Bei Familie Wünschmann läuft es nicht so wirklich im Moment. Ob Mutter Emma, Vater Frank, Tochter Fee oder Sohn Max, sie alle haben auf die eine oder andere Weise mit ihrem Leben zu kämpfen. Mal klappt es beruflich nicht so, mal in der Schule. Und auch innerhalb der Familie wird gerne mal ein bisschen gezofft. Aus dem Grund hat die Hexe Baba Yaga auch leichtes Spiel mit ihnen, zieht sie ihre Kraft doch aus dem Unglück anderer Menschen – und verwandelt diese dann in Monster: Vampir, Frankensteins Monster, Mumie und Werwolf. Das bringt zwar gewisse Superkräfte mit sich, die sich an der einen oder anderen Stelle als nützlich erweisen. Dennoch: Die vier wären schon ganz gerne wieder Menschen. Doch um den Zauber rückgängig zu machen, müssen sie erst lernen, wieder glücklich zu sein …
Monster für eine junge Zielgruppe
Animationsfilme sind in Deutschland bekanntlich eher eine Nischenangelegenheit. Während beispielsweise in Frankreich das ganze Jahr über hochspannende Werke erscheinen, in den unterschiedlichsten Techniken und für die diversesten Zielgruppen, da ist das Angebot hierzulande recht überschaubar. Einer der wenigen hiesigen Regisseure, die tatsächlich auch mit einem gewissen Gestaltungswillen an die Sache gehen, ist Holger Tappe. Der drehte 2004 mit Back to Gaya nicht nur den ersten CGI-Kinofilm mit deutscher Beteiligung. Auch später widmete er sich mit Vorliebe dieser Darstellungsform, etwa in Konferenz der Tiere, welches dem gleichnamigen Roman von Erich Kästner nachempfunden war.
Auch bei Happy Family lag ein Buch zugrunde, dieses Mal vom Bestsellerautor David Safier (Jesus liebt mich). Das 2012 veröffentlichte Werk beschrieb, wie eine Familie im Chaos des Alltags immer mehr auseinanderzubrechen droht. Das ist bei der fünf Jahre später gestarteten Verfilmung nicht anders. Im Gegensatz zum Roman, der ein erwachseneres Publikum ansprechen sollte, folgt der Animationsfilm jedoch der hierzulande weit verbreiteten These: Animationstitel sind Kindersache. Die Tragik der Vorlage wurde zwar nicht völlig aufgegeben, aber doch deutlich entschärft. Statt der existenziellen Krise, welche die vier durchmachen, gleichen die Streitigkeiten im Film mehr einer Rauferei. Das kann mal zur Sache gehen, aber nicht zu viel.
Schön umgesetzt, aber etwas glatt
Stattdessen wird das alles mit ein bisschen Humor genommen. Schon die Konflikte an sich dienen in erster Linie der Erheiterung. Später kommen in Happy Family noch vertrottelte Fledermäuse hinzu, da jeder Animationsfilm für Kinder irgendwelche tierischen Sidekicks braucht. Punkte wie Franks Neigung zu gewissen Körperausdünstungen verdeutlichen dann endgültig, dass hier vor allem die Kleinen zum Lachen gebracht werden sollen. Das darf man dann natürlich lustig finden. Oder eben auch etwas schade, wie sehr die an und für sich interessante Geschichte zurechtgefeilt wurde, um eine möglichst große Zielgruppe abdecken zu können, im Idealfall die gesamte Familie. Mehr Ecken und Kanten wären da schon schön gewesen, der deutsche Film will zu sehr wie internationale Vorbilder sein, auf Kosten der eigenen Identität.
Dafür gibt es eine beeindruckende Vielfalt von Schauplätzen. Das liegt auch an der Figur Baba Yaga, die zwar über mächtige Magie verfügt, jedoch keinen besonders ausgeprägten Orientierungssinn. Bei ihrem Versuch, zurück nach London zu kommen, landet sie unentwegt an falschen Orten. Für sie ist das lästig, fürs Publikum aber ganz nett: Man bekommt doch einiges zu sehen. Es ist auch ansehnlich umgesetzt. Happy Family kann natürlich nicht mit den Großproduktionen der US-Studios mithalten, dafür liegen bei den Budgets einfach Welten. Aber es sind schon stimmungsvolle Aufnahmen dabei, bei denen auch nicht mit Details gegeizt wurde. Das Ergebnis ist ein buntes Abenteuer, das sich vor vielen internationalen Produktionen nicht verstecken muss, dabei aber auch nicht wirklich hervorsticht. Die Figur des Draculas wird beispielsweise nur wenig ausgearbeitet, ist ein bisschen zu offensichtlich einfach nur drin, damit die Familie einen gemeinsamen Feind hat. Denn Gemeinsamkeit ist der erste Schritt zum Glück.
OT: „Happy Family“
Land: Deutschland, UK
Jahr: 2017
Regie: Holger Tappe
Drehbuch: David Safier, Catharina Junk
Vorlage: David Safier
Musik: Hendrik Schwarzer
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