Das Leben von Eddie Brock (Tom Hardy) ist mal wieder ein einziges Chaos. Zwar hat sich der Journalist schon damit arrangiert, dass in ihm ein Parasit haust und der immer mal wieder die Kontrolle übernimmt. Allerdings hat der eine große Vorliebe für Gewalt und das Verspeisen menschlicher Gehirne, was Brock ganz gerne verhindern würde. Und dann wäre da auch noch seine große Liebe Anne Weying (Michelle Williams), die ihm eröffnet, dass sie inzwischen mit jemand anderem verlobt ist, was sowohl Eddie wie auch Venom schwer zusetzt. Für Trauer ist aber keine Zeit. Schließlich ist da noch der Serienkiller Cletus Kasady (Woody Harrelson), der nach einer Begegnung mit Venom auf einmal selbst über parasitäre Superkräfte verfügt und diese nutzen will, um Shriek (Naomie Harris) wiederzufinden …
Lasst die Feinde los!
Die Idee klang damals schon ein bisschen absurd, wenn nicht gar verzweifelt. Wer braucht denn in einer Zeit, in der ohnehin inflationär irgendwelche Superheldenfilme rausgehauen werden, tatsächlich noch welche rund um Spider-Mans Feinde? Wohlgemerkt: ohne dass das Zugpferd Spider-Man selbst auftritt. Doch zumindest bei Venom ging der Plan auf. Die für vergleichsweise günstige 100 Millionen US-Dollar produzierte Comic-Adaption spielte weltweit über 850 Millionen wieder ein. Das übertraf so manchen „echten“ Marvel-Film. Gerade auch in China wurde die Geschichte um einen Journalisten, der sich mit einem außerirdischen Parasiten verbindet und auf diese Weise Superkräfte erhält, ein absoluter Überraschungserfolg, den so keiner auf dem Schirm hatte.
Das ist bei Venom: Let There Be Carnage naturgemäß anders. Doch erneut gab es im Vorfeld große Zweifel. Nicht wenige vermuteten, dass der Erstling auch deshalb so einschlug, weil er eben anders war als die zum Teil schon recht stromlinienförmigen Marvel-Filme. Der entfesselt auftretende Tom Hardy schien irgendwie immer im falschen Film zu sein, wenn sein grandios groteskes Overacting so gar nicht zu dem ansonsten betont düsteren Werk passten. Szenen wie die mit dem Hummer wurden zum Kult, blieben im Gegensatz zu einem Großteil der üblichen Comic-Filme in Erinnerung. So etwas zieht oft aber nur einmal. Was beim ersten Mal noch überrascht, wird bei einem zweiten Anlauf zur Gewöhnung. Ein Phänomen, das geplant wird, das ist keines mehr.
Zwei, die nicht zusammenpassen
Dessen war man sich wohl auch bewusst, weshalb bei Venom: Let There Be Carnage der Fokus eindeutig auf der Komik liegt. War diese bei Venom noch ein gelegentliches Element, das immer mal wieder irgendwo aus dem Nichts auftauchte, da wird hier von Anfang an auf diesen gesetzt. Das bedeutet erneut, dass sich zwei Charaktere zusammenraufen müssen, die eigentlich gar nicht kompatibel sind – und sei es nur wegen der Vorliebe für Gehirnspeisen. Und was nicht kompatibel ist, das streitet. Das streitet viel, oft und laut. Als „odd couple“ bezeichnete Regisseur Andy Serkis das Verhältnis zwischen den beiden Co-Protagonisten, in Anlehnung an den Komödienklassiker Ein seltsames Paar. War es damals jedoch „nur“ eine Wohnung, die geteilt wurde, kommen sich die Streithähne notgedrungen im selben Körper noch einmal deutlich näher.
Anders als beim Vorgänger wird bei Venom: Let There Be Carnage aber auch der Gegenspieler in die Komik einbezogen. Der von Woody Harrelson (Natural Born Killers) gespielte Serienmörder ist gleichzeitig tödlich und lächerlich. Eine Witzfigur, um die man einen großen Bogen machen sollte. Unterhaltsam sind zudem die Auftritte von Naomie Harris als Superschurkin Shriek, welche über die Fähigkeit verfügt, Schallwellen als Waffe einzusetzen. So richtig praktisch ist das zwar nicht. Aber es passt doch zu den insgesamt eher bizarren monströsen Eigenschaften der Figuren, die ihre Comic-Wurzeln stolz hochtragen. Diesmal wissen zumindest alles, dass das hier Blödsinn ist.
Stimmiger und kurzweiliger
Dadurch ist der Nachfolger in sich stimmiger, als es der Auftakt seinerzeit war. Für manche ist das eine Enttäuschung, da Venom: Let There Be Carnage auf diese Weise schon ein Stück gewöhnlicher ist. Es gibt eben keine dieser sonderbaren Ausbrüche, die noch den ersten Teil bestimmten. Gleichzeitig bleiben einem die langweiligeren Passagen erspart, welche es in Venom durchaus gab. Gerade das Finale, wenn der parasitäre Antiheld gegen sein noch böseres Ebenbild antritt, macht mehr her – und sei es nur, weil man diesmal wenigstens sehen kann, was da geschieht. Ein Pflichtbesuch im Kino ist der zweite Streich deshalb nicht. Aber er ist doch kurzweilig genug, auch weil man sich hier im Gegensatz zu den anderen Marvel-Filmen kurz fasst: Rund anderthalb Stunden dauert das überdrehte Spektakel.
OT: „Venom: Let There Be Carnage“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Andy Serkis
Drehbuch: Kelly Marcel
Musik: Marco Beltrami
Kamera: Robert Richardson
Besetzung: Tom Hardy, Michelle Williams, Naomie Harris, Reid Scott, Stephen Graham, Woody Harrelson
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