L‘important c‘est d‘aimer Nachtblende

Nachtblende

Inhalt / Kritik

L‘important c‘est d‘aimer Nachtblende
„Nachtblende“ // Deutschland-Start: 21. Februar 1975 (Kino)

Die Karriere der einst gefeierten Schauspielerin Nadine Chevalier (Romy Schneider) hat schon vor Jahren ihren Höhepunkt überschritten, sodass sie gezwungen ist in Projekten von niederer Qualität mitzuspielen, um den Lebensunterhalt für sich und ihren manisch-depressiven Mann Jacques (Jacques Dutronc) aufzubringen. Während eines Filmdrehs zu einem pornografischen Film trifft sie auf Servais Mont (Fabio Testi), dessen Job es ist, für Klatschblätter Aufnahmen zu machen. Obwohl sie die Natur seiner Arbeit missbilligt, kommen sich Nadine und Servais näher.

Aufgrund seiner Zuneigung zu ihr, leiht sich Servais bei dem Mafiapaten Mazelli (Claude Dauphin) Geld und nimmt andere Jobs an, bei denen es vor allem um pornografische Aufnahmen geht. Den Lohn investiert er in eine Theaterproduktion eines befreundeten Regisseurs. Während dieser die männliche Hauptrolle mit seinem Liebhaber Karl-Heinz Zimmer (Klaus Kinski) besetzt, geht ein Part an Nadine. Um seine Investition geheimzuhalten, bittet Servais den Regisseur, gegenüber Nadine kein Wort zu erwähnen, doch diese ahnt bereits, dass das Angebot nicht ihrem Talent geschuldet ist. Auch die Proben sind nicht einfach, müssen immer wieder unterbrochen werden, weil Nadine an der Rolle zusammenbricht. Sie empfindet nun für Servais Gefühle, doch fühlt sich auch Jacques verpflichtet, der immer mehr emotional von ihr abhängig ist.

Völlig ausgeliefert

Mit seinem Film Diabel legte der polnische Regisseur Andrzej Żuławski ein mit Horrorelementen gespicktes Historiendrama vor, welches von der staatlichen Zensur seines Heimatlandes sogleich verboten wurde. Unfähig unter diesen Bedingungen weiter in Polen zu arbeiten, ging er nach Frankreich, wo er den Roman Die amerikanische Nacht seines Freundes Christopher Frank unter dem Titel Nachtblende verfilmen wollte. Dabei konnte er auf eine illustre Besetzung zurückgreifen, die von Darstellern wie Romy Schneider, Fabio Testi und Klaus Kinski angeführt wurde, und sich besonders mit der Stellung der Kunst und dem Dilemma des Künstlers befasst, der sich im Widerstreit von Anspruch und Geld wiederfindet.

Das Kino des Andrzej Żuławski ist bekannt als großes Schauspielerkino, was seine Projekte begehrt machte, aber auch zu einer besonderen Herausforderung für seine Darsteller. In Nachtblende widmet er sich einer komplexen Dreiecksbeziehung, bei der es in erster Linie um emotionale Abhängigkeiten geht, welche für alle Beteiligten den Untergang bedeuten könnten. Die Figuren, gespielt von Testi, Schneider und Dutronc, wirken immer am Rande des Nervenzusammenbruchs, hervorgerufen durch ihre intensiven Gefühle füreinander, der Unfähigkeit, diese auszuleben und der unnachgiebigen Welt, die kein Verständnis oder Mitleid für sie aufbringen kann. Es ist eine doppelte Abhängigkeit, ist doch ihr Zustand auch hervorgerufen worden durch ihre finanziellen Nöte, ihre beruflichen Aspirationen sowie, im Falle von Nadine, dem einstigen Ruhm, der sie Angeboten annehmen lässt, die weit unter ihrem Niveau sind.

Geld und Liebe

Die Gewinner in diesem Spiel sind, wie immer bei Zulawski, jene, die, wie der Mafiapate, außerhalb der Moral stehen und kein Problem damit haben für Geld, moralische Grenzen zu überschreiten. Zulawski bringt dies bereits in den ersten Minuten auf den Punkt, wenn Nadine in einer würdelosen Szene von der Regisseurin gezwungen wird, etwas „zu fühlen“ und nicht so stolz zu sein, schließlich werde sie bezahlt. Die Tränen, die ihr übers Gesicht fließen, kümmern die Produktion nur in dem Maße, wie sie das Vorankommen aufhalten. Das Bild wird zu einem Instrument der Ausbeutung, im emotionalen wie auch kapitalistischen Sinne, bedeutet es doch letztlich Geld zu verdienen mit dem Leid anderer.

Nachtblende ist ohne Frage ein großer Film Andrzej Żuławskis, der sich durch seine Darsteller auszeichnet sowie durch sein Bild einer amoralischen Gesellschaft. Wie bei seinen anderen Werken ist dies nicht immer einfach anzuschauen, aber zugleich bleibt die Geschichte zutiefst menschlich, bemerkt der Zuschauer doch die Reaktionen und die Wirkung dieser Ereignisse auf die Protagonisten, von denen noch längst nicht alle jenen emotionalen Schutzpanzer haben, den ein Leben in dieser Welt, die Żuławski zeigt, nötig macht.

Credits

OT: „L’important c’est d’aimer“
Land: Frankreich
Jahr: 1975
Regie: Andrzej Żuławski
Drehbuch: Christopher Frank, Andrzej Żuławski
Vorlage: Christopher Frank
Musik: Georges Delerue
Kamera: Ricardo Aronovich
Besetzung: Romy Schneider, Fabio Testi, Jacques Dutronc, Claude Dauphin, Roger Blin, Gabrielle Doulcet, Michel Robin, Klaus Kinski, Guy Mairesse, Katia Tchenko, Nicoletta Machiavelli

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 1976 Beste Hauptdarstellerin Romy Schneider Sieg
Bestes Szenenbild Jean-Pierre Kohut-Svelko Nominierung
Bester Schnitt Christiane Lack Nominierung

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„Nachtblende“ ist ein Drama über den Gegensatz von Kunst, Kommerz und Emotionalität. Andrzej Żuławski konfrontiert seine Zuschauer mit einer zutiefst verdorbenen Welt, in der Figuren, die voneinander auf vielfältige Weise abhängig voneinander sind, zu überleben versuchen und bei dem Versuch drohen zu zerbrechen.
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