Hauptaugenmerk liegt dann aber doch bei den Frauen, denen Korthals über den Weg läuft. Vergleichbar zu Der Reiz des Bösen, dem vorangegangenen Teil der Reihe, lernen wir hier Frauen kennen, die sich in inhaftierte Schwerverbrecher verlieben. Sonderlich in die Tiefe geht das Thema dabei aber nicht. Man belässt es bei der Kuriosität.
Zwischen Zärtlichkeit und Wahnsinn
Etwas nuancierter ist der 1173. Teil der ARD-Krimireihe bei der Figur Teresa. Eine Blinde, die als einzige das Wesen des Mörders erkennt oder zumindest erkennen will, das hat dann doch noch etwas mehr Charakter. Das wird zwischendurch auf eine irgendwie rührende Weise sinnlich, was auch wegen des Zusammenspiels von Eidinger und Timoteo gut funktioniert. Eine Mischung aus Zärtlichkeit und Wahnsinn, bei der beide Seiten auf der Suche nach Halt sind. Auch an anderer Stelle profitiert Tatort: Borowski und der gute Mensch von der Besetzung. Unterhaltsam sind beispielsweise die Szenen mit Victoria Trauttmansdorf, die hier die neu eingeführte Figur einer Putzfrau verkörpert.
Nur: Spannend ist der Film kaum. Der eigentlich auf Dramen spezialisierte Regisseur Ilker Çatak (Räuberhände, Es gilt das gesprochene Wort) tut sich bei seinem Genreeinstieg schwer damit, die entsprechenden Szenen zu inszenieren. Schon der Aufstand in der Klinik überzeugt nicht so recht. Auch andere Stellen entwickeln nicht die Kraft, die sie haben sollten. Wo die Jagd auf Serienmörder normalerweise mit einem Gefühl von Dringlichkeit einhergeht, da werden bei Tatort: Borowski und der gute Mensch vielmehr die Spleens zelebriert. Unterhaltsam ist das zuweilen schon, die Morde sind zum Teil auch recht originell ausgeführt. Aber es wirkt nie real genug, als dass man dabei irgendwie groß mitzittern müsste. Der Film kombiniert komische und dramatische Szenen im Rahmen eines Thrillers, der am Ende irgendwie Stückwerk ohne wirkliche Geschichte bleibt.
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