In jeder Großstadt kommt es immer wieder zu Zufallsbegegnungen, die, mit etwas Glück, zu etwas wirklich Besonderem werden können, wenn man nur Zeit und Geduld hat, und natürlich die nötige Ausdauer, nach einer solchen Begegnung Ausschau zu halten. Zunächst sind sich Ray (Fergus Wilson) und Alice (Emma Diaz) nicht sicher, ob ihnen eine solche Begegnung widerfahren ist, doch nach einiger Zeit, einem Gespräch über ihre Leben und Dinge, die sie sonst beschäftigen, kommen die beiden sich so nahe, dass sie beschließen, einen Campingausflug gemeinsam zu machen. Alice hat zwar gerade eine Beziehung hinter sich sowie eine schmerzliche Trennung, doch ist nicht abgeneigt, sich etwas abzulenken, erst recht in der australischen Landschaft. Jedoch ist der Aufenthalt im Zeit alles andere als entspannend, denn neben dem Eigentümer der Anlage, der sie von jenem Ort vertreibt, an dem sie ihr Zelt ursprünglich aufgeschlagen hatten, scheint vor allem Ray mehr zu wollen als nur eine Unterhaltung von Alice.
Einige Zeit nach dem Campingtrip sind beide wieder in Sydney. Während Alice eine Freundin in der Stadt trifft, ist Ray unterwegs mit einem Freund. Beide sollen die Hochzeit von Louise (Amelia Conway) filmen im Auftrag ihres vermögenden Vaters, doch nichts läuft nach Plan. Nicht nur ihr Auto hat eine Panne, auch in der Adresse vertun sich die beiden Männer und landen schließlich vor dem Haus eines Filmkomponisten, der im Clinch mit seinen Nachbarn ist.
Zwischen Schönheit und Ablenkung
Das australische Kino ist eines, welche sich nicht selten in der Schönheit des Landes verliert und dessen Kultur, dabei allerdings auch aufzeigt, welche Spuren die tumultartige Geschichte dort hinterlassen hat. In dieser Hinsicht scheint die Kunst anders zu ticken, denn glaubt man Regisseur James Vaughan ist eine Konfrontation mit der Geschichte im Alltag seiner Landsleute eher Seltenheit. Eben diese Mentalität legte den Grundstein für die Geschichte von seinem Spielfilmdebüt Friends and Strangers, der auf dem Jeonju Film Festival mit dem Spezialpreis der Jury geehrt wurde und nun auf dem Streamingdienst MUBI exklusiv zu sehen ist. Der Film ist dabei eine Mischung aus Drama und Komödie, immerzu unentschieden, was seine Richtung angeht und daher eine Spiegelung der beiden Hauptfiguren, die ebenso planlos durch ihr Leben schreiten.
Von der Anlage her könnte man Friends and Strangers für eine jener RomComs halten. Das urbane Setting sowie die Zufallsbegegnung zweier Menschen, die sich spontan verstehen und eine Bindung zueinander verspüren, passt sehr genau in dieses Genre, genauso wie die beiden Figuren, die Fergus Wilson und Emma Diaz spielen. Jedoch spielt Vaughan mit dem Gegensatz von Anziehung und Distanz, was bereits der Titel des Filmes andeutet, scheinen die beiden Hauptcharaktere doch vielmehr auf Ablenkung aus, als auf eine Beziehung, wie man es als Zuschauer meinen könnte. Entsprechend desillusionierend sind nicht nur die Dialoge, die immer etwas zu versprechen scheinen, es aber nicht halten, wie auch die Bilder, die der Stadt wie auch der Landschaft. Die weite, karge Fläche des Kiesufers des Sees, an dem Alice und Ray campen, wirkt irgendwie wenig einladend und zudem verlassen, sodass beide Figuren nach jedweder Art der Ablenkung zu lechzen scheinen, auch wenn dies der etwas kauzige Nachbar ist, der sie vor dem Eigentümer der Anlage warnt oder ein etwas frühreifer Teenager, der sich ebenso sehr langweilt am See.
Keine Konfrontation
Ray und Alice sind nicht die einzigen Figuren, sie so schwer fassbar sind und sich dem Zuschauer immer wieder entziehen. Besonders in der zweiten Hälfte versammelt Vaughan eine ganze Schar illustrer und kauziger Charaktere um sich, welche sich in ihrer eigenen Blase, abseits der Stadt und in den wohlhabenden Wohnbezirken, niedergelassen haben und sich in kindischen Nachbarstreitigkeiten verlieren. Einer von ihnen zeigt Ray einen Teil seiner Kunstsammlung, die Ray mit einem teilnahmslosen Blick betrachtet, während sich sein Führer im eigenen Monolog zu verlieren scheint. Nicht auf den zahlreichen Zeichnungen, Aquarellen und Gemälden scheint die beiden Männer zu berühren, beide wirken seltsam abwesend.
Immer wieder deutet der Film, durch die Dialoge, die Bilder oder die Musik, etwas an, was aber nicht geschieht. Die Vergangenheit, die Geschichte der Aborigines und die des Kolonialismus, bleibt eine Fußnote, die keinen Platz im Leben dieses Menschen hat, sodass die Oberfläche paradoxerweise als Tiefe angesehen wird. Das ist durchaus interessant anzuschauen, doch letztlich auch etwas wenig für so manchen Zuschauer.
OT: „Friends and Strangers“
Land: Australien
Jahr: 2021
Regie: James Vaughan
Drehbuch: James Vaughan
Kamera: Dimitri Saunders
Besetzung: Fergus Wilson, Emma Diaz, Amelia Conway, Malcolm Kennard, Poppy Jones, Victoria Maxwell, Jayden Muir, Greg Zimbulis
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