In dem Familienabenteuer Ein Junge namens Weihnacht spricht der für seine Comedy-Programme bekannte Sascha Grammel die kleine Maus Miika, die mit dem Jungen Niklas auf eine weite Reise geht, um seinen Vater zu finden. Denn der war zuvor losgezogen auf der Suche nach einem legendären Wichteldorf, welches den Menschen die Hoffnung wiederbringen soll. Anlässlich des Kinostarts am 18. November 2021 unterhalten wir uns mit dem Synchronsprecher über seine erste große Filmrolle, die Suche nach der richtigen Stimme und das Geheimnis guter Weihnachtsfilme.
In Ein Junge namens Weihnacht sprichst du die Rolle der Maus Miika. Was hat dich daran gereizt, bei dem Film mitzumachen?
Es war schon immer ein Traum von mir, mal eine Synchronrolle zu sprechen. Ich durfte damals zwar auch schon bei „Der 7bte Zwerg“ mitmachen, aber das waren wirklich nur ein paar Sätze. Danach habe ich immer gehofft, dass sich wieder jemand bei mir meldet. Es hat aber eine Weile gedauert. Als man mir letztendlich „Ein Junge namens Weihnacht“ angeboten hat, war ich eigentlich schon in Sommerstimmung und deshalb nicht sicher, ob ich Lust auf einen Weihnachtsfilm habe. Dann habe ich ihn mir aber auf Englisch anschauen dürfen und war total geflasht von den Bildern und von der ganzen Machart. Die Geschichte ist so frisch und neu erzählt – einfach toll! Außerdem ist sie für Kinder und Erwachsene geschrieben, damit man sich den Film wirklich mit der ganzen Familie anschauen kann. Und das ist genau das, was auch ich tagtäglich auf der Bühne erreichen will. Außerdem fand ich die Monty Python ähnlichen Sprüche der Maus wirklich sehr lustig. Deswegen bin ich stolz, dass ich jetzt ein Teil dieses wunderbaren Films sein darf.
Du hast eben gemeint, dass du dir den Film im Original angeschaut hast. Hast du dich beim Einsprechen deiner Figur an diesem orientiert?
Das war für mich sowieso alles ein bisschen aufregend. Ich hatte mir natürlich vorher Gedanken gemacht: Wie spreche ich jetzt diese Maus? Wie mache ich das, damit sie sich nicht nach meinen eigenen Figuren anhört? Ich hatte mir in meiner Vorbereitung zwei Stimmen zurechtgelegt, mit denen ich Miika sprechen könnte. Dann wurde mir aber gesagt: Nein, nein, wir wollen deine wirkliche Stimme. So wie auch Stephen Merchant im Original seine wirkliche Stimme benutzt. Das war für mich erst einmal etwas gewöhnungsbedürftig und es brauchte eine Weile, um da reinzukommen. Ich bin ja kein ausgebildeter Schauspieler und musste deshalb erst lernen, in meiner eigenen Stimme traurig zu sein, zu schreien oder zu flüstern. Wenn ich auf der Bühne Emotionen spiele, dann eigentlich immer in den Stimmen meiner Figuren. Ich hätte nie gedacht, dass das mit meiner eigenen Stimme so viel schwieriger ist. Aber es wird dadurch natürlich sehr viel menschlicher, wenn man eben nicht das Klischee der kleinen süßen Maus erfüllt.
Auf der Bühne sprichst du normalerweise auch deine eigenen Texte. Wie war das für dich, mit den Texten anderer zu arbeiten, auf die du nicht wirklich viel Einfluss hast?
Das war auch eine Umgewöhnung, stimmt. Es war komisch, nicht mehr der Chef zu sein. (lacht) Sonst kann ich immer sagen, was ich möchte. Und so habe ich auch hier an der einen oder anderen Stelle neue Textangebote gemacht, um das Ganze vielleicht noch witziger zu machen. An manchen Stellen kam ich durch mit meinen Vorschlägen. An anderen nicht, weil das Schlüsselszenen waren und wir Begrifflichkeiten verwendeten, die einfach so gesagt werden mussten. Und wir haben natürlich immer darauf geachtet vom Humor her, möglichst nahe am Original sein. Es sollte ja kein anderer Film werden.
Wenn du deine bisherige Arbeit auf der Bühne und die Arbeit am Film vergleichst: Macht es einen Unterschied, ob du eine Puppe sprichst oder eine Animationsfigur?
Das glaube ich nicht. Noch schwieriger wäre es gewesen, Menschen zu synchronisieren. Da ziehe ich wirklich meinen Hut. Einer Maus verzeihst du schon mal, wenn da etwas nicht zu 100 Prozent passt, weil du letztendlich auch gar nicht weißt, wie so eine Maus überhaupt spricht. Die kann auch mal quäken oder in der Stimme hinten hochgehen, wo du selbst runtergehen würdest. Bei einem Menschen wäre das glaube ich fatal. Deswegen glaube ich, dass Puppen und Animationsfiguren ähnlich sind, weil beides Fantasiecharaktere sind.
Und wie wäre es, wenn das real wäre? Wenn du für einen Tag wirklich zu einem Tier werden könntest, welches würdest du dir aussuchen?
Schildkröte! Dann hätte ich vielleicht auch so viele Fans wie meine Figur Josie. (lacht)
Miika lernt im Laufe des Films, mit den Menschen zu sprechen. Welche Fremdsprache würdest du gerne noch lernen?
Ich wollte immer mal Spanisch lernen. Französisch habe ich mal versucht. Die erste Nummer von Frederic in HETZ MICH NICHT! habe ich komplett auf Französisch gelernt und wollte das immer in einem französischen Kino als Vorgruppe vortragen, habe mich aber nie getraut. Den Anfang kann ich bis heute noch.
Mit Ein Junge namens Weihnacht interpretiert ihr die Weihnachtsgeschichte noch einmal neu. Trotzdem ist der Film im Grunde ein Märchen, ein klassisches Fantasyabenteuer für Kinder. Warum brauchen wir diese heute noch?
Ich glaube, dass wir einfach Fantasie brauchen. Der raue Alltag da draußen, wo es um Zahlen geht und um Bestehen, darum ein guter Vater, Partner oder Boss zu sein, da wird von dir immer erwartet, dass du funktionierst. Da ist wenig Raum für Fantasie. Du kannst dir kaum mal die Zeit nehmen, um etwa über Werte nachzudenken. Deswegen ist so ein Film toll, weil er dir einen Anstoß gibt. Das ist wie ein Video von einem Motivationstrainer. Danach siehst du auch vieles anders, sofern er gut war. Das hält dann ein, zwei Wochen, danach bist du wieder in deinem alten Rhythmus und deinem Alltag. Da sind solche Filme ganz schön, weil sie dich kurz aufrütteln und dir aufzeigen, dass es noch andere Werte gibt als die, um die wir täglich kämpfen. Man kann auch mit wenig glücklich sein, Nikolas ist dafür das beste Beispiel. Es ist schön, wenn du dir einen Moment nimmst, um über all das nachzudenken, vielleicht dann sogar mit der ganzen Familie.
Was können wir ganz allgemein aus „Ein Junge namens Weihnacht“ lernen?
Wir lernen ganz viel über Freundschaft und Liebe, über Glück und Mut. Das Glück klopft nicht einfach an deine Tür. Auch Nikolas muss sich aufmachen und sein Glück suchen. Er verliert unterwegs auch jede Menge. Es ist also nicht so, dass er einfach nur dazugewinnt. Aber er findet sein Glück und hat ganz viel dazugelernt, zum Beispiel auf andere zuzugehen, selbst wenn diese gemein zu dir sind. Er beschenkt am Ende sogar seine Tante. Da ist also ganz viel in dem Film, was man dazulernen kann.
Du würdest Nikolas also schon als ein kleines Vorbild bezeichnen?
Absolut! Ich würde ihn sogar als großes Vorbild bezeichnen. Wenn sich nur zehn Prozent der Menschen so verhalten würden wie Nikolas, wäre die Welt ein besserer Ort.
Kommen wir allgemein zum Thema Weihnachtsfilm. Mit welchen bist du so aufgewachsen?
„Das Wunder von Manhattan“. Ich weiß zwar nicht, ob ich damit wirklich aufgewachsen bin. Ich glaube, der kam erst später. Aber der ist sehr schön, auch mit einer tieferen Botschaft.
Was macht allgemein für dich einen guten Weihnachtsfilm aus?
Es sollte um Weihnachten gehen. (lacht) Man sollte einfach durch den Film in diese Stimmung kommen. Ich mag dieses klassische Weihnachten mit allem, was man sich dazu so vorstellt, vom Tannenbaum über Schnee. Vermutlich weil es einem als Kind so vorgelebt wurde. Ich könnte mir nicht vorstellen, an Weihnachten irgendwo am Strand zu liegen oder mit dem Surfbrett unterwegs zu sein. Deswegen holt mich „Ein Junge namens Weihnacht“ auch total ab. Weihnachtlicher geht es gar nicht als mit dieser Umgebung.
Du feierst also selbst auch traditionell Weihnachten?
Ja, absolut. Wir haben bei uns so eine Tradition: Mein Papa ist in Schlesien geboren und wir essen an Weihnachten immer eine Suppe, die wir Tunke nennen. Deswegen musste ich beim Film auch so schmunzeln, als Nikolas die Suppe seiner Tante gegessen hat, weil mich das sehr an unsere Weihnachtstradition erinnert hat. Diese Tunke wird bei uns von den Männern gekocht. Einen Tag vor Heiligabend treffe ich mich mit meinem Bruder und wir kochen. Da sind ganz viele Wurzeln drin und Zwiebeln und Fischpfefferkuchen. Das isst man dann mit Sauerkraut und Brot.
Und wie geht es in Zukunft bei dir weiter? Welche Projekte stehen als nächstes an?
Ich bin jetzt wieder auf Tour. Und das ist natürlich das schönste Projekt nach anderthalb Jahren Pause. Es war für mich wunderschön, wieder auf der Bühne zu stehen. Aber man merkte auch, dass das Publikum das braucht. Nebenher bin ich noch an einem Kinderbuch dran. Mehr verrate ich aber noch nicht.
Vielen Dank für das Gespräch!
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