Gerade als er zur Oper gehen will, erhält Polizeiinspektor Lohmann (Otto Wernicke) einen wichtigen Anruf des ehemaligen Polizisten Hofmeister (Karl Meixner). Aus den hektischen Wortfetzen seines einstigen Untergebenen kann Lohmann kaum etwas verstehen, außer, dass Hofmeister knapp einem Anschlag entkommen konnte sowie einer Verbrechensorganisation auf der Schliche war. Bevor er mehr verraten kann, wird die Verbindung getrennt. Erst Tage später findet man den einstigen Polizisten, doch er scheint verrückt geworden zu sein und wird schließlich in die Nervenheilanstalt von Professor Braun (Oscar Beregi Sr.) gebracht, wo Lohmann unermüdlich versucht, mehr aus dem jungen Mann herauszubekommen.
Parallel will eines der Mitglieder der Verbrecherorganisation, welche Hofmeister enttarnen wollte, diese verlassen. Wegen seiner Liebe zu einer jungen Frau sieht sich der ehemalige Ingenieur Thomas Kent (Gustav Diessl) in einem Zwiespalt, denn zu einem Leben ohne Sorgen und bei seinen Vorstrafen ist er auf das Geld, welches er mit dem nächsten Clou machen könnte, angewiesen. Zudem ist sein Chef nicht dafür bekannt, Verräter ungestraft davon kommen zu lassen. Zur gleichen Zeit stößt Lohmann auf eine verheißungsvolle Spur, welche ihn zu einem alten Fall, den Machenschaften des berüchtigten Doktor Mabuse (Rudolf Klein-Rogge), führt, der ebenfalls unter der Beobachtung Doktor Brauns steht.
Eine letzte Chance zu entkommen
Nach eigenen Angaben hatte Regisseur Fritz Lang nach dem großen kommerziellen Erfolg seines Filmes Mabuse, der Spieler (1922) mit dem Charakter, im Film gespielt von Darsteller Rudolf Klein-Rogge, sowie der Welt der Geschichte abgeschlossen. Aufgrund des Erfolges baten die Produzenten ihn, eine Fortsetzung zu drehen, wobei es ihnen schließlich gelang den Filmemacher und seine langjährige Partnerin sowie Mitarbeiterin Thea von Harbou von ihrem Vorhaben zu überzeugen. Die mehr als deutlichen Parallelen zur Person Adolf Hitlers sowie den Propaganda-Methoden und Slogans der NSDAP resultierte jedoch in einer Beschlagnahmung von Das Testament des Dr. Mabuse sowie der Einsicht Langs, sich außerhalb Deutschlands nach Arbeit sowie einem neuen Leben umzusehen.
Gewiss sind die Parallelen zur Nazi-Diktatur, deren Terror und Manipulation der Massen mehr als deutlich und werden sich dem Zuschauer wohl recht schnell erschließen. Wie bereits in M – Eine Stadt sucht einen Mörder und Spione gibt es in auch in Das Testament des Dr. Mabuse keinen alleinigen Hauptcharakter, vielmehr ist es eine Collage von Figuren mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Motivation, die nur vereint, dass sie sich in einem Konflikt mit den Machenschaften eines Verbrecherkönigs befinden. Gleich einer unsichtbaren Hand zeigt sich der Einfluss Mabuses in den einzelnen Szenen, den Entscheidungen der Charaktere sowie der Gräueltaten, die schnell weit mehr sind als nur Diebstähle, sondern auf die Vergiftung von Menschen oder der Zerstörung urbaner Infrastruktur abzielen. Selbst das Private, beispielsweise die romantischen Treffen Kents mit seiner Geliebten Lili, gespielt von Wera Liessem, stehen ganz im Zeichen des Terrors, der Angst vor Vergeltung, was dem Film eine beklemmende, fast schon klaustrophobische Grundstimmung verleiht und Langs Arbeiten im Rahmen des Film Noir bereits andeutet.
Der Mann hinter dem Vorhang
Eine weitere Neuerung stellte die Erfindung des Tonfilms dar, was Lang bereits in Werken wie M – Eine Stadt sucht einen Mörder als gewinnbringendes Element in die Handlung integrieren konnte. Das Testament des Dr. Mabuse stellt nicht nur einen weiteren Schritt in der Nutzung dieser neuen Technologie im Kontext einer Geschichte dar, sondern legt das Fundament für die nachhaltige Relevanz dieses Filmes, auch abseits der Deutungen, welche Harbou und Land intendierten. Als „Mann hinter dem Vorhang“ erteilt jemand Befehle an seine Untergebenen, verteilt Lohn wie auch Strafen und niemand wagt es der Stimme zu widersprechen. Durch diese, wie auch andere Ideen, wird der Verbrecherkönig zu einer diffusen Größe und steht gewissermaßen für jegliche Autorität, deren Macht auf Angst, Terror und kontinuierlicher Manipulation fundiert. Virtuos ist in diesem Zusammenhang auch die Kameraarbeit von Fritz Arno Wagner und Karl Vass zu nennen, welche eben diese Themen betont und mit der bereits beschriebenen Atmosphäre des Filmes kombiniert.
Auch wenn Das Testament des Dr. Mabuse in erster Linie ein Ensemblefilm ist, so sticht doch gerade die Darstellung Rudolf Klein-Rogges hervor. Mit nur minimalen Gesten stellt der Schauspieler den einnehmenden Nimbus eine Machtmenschen dar sowie die hintersinnige Schläue und Bösartigkeit, welche hinter den reglosen Augen lauert.
OT: „Das Testament des Dr. Mabuse“
Land: Deutschland
Jahr: 1933
Regie: Fritz Lang
Drehbuch: Thea von Harbou
Musik: Hand Erdmann
Kamera: Fritz Arno Wagner, Karl Vass
Besetzung: Rudolf Klein-Rogge, Otto Wernicke, Oskar Beregi Sr., Karl Meixner, Wera Liessem, A. E. Licho, Theo Lingen, Klaus Pohl, Theodor Loos, Camilla Spira, Rudolf Schündler, Georg John
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)