Finch Apple TV+
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Finch

Inhalt / Kritik

Finch Apple TV+
„Finch“ // Deutschland-Start: 5. November 2021 (Apple TV+)

Eine verheerende Katastrophe hat das Leben auf der Erde weitestgehend ausgelöscht. Der Erfinder Finch (Tom Hanks) ist einer der wenigen, die noch übrig sind, dreht gemeinsam mit seinem Hund seine Runden durch die in Trümmern liegende Welt. Doch auch seine Zeit ist langsam gekommen, dessen ist er sich bewusst. Sein Körper wird von Tag zu Tag schwächer. Und so beschließt er, einen Roboter zu bauen, der nach seinem Tod seinen Platz einnehmen und sich um den Hund kümmern soll. Einfach ist das nicht. Während die Technik schnell zusammengebaut ist, hat Finch seine Schwierigkeiten damit, der künstlichen Intelligenz seine Aufgabe verständlich zu machen. Was heißt es, für jemand anderen verantwortlich zu sein? Und was bedeutet eigentlich Leben?

Eine vielfältige Zukunft

Zuletzt hat sich Apple TV+ als dankbarer Ort für Science-Fiction-Fans etabliert. Erst legte der Streamingdienst mit Foundation die lang erwartete Adaption der gleichnamigen Kultreihe vor. Daran schloss die Alien-Invasion von Infiltration an. Diese Woche startete mit dem Erinnerungsthriller Dr. Brain die erste südkoreanische Produktion des Anbieters. Und nun steht mit Finch bereits der vierte Beitrag zu dem Genre an, in nur weniger als anderthalb Monaten. Glücklicherweise ist auch der Film sehenswert, selbst wenn er mit den drei oben genannten Serien nur eine breitere Auffassung des Genres gemeinsam hat. Außerdem handelt es sich streng genommen um keinen Apple-Film. Der kaufte den eigentlich fürs Kino geplanten Titel nur ein, um die Gunst der Stunde zu nutzen und auf diese Weise das noch immer überschaubare Sortiment prominent zu erweitern.

Ob Finch nun als Titel geeignet ist, den Kundenstamm zu erweitern – das offensichtliche Ziel des Einkaufs –, darüber kann man sich streiten. Obwohl mit Tom Hanks ein noch immer beliebtes schauspielerisches Schwergewicht im Mittelpunkt steht und an der Optik nicht gespart wurde, der Film hat dann doch eher weniger mit dem gemeinsam, was das Publikum heutzutage von einem Science-Fiction-Film erwartet. Es geht hier eben nicht um das große Spektakel. Zwischendurch darf es in der Geschichte zwar schon mal etwas brisanter werden. Schließlich besteht in einer Welt, die nahezu unbewohnbar geworden ist, auf Schritt und Tritt Gefahr. Dass da draußen vermutlich noch Menschen sind, die in ihrem Überlebenswillen über Leichen gehen würden, macht die Sache auch nicht besser.

Fragen rund um das Leben

Aber diese Szenen sind rar gesät. Im Mittelpunkt steht nicht die Welt da draußen, sondern das ungleiche Trio Mensch, Hund, Roboter. Dass drei so unterschiedliche Lebensformen nicht immer ganz zusammenpassen und es zu gewissen Verständigungsschwierigkeiten kommt, das ist klar. Der Hund steht dabei gewissermaßen im Mittelpunkt, da der Android Jeff nur seinetwegen gebaut wird. Warum das Tier so wichtig ist, das wird dabei zunächst nicht klar. Allgemein geizt Finch am Anfang mit vielen Informationen, lässt vieles unausgesprochen, bricht das Szenario um eine zerstörte Erde ganz auf seinen Protagonisten herunter. Da geht es zwangsläufig um ganz existenzielle Fragen, die sich um das Thema Leben drehen. Aber auch darum, was es heißt, ein Mensch zu sein.

Solche thematischen Auseinandersetzungen sind im Science-Fiction-Genre natürlich gang und gäbe. Immer wieder werden künstliche Intelligenzen herangezogen, um über den Menschen nachzudenken. Finch wird dabei aber nicht übermäßig intellektuell. Regisseur Miguel Sapochnik, sonst eigentlich bei Serien zu Hause, setzt bei seinem erst zweiten Film – sein Debüt Repo Men erschien bereits 2010 – vor allem auf Humor und Gefühl. Wir sehen die drei in einigen wohlig-schönen Szenen. Manchmal wird es komisch, wenn der zunächst unbedarfte Jeff mal wieder irgendetwas falsch macht. Wie ein Kind, das gerade laufen lernt, dabei dauernd Sachen umschmeißt und Eltern Löcher in den Bauch fragt. Das Ziel: Der Roboter muss erwachsen werden und seinen Vater ersetzen, wenn der nicht mehr da ist.

Nicht originell, aber schön

Dass das traurig ist, traurig sein muss, versteht sich von selbst. Überwiegt in der ersten Hälfte noch der Unterhaltungsfaktor, darf es später in mehrfacher Hinsicht emotional werden. Das geht vor allem wegen Tom Hanks (Cast Away – Verschollen) auf, der in der unwirtlichen, menschenleeren Landschaft die letzte Bastion Menschlichkeit sein darf: Er kombiniert auf seine unnachahmliche Weise das Unbeholfene mit dem Warmherzigen. Das ist dann zwar alles nicht originell, an manchen Stellen sogar etwas berechnend. Aber eben auch schön: Finch lässt einen daran glauben, dass selbst in den finstersten Momenten noch etwas da ist, wofür es sich zu kämpfen und zu leben lohnt. Gibt es eine echte Verbundenheit, der nichts etwas anhaben kann. Nur dass man vorher nicht weiß, ob diese Verbundenheit mit einem Zwei- oder Vierbeiner vorliegt, mit einem Körper aus Fleisch und Knochen oder Stahl und Schrauben. Denn das, so lehrt der Film, ist am Ende zweitrangig.

Credits

OT: „Finch“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Miguel Sapochnik
Drehbuch: Craig Luck, Ivor Powell
Musik: Gustavo Santaolalla
Kamera: Jo Willems
Besetzung: Tom Hanks

Bilder

Trailer

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„Finch“ zeigt eine Welt am Abgrund und einen todkranken Erfinder, der für seinen Hund einen Roboter baut. Der Film kombiniert dabei stimmungsvolle Endzeit-Bilder mit Humor und Herz, dazu der einen oder anderen existenziellen Frage. Das wird zwar nie so richtig tiefgängig. Originell ist das Science-Fiction-Drama sowieso nicht. Aber es ist doch schön, wie hier eine Verbundenheit demonstriert wird, die selbst angesichts des Nichts besteht und dabei keine Wesensgrenzen kennt.
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