Schon seit Längerem klagen die Bewohner und Bewohnerinnen eines Wohnblocks in Kreuzberg darüber, dass sie systematisch aus ihren Wohnungen vertrieben werden sollen. Als dann aber auch noch einem Baby der Finger durch eine Ratte abgebissen wurde, eskaliert die Situation. Hacker-Aktivistin Olga Illiescu (Birgit Minichmayr), die mit der Mutter des Kindes befreundet ist, kann dem nicht tatenlos zusehen und bittet daher den mit ihr befreundeten Privatdetektiv Georg Dengler (Ronald Zehrfeld), in der Sache zu ermitteln. Dabei rückt natürlich Jan Kröger (Peter Trabner) in den Mittelpunkt, der Eigentümer der Anlage, sowie sein eiskalter Anwalt Dr. Gross (Sabin Tambrea). Ersterer kann diesen Rummel gerade so gar nicht brauchen, steht er doch vor einem wichtigen Vertragsabschluss …
Dauerbrenner Gentrifizierung
Weniger ist mehr. Während die meisten Krimi- und Thrillerreihen, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen produziert, ganz klar auf Masse setzen und im Idealfall jedes Jahr mehrere Teile hervorbringt, da ist man bei Dengler deutlich zurückhaltender. Seit dem Start der ZDF-Reihe im Jahr 2015 sind nur eine Handvoll Titel erschienen. Anfangs gab es immerhin noch einen Film jährlich. 2020 fiel selbst das aus, nachdem die Corona-Pandemie die Planungen für einen neuen Film kräftig durcheinanderwirbelten. Aber jetzt dürfen sich Fans auf ein Wiedersehen mit dem titelgebenden Privatdetektiv und die Aktivistin Olga freuen. Mit Kreuzberg Blues, der inzwischen sechste Auftritt des Duos, gibt es wieder Nachschub. Es ist zudem einer der besseren Teile der Reihe.
Das Thema ist dabei ein echter Dauerbrenner: Gentrifizierung und Wohnungsnot. Dass beides ein echtes Problem ist hierzulande, das ist nun wirklich kein Geheimnis mehr. Selbst wer selbst keine Erfahrung mit der mindestens ermüdenden, oft erniedrigenden Wohnungssuche in den Großstädten gemacht hat, weiß dank der regelmäßigen Nachrichten von den Schwierigkeiten. Und auch Filme und Serien greifen das Thema immer wieder auf, siehe etwa Atlas oder Nationalstraße. Meistens stehen dabei einfache Menschen im Mittelpunkt, die entweder selbst aus Wohnungen vertrieben werden sollen oder die eine Veränderung in ihrem Umfeld beobachten. Bei Dengler: Kreuzberg Blues konzentriert man sich auf den ersten Aspekt, wenn mal wieder ebenso mächtige wie skrupellose Immobilienhaie ihr Unwesen treiben.
Zwischen Ambivalenz und Klischee
Das geht erwartungsgemäß mit diversen Klischees und einer bitteren Anklage an die gesellschaftlichen Verhältnisse einher. Schließlich nutzt Schriftsteller Wolfgang Schorlau, auf dessen Romanen die Reihe basiert, seine Krimis gerne, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Dabei muss man Dengler: Kreuzberg Blues jedoch zugutehalten, dass hier zumindest versucht wird, sich vom starren Schwarzweiß-Denken zu entfernen. So wird Kröger als jemand beschrieben, der sich aus einfachsten Verhältnissen nach oben gekämpft hat und noch immer Verständnis für die Leute da unten aufbringt. Von Anfang an besteht daher Zweifel, ob wirklich er hinter den ausgesetzten Ratten steckt oder jemand anderes dafür verantwortlich ist, wie in einem klassischen Krimi eben.
Dennoch sollte man in der Hinsicht keine zu großen Erwartungen haben. Es gibt einfach nicht genügend Figuren, die wirklich für eine solche Tat in Frage kämen. Auch wenn da zum Schluss eine tatsächlich unerwartete Wendung wartet: Das meiste läuft dann doch eher so, wie man es gut vorhersagen kann. Sehenswert ist bei Dengler: Kreuzberg Blues dafür mal wieder das Duo, das sich nicht immer ganz im Rahmen der Legalität bewegt und so für die gerechte Sache kämpfen will. Und auch Sabin Tambrea (La Gomera) überzeugt in seiner Rolle als aalglatter Anwalt, der einen quasi im Alleingang an der Gerechtigkeit dieser Welt zweifeln lässt. Überhaupt ist der Film mal wieder sehr düster ausgefallen. Obwohl natürlich am Ende die Schuldigen gefasst werden, der Krimi entlässt einen nicht unbedingt mit einem guten Gefühl in die Welt da draußen.
OT: „Dengler: Kreuzberg Blues“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Daniel Rübesam
Drehbuch: Lars Kraume
Vorlage: Wolfgang Schorlau
Musik: Jasmin Reuter, Tina Pepper
Kamera: Roland Stuprich
Besetzung: Ronald Zehrfeld, Birgit Minichmayr, Seyneb Saleh, Peter Trabner, Sabin Tambrea, Winfried Glatzeder
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)