Im Jahr 1665 erhält die 17-jährige Griet (Scarlett Johansson) eine Stelle als Magd beim berühmten niederländischen Maler Jan Vermeer (Colin Firth). Eigentlich soll sie dort nur für Ordnung sorgen und ansonsten nicht weiter stören. Doch der Künstler findet Gefallen an der jungen Frau und weiht sie nach und nach in das Handwerk der Malerei ein. Für dessen Märzen Pieter van Ruijven (Tom Wilkinson), dem die Schönheit der Jugendlichen nicht verborgen geblieben ist, ist das aber nicht genug. Er drängt Vermeer dazu, ein Porträt von ihr zu malen. Der lässt sich auf diesen Vorschlag ein, sorgt damit aber zu Hause bei seiner eigenen Familie für jede Menge Ärger, denen die Nähe zu dem Mädchen ein Dorn im Auge ist …
Das Rätsel eines großen Kunstwerkes
Es gehört ein wenig zu den großen Kunstwerken dieser Welt dazu, dass sie nicht nur Ausdruck einer bemerkenswerten Kreativität sind, sondern selbst auch die Fantasie der Menschen beflügeln. Was ist die Geschichte hinter dem Kunstwerk? Wie kam man auf die Idee dafür? Was sollte damit ausgesagt werden? Das gilt insbesondere für solche Werke, über die man praktisch nichts weiß und um die sich dementsprechend zahlreiche Gerüchte ranken. Die Mona Lisa mit den zahlreichen konkurrierenden Entstehungstheorien, wer die Frau auf dem Bild sein könnte, ist ein Paradebeispiel hierfür. Aber auch Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge, das berühmteste Bild des niederländischen Künstlers Vermeer, hat die unterschiedlichsten Identifikationsversuche hervorgebracht.
Eine davon ist die von Tracy Chevalier. Die erzählte in ihrem 1999 veröffentlichen Roman Das Mädchen mit dem Perlenohrring die völlig fiktive Geschichte einer jungen Frau, die eigentlich nicht mehr als eine Magd sein sollte, am Ende aber Model und Inspiration des Gemäldes wurde. Das hört sich nach einem eher schlüpfrigen Werk an, zumal der Künstler verheiratet war. Ist sein berühmtes Bild letztendlich nicht mehr als das Ergebnis einer Affäre? Doch die US-amerikanische Autorin hatte mit ihrem berühmtesten Buch gar nicht vor, einen freizügigen, skandalumwitterten Groschenroman zu scheiben. Stattdessen beschrieb sie in dem preisgekrönten Bestseller sehr zurückhaltend von einer ganz besonderen, nicht so klar zu umfassenden Beziehung.
Ein Film wie ein Gemälde
Das ist in der 2003 gestarteten Verfilmung genauso. Auch wenn man hier eigentlich die ganze Zeit darauf wartet, dass aus den beiden mehr wird und sie sich in die Arme fallen, mindestens, daraus wird nichts. Das Mädchen mit dem Perlenohrring formuliert nie ganz aus, was da genau ist zwischen diesen beiden Menschen, die aus völlig unterschiedlichen Welten kommen. Der Film sagt auch nicht, was es genau ist, das Vermeer in der jungen Frau sieht. Während dessen Märzen nur ein lüsterner alter Kerl ist, dem beim Anblick dieses Frischfleisches das Wasser im Munde zusammenläuft, da hat der Künstler einen ganz eigenen Zugang, der von Faszination bis zu Väterlichkeit praktisch alles umfassen kann. Eine konkrete Antwort gibt es hier nicht, war auch nicht von Interesse.
Ohnehin kann man sich bei Das Mädchen mit dem Perlenohrring darüber streiten, ob der Film nun wirklich von den beiden Figuren handelt, dem Künstler und seinem Modell. An vielen Stellen hat man vielmehr den Eindruck, dass es mehr darum ging, selbst ein Gemälde dieser Zeit anzufertigen. Viele Szenen laufen ohne oder nur mit wenigen Dialogen ab. Dafür gibt es umso mehr zu sehen. Nicht ohne Grund war das Drama bei der Oscar-Verleihung für die visuelle Umsetzung gleich dreifach im Rennen: beste Kamera, bestes Szenenbild, beste Kostüme. Das Ergebnis ist ein edel ausgestatteter Film, atmosphärisch dicht und genau beobachtend, dazu natürlich noch exquisit besetzt. Allerdings sollte man nicht wirklich viel Handlung oder tiefschürfende Erkenntnisse erwarten. Sich den Film anzuschauen hat mehr von dem Besuch einer Galerie, bei der die begleitenden Informationen fehlen. Man kann sich hier schon gut damit beschäftigen, einfach alles anzuschauen und auf die vielen Details zu achten, nimmt am Ende aber nur das für sich mit, was man bereit ist selbst hineinzustecken.
OT: „Girl with a Pearl Earring“
Land: UK, USA, Luxemburg
Jahr: 2003
Regie: Peter Webber
Drehbuch: Olivia Hetreed
Vorlage: Tracy Chevalier
Musik: Alexandre Desplat
Kamera: Eduardo Serra
Besetzung: Colin Firth, Scarlett Johansson, Tom Wilkinson, Judy Parfitt, Cillian Murphy, Essie Davis
Filmpreis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 2004 | Beste Kamera | Eduardo Serra | Nominierung |
Bestes Szenenbild | Ben van Os, Cecile Heideman | Nominierung | ||
Beste Kostüme | Dien van Straalen | Nominierung | ||
BAFTA | 2004 | Bester britischer Film | Nominierung | |
Beste Hauptdarstellerin | Scarlett Johansson | Nominierung | ||
Beste Nebendarstellerin | Judy Parfitt | Nominierung | ||
Bestes adaptiertes Drehbuch | Olivia Hetreed | Nominierung | ||
Beste Musik | Alexandre Desplat | Nominierung | ||
Beste Kamera | Eduardo Serra | Nominierung | ||
Bestes Szenenbild | Ben van Os | Nominierung | ||
Beste Kostüme | Dien van Straalen | Nominierung | ||
Bestes Make-up | Jenny Shircore | Nominierung | ||
Bester Newcomer | Peter Webber | Nominierung | ||
Europäischer Filmpreis | 2004 | Bester Darsteller | Colin Firth | Nominierung |
Beste Musik | Alexandre Desplat | Nominierung | ||
Beste Kamera | Eduardo Serra | Sieg | ||
Golden Globes | 2004 | Beste Hauptdarstellerin (Drama) | Scarlett Johansson | Nominierung |
Beste Musik | Alexandre Desplat | Nominierung |
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