In seinem Spielfilmdebüt Das Schwarze Quadrat nimmt uns Regisseur und Drehbuchautor Peter Meister mit auf ein Kreuzfahrtschiff, auf dem zwei Kunsträuber das berühmte gleichnamige Bild verkaufen wollen. Doch dabei geht irgendwie alles schief, was schief gehen kann. Erst müssen die beiden als Doubles von Elvis Presley und David Bowie auftreten, damit ihre Tarnung nicht auffliegt. Und dann stellen sie fest, dass noch andere an Bord es auf das Bild abgesehen haben. Zum Kinostart am 25. November 2021 unterhalten wir uns mit dem Filmemacher über Kreuzfahrten, das Konzept von Kunst und das Geheimnis guter Unterhaltung.
Könntest du uns ein wenig über den Hintergrund von Das Schwarze Quadrat erzählen? Wie bist du auf die Idee für diesen Film gekommen?
Meine ursprüngliche Idee war, dass Menschen in einem Mikrokosmos agieren, aus dem sie nicht wegkommen und der sehr konfliktbeladen ist. Anfangs wollte ich das auf einer einsamen Insel stattfinden lassen, wo die Figuren um ihr Leben kämpfen müssen. Die Kreuzfahrt war in dieser Fassung nur der erste Teil, der Weg zu dieser Insel. Dann war es so, dass die Betreuer der Drehbuchwerkstatt München, bei der ich die Idee entwickelt habe, mir vorgeschlagen haben, doch einfach auf dem Schiff zu bleiben, weil ihnen das so gut gefallen hatte. Und das habe ich dann auch gemacht. Es ging mir bei Das Schwarze Quadrat also nicht darum, einen Film über eine Kreuzfahrt zu drehen. Das kam erst später.
Aber warum überhaupt eine Kreuzfahrt? Es hätte ja auch ein anderes Fahrzeug sein können.
Ich fand die Idee einer Figur spannend, die als Double arbeitet. Wie steht ein Imitator zu der Person, die sie imitiert? Welche Beziehung hat er zu ihr? Was macht es zum Beispiel mit ihm, wenn das Vorbild stirbt? Und über dieses Thema bin ich auf die Kreuzfahrt gekommen, weil dort solche Doubles auftreten.
Kreuzfahrten sind ein Thema, bei denen sich die Geister schon scheiden. Wie stehst du persönlich dazu?
Sehr kritisch. Ich habe z.B. mal gelesen, dass der CO2-Ausstoß auf Palma durch die Kreuzfahrtschiffe um ein Vielfaches größer ist als durch den heimischen Straßenverkehr. Das ist eine Form der Reise, die für mich ganz klar nicht mehr zeitgemäß ist.
Das Schwarze Quadrat war aber nicht als Kritik an Kreuzfahrten geplant?
Das nicht, nein. Das Schiff sollte einfach nur mein persönliches dystopisches Labyrinth sein, dem niemand entfliehen kann.
Und wie kam dann das Thema Kunst dazu?
Ich finde einen Kunsträuber als Figur viel spannender als etwa einen Bankräuber, weil man ihr so weitere Ebenen geben kann. Vincent wollte selbst eigentlich Künstler werden und ist frustriert, dass er es nie geschafft hat. Wenn er nun die Kunst anderer raubt, schafft das einen ganz anderen Bezug, als wenn es nur um Geld geht.
Und warum hast du als Kunstwerk Das Schwarze Quadrat ausgesucht? Du hättest theoretisch ja ein beliebiges Bild nehmen können.
Aus drei Gründen. Der erste war drehbuchhandwerklich bedingt: Es musste einfach zu fälschen sein. Dann musste es zweitens ein kunsthistorisch bedeutsames Werk sein, damit wir diese weitere Ebene haben, von der ich eben sprach. Außerdem musste es einen hohen monetären Wert haben, damit es zu diesen Konflikten kommen kann. Denn nur wenn es wirklich wertvoll ist, können sich die Leute darum streiten.
Am Anfang des Films sagt einer beim Anblick des Bildes, sein Kind hätte etwas Besseres malen können, weil er in dem Werk keine Kunst erkennt. Woran machst du für dich fest, ob etwas Kunst ist?
Das ist eine Frage, die nur schwer zu beantworten ist. Klar, das Bild hätte prinzipiell jeder malen können. Aber es ging bei Das Schwarze Quadrat nicht allein um die Technik. Das siehst du sehr schön, wenn du dich an den berühmten Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi zurückerinnerst. Der hat die großartigsten Kunstfälschungen angefertigt. Wenn du dir aber anschaust, was er selbst gemalt hat, also seine eigenen Bilder: Das ist für mich Kitsch. Er kann also perfekt nachmachen, aber nichts selbst erschaffen. Da siehst du also, wo die Leistung des Künstlers liegt. Es geht um die Idee und um die Innovation. Etwas wirklich zu erschaffen, das ist die große Kunst.
Kommen wir zu den Figuren. In den meisten Filmen sind Verbrecher die Antagonisten, die geschnappt werden müssen. Bei dir werden sie zu den Hauptfiguren. Worin liegt der Reiz eines solchen Perspektivwechsels?
Grundsätzlich finde ich es immer spannend, das Publikum mit Figuren zu konfrontieren, die irgendwie böse oder schlecht sind, die man aber trotzdem mag. In solchen Fällen hinterfragt man vieles kritischer und muss eine Distanz aufbauen. Darf ich einen solchen Menschen überhaupt mögen? Da ist dann dieses Element der Verführung drin. Das kann auch mit einem unzuverlässigen Erzähler einhergehen, wenn ich zum Beispiel an „Lolita“ von Nabokov denke. So etwas macht immer Spaß. Wobei meine Figuren jetzt nicht wirklich böse sind. Vincent und Nils sind recht harmlos und eigentlich sehr liebenswerte Typen, die einfach auf die schiefe Bahn geraten sind.
Du hast mal gesagt, dass dein Ziel bei Das Schwarze Quadrat war, einen unterhaltsamen Film zu machen. Was ist das Geheimnis eines solchen Films? Wie unterhält man Leute?
Wenn du andere unterhalten willst, darfst du keine Angst vorm Scheitern haben. Für mich gehört zur Unterhaltung eine gewisse Überraschung dazu. Wenn du etwas schon tausend Mal gesehen hast, dann ist das nicht mehr unterhaltsam. Zumindest nicht für mich. Mein Ansatz war also, viel zu wagen und möglichst wenig Respekt vor der Heiligkeit des Filmemachens zu haben.
Wie schwierig war es denn für dich, das Ganze auch finanziert zu bekommen? Bei Debütanten ist das ja nicht immer einfach.
Das stimmt, da hagelt es oft Absagen und du hangelst dich von Antrag zu Antrag. Bei mir kam noch hinzu, dass ich auf keiner Filmhochschule war, sondern Autodidakt bin. Das macht das mit den Förderungen schwieriger. Das Schöne war aber, dass ich vor zwölf Jahren schon meine Hospitanz beim Kleinen Fernsehspiel gemacht habe und deshalb einen guten Draht dorthin hatte. Es war für mich daher ein wertvoller erster Baustein, als die zugesagt haben. HessenFilm, die mich schon bei meinen Kurzfilmen unterstützt haben, waren auch schnell mit an Bord. Das waren meine beiden Kern-Bausteine, mit denen das ganz gut ging.
Und wie war es, das Ensemble zu überzeugen? Da spielen schon einige bekannte Leute in deinem Film mit, was bei einem Debüt auch nicht selbstverständlich ist.
Das war gar nicht so schwierig. In meiner Erfahrung ist es so, dass sich Schauspieler und Schauspielerinnen in erster Linie für die Stoffe interessieren und daran entscheiden, ob sie mitmachen oder nicht. Da spielt es nicht so die große Rolle, welches Standing du als Regisseur hast. Das hat also tatsächlich reibungslos funktioniert.
Und wie war es allgemein für dich, mit Das Schwarze Quadrat deinen ersten Langfilm zu drehen? Was waren die Herausforderungen?
Ich habe zwei kleine Kinder. Da war der Dreh reine Ferien dagegen. (lacht) Ich muss mich an der Stelle aber auch bei der Produktion bedanken, die mir ein so tolles Team zur Verfügung gestellt hat, dass ich richtig schön bequem eingebettet war. Das waren alles Vollprofis, die mir die Arbeit sehr erleichtert haben. Wäre nicht gerade Corona dazwischengekommen und hätte diesen Stopp verursacht, wäre das eine wirklich harmonische Sache geworden.
Jetzt, da der Film endlich draußen ist, wie geht es bei dir weiter? Was sind deine nächsten Projekte?
Ich war während Corona schon sehr fleißig und habe drei neue Drehbücher geschrieben. Ich habe die aber noch nicht wirklich rausgeschickt, weil ich erst einmal den Kinostart abwarten wollte. Jetzt müssen wir mal schauen, wie es weitergeht.
Vielen Dank für das Gespräch!
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