The Feast
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The Feast

Inhalt / Kritik

The Feast
„The Feast“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Wenn Glenda (Nia Roberts) und Gwyn (Julian Lewis Jones) zu einem Essen einladen, dann wird an nichts gespart. Alles muss perfekt sein, schließlich erhofft man sich von den Gästen ein lukratives Geschäft im Hinblick auf die Schürfrechte vor Ort. Doch irgendwie scheint das dieses Mal alles nicht so zu klappen wie gedacht. Erst fällt die übliche Aushilfe aus, die dem vermögenden Paar bei solchen Ereignissen unterstützt. Zwar finden sie mit Cady (Annes Elwy), die in einer nahegelegenen Kneipe arbeitet, schnell Ersatz. Aber die ist zu nichts zu gebrauchen. Und auch mit den beiden Söhnen – dem drogenabhängigen Guto (Steffan Cennydd) und dem begeisterten Triathlon-Sportler Gweirydd (Sion Alun Davies) – gibt es nur Ärger. Doch das Schlimmste steht der Familie erst noch bevor …

Der Horror des gemeinsamen Essens

Auch wenn es immer wieder heißt, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages, filmisch gesehen ist das Abendessen deutlich spannender. Immer wieder dürfen wir dabei zusehen, wie Menschen zusammenkommen und das festliche Ambiente Abgründen Platz macht. Ob nun in The Invitation der wahre Grund für die Einladung ans Tageslicht kommt, in Silent Night ein kollektiver Selbstmord vorbereitet wird oder in The Party ein feierliches Zusammensein eskaliert, es gibt viele Beispiele dafür, dass man sich abends besser nicht mit anderen zum Essen treffen sollte. Und auch bei The Feast würden sich die meisten im Nachhinein wünschen, dass dieses Dinner besser nicht stattgefunden hätte.

Dabei fällt das eigentliche Essen überraschend kurz aus. Lediglich einige Minuten widmet der ansonsten im Serienbereich tätige Regisseur Lee Haven Jones bei seinem Spielfilmdebüt dem im Titel angekündigt Mahl. Stattdessen lässt er sich lange Zeit, um die Familiensituation aufzuzeigen. Die ist alles andere als glücklich, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass sie alle auf ihre Weise mit sich selbst beschäftigt sind. Ob Sport oder Drogen, die Jagd oder die Sauna: Alle vier leben in ihrer eigenen Welt. The Feast handelt von einer dysfunktionalen Familie, in der sich schon lange niemand mehr etwas zu sagen hat. Und wenn doch, läuft es meistens auf irgendwelche Beschimpfungen hinaus. Schließlich mangelt es nicht gerade an Gründen für Vorwürfe.

Entfremdung von der Natur

Doch sie haben sich nicht nur voneinander entfremdet, sondern auch von ihrer Heimat. Nicht nur, dass die Farm, die sich früher hier befand, abgerissen und durch ein grotesk unpassendes Luxusanwesen ersetzt wurde, das ein völliger Fremdkörper ist. Ihnen fehlt auch der Bezug zur Natur. So setzen sie sich aus Gier dafür ein, dass in der gesamten Gegend Rohstoffe abgebaut werden. Was mit der Landschaft passiert, ist ihnen egal. Das Schicksal der dort lebenden Tiere ebenfalls. Und als einer der Gäste eine lokale Legende anspricht, hat Glenda nur Verachtung übrig. Dasselbe gilt für das Erbe ihrer Mutter, mit dem sie nichts anfangen kann: The Feast beschreibt, wie sich der Mensch aus reiner Profitsucht von allem abwendet, was ihn hervorgebracht hat.

Dass so etwas nicht gutgehen kann, ist klar. Vergleichbar zu Unearth will auch dieser folkloristische Öko-Horror davor warnen, dass wir uns unser eigenes Grab schaufeln, wenn wir derart unbedacht alles niederreißen. Sonderlich subtil ist der Film, der auf der Online-Ausgabe des South by Southwest 2021 Premiere feierte, dabei nicht. Er gibt sich auch bei den Figuren nicht so wahnsinnig viel Mühe. Gerade die Eltern sind letztendlich nicht wirklich mehr als Stereotypen: das typische Feindbild des selbstsüchtigen Snobs, dem Reichtum und Ansehen wichtiger ist als alles andere. Die Söhne sind etwas interessanter, zumindest Gweirydd ist mit seiner narzisstischen Art unheimlich. Über Cady erfährt man sowieso nichts, da sie die meiste Zeit nur schweigend beobachtet, wenn sie sich nicht gerade bei irgendeiner Arbeit dämlich anstellt.

Erst unterkühlt, später explizit

Das kann man dann nichtssagend finden. Oder auch langweilig: Der Film ist derart ruhig und gemächlich, dass ungeduldigere Naturen bei der kontinuierlichen Ereignislosigkeit das Handtuch werfen. Atmosphärisch ist The Feast dafür sehr stark. Der unheimliche Score, in Kombination mit den oft klinisch-unterkühlten Bildern sorgen schon früh für eine unheilvolle Stimmung. Vergleichbar zu The Innocents geht es darum, eine zunächst nicht ganz greifbare Gefahr heraufzubeschwören. Das Gefühl zu wecken, dass da etwas Böses am Arbeiten ist. Doch während beim skandinavischen Kollegen die Einteilung in Gut und Böse nach anfänglichen Ambivalenzen irgendwann dann doch eindeutig ist, verweigert sich die walisische Fassung einer einfachen Antwort. Wenn der Film zum Schluss dann doch einen Gang höher schaltet und teilweise überraschend explizit wird, weiß man als Zuschauer und Zuschauerin nicht so genau, wer hier eigentlich das Monster ist.

Credits

OT: „The Feast“
Land: UK
Jahr: 2021
Regie: Lee Haven Jones
Drehbuch: Roger Williams
Musik: Samuel Sim
Kamera: Bjørn Ståle Bratberg
Besetzung: Annes Elwy, Nia Roberts, Julian Lewis Jones, Steffan Cennydd, Sion Alun Davies

Trailer

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„The Feast“ erzählt die Geschichte eines festlichen Dinners, das ganz anders ausgeht als geplant. Der Film ist dabei über lange Zeit ruhig und zurückhalten, konzentriert sich stärker auf die unheilvolle Atmosphäre und die dysfunktionale Familie. Erst später wird das folkloristische Horrorwerk rund um Entfremdung und Ausbeutung zu einem blutigen Fest.
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