The Harder They Fall Netflix
© Netflix/David Lee

The Harder They Fall

Inhalt / Kritik

The Harder They Fall Netflix
„The Harder They Fall“ // Deutschland-Start: 3. November 2021 (Netflix)

Skrupel? Die kennt der Gesetzlose Nat Love (Jonathan Majors) nicht. Angst ebenso wenig. Und so rauben er sowie seine Partner Bill Pickett (Edi Gathegi) und Jim Beckwourth (R.J. Cyler) mit Vorliebe andere Gangster aus und nehmen denen ihre Beute ab. So auch bei ihrem neuesten Coup, als sie 25.000 Dollar einnehmen, die niemand Geringerem als dem gefürchteten Verbrecher Rufus Buck (Idris Elba) gehören. Während sie nun auf dem Weg zu Mary (Zazie Beetz) sind, Loves früherer Freundin, wird der momentan inhaftierte Buck von Trudy Smith (Regina King) und Cherokee Bill (LaKeith Stanfield) befreit. Kaum dem Gesetz entkommen, beschließt die Gang, dieses wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Dabei haben sie es auch auf das von ihm gestohlene Geld abgesehen, denn niemand bestiehlt Buck! Zumal ihn und Love eine lange Vorgeschichte verbindet …

Der Westen, wie er früher einmal (nicht) war

Auch wenn das Western-Genre oft auf reale Ereignisse Bezug nahm, so war es zumindest in früheren Jahren dann doch mehr verklärter Helden-Mythos als historisch interessiertes Dokument. Mehr Männer-Märchen als realer Einblick in die amerikanische Seele. Später wurde es in Europa auf den Kopf gestellt, die strahlenden Helden machten Anti-Helden Platz. Es wurden Geschichten erzählt, in denen die Grenzen zwischen gut und böse keine echte Bedeutung mehr haben. In dem Netflix-Film The Harder They Fall ist das gewissermaßen auch so. Schließlich kämpft hier eine Bande von Gesetzlosen gegen eine andere. Eine frühe Szene zeigt dann ausnahmsweise eine Gruppe von Männern, die sich für die Einhaltung von Gesetzen stark machen – nur um im selben Atemzug klarzumachen, dass diese vermeintlichen Gesetzeshüter korrupte Mörder sind.

Klar, Sympathien gibt es schon, und sei es nur durch den eingebauten Kontrast zwischen beiden Banden. Wenn die einen nur Verbrecher ausrauben, macht sie das doch wieder fast schon gut, oder? Daraus hätte man sicherlich eine grundsätzliche moralische Überlegung machen können. Jeymes Samuel, der jüngere Bruder von Singer-Songwriter Seal und selbst Musiker, will bei seinem Debüt als Regisseur und Drehbuchautor aber gar nicht so wahnsinnig viel über all das nachdenken. Ihm geht es mit The Harder They Fall dann doch in erster Linie darum, irgendwie Spaß zu haben. Und Spaß bedeutet bei ihm, dass sich alle gegenseitig etwas an den Kopf werfen. Das können manchmal knochentrockene Sprüche sein. Oft sind es Kugeln aus Revolvern oder Gewehren, manchmal auch andere Waffen. Was man eben so findet im Wilden Westen.

Historisch unterlegter Humbug

Nicht dass The Harder They Fall auch nur irgendwas mit dem realen Wilden Westen zu tun hätte. Samuel und sein Co-Autor Boaz Yakin (Safe – Todsicher) bauen zwar zahlreiche tatsächlich historische Persönlichkeiten ein, darunter eben auch Nat Love und Rufus Buck. Mit deren realem Vorbild haben die hier aber nichts gemeinsam. Überhaupt hat man hier das Gefühl, in einer Parallelwelt gelandet zu sein. Schon der Blick auf die Besetzung zeigt, dass man eine bewusst andere Richtung einschlagen wollte: Sämtliche Hauptfiguren sind dunkelhäutig. Weiße gibt es in dem Film praktisch keine. Und wenn doch, werden sie vorrangig erschossen oder ausgeraubt. Auch in den Städten haben Schwarze das Sagen, sind Marshalls, leiten Banken, besitzen Saloons.

Samuel macht daraus aber keinen Kommentar zu damaligen oder heutigen Situation. Naheliegende Themen wie Rassismus oder Selbstbehauptung spielen keine wirkliche Rolle. Stattdessen hetzt er in erster Linie die Leute aufeinander und genießt die gewaltsame Eskalation, die in einem ebenso obligatorischen wie völlig überzogenen Shootout endet. Wobei The Harder They Fall nicht allein ein Aufeinandertreffen von zwei bewaffneten Seiten ist. Es ist vor allem ein Aufeinandertreffen von großen Egos. Das betrifft nicht nur Love und Buck, die als Erzfeinde aufgebaut werden. Auch andere Paarungen kommen vor, von denen die zwischen Mary und Trudy wohl die spaßigste ist – auch weil beide Schauspielerinnen all in gehen.

Spielfreudig und detailverliebt

Überhaupt ist das Ensemble eine der großen Stärken des Films. Beide Seiten zelebrieren geradezu ihre Rollen, zelebrieren die jeweiligen Macken und Eigenheiten, bis zu gut gelaunten und gut gerüsteten Karikaturen werden. Und auch visuell ist The Harder They Fall ein Genuss. Das Ganze ist so detailverliebt und kunstvoll in Szene gesetzt, als würden wir in Wahrheit ein Bühnenstück sehen. Das reicht dann zwar nicht aus, um die komplette Laufzeit von fast 140 Minuten rechtfertigen zu können. Zwischendurch kommt es schon mal zu Längen, wenn der Film ein bisschen lange seine Vorbereitungen betreibt. Insgesamt stimmt aber der Unterhaltungsfaktor bei diesem Film, der das angestaubte Westerngenre auf eine ganz eigene Weise interpretiert.

Credits

OT: „The Harder They Fall“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Jeymes Samuel
Drehbuch: Jeymes Samuel, Boaz Yakin
Musik: Jeymes Samuel
Kamera: Mihai Mălaimare Jr.
Besetzung: Jonathan Majors, Idris Elba, Zazie Beetz, Regina King, Delroy Lindo, Lakeith Stanfield, RJ Cyler, Danielle Deadwyler, Edi Gathegi, Deon Cole

Bilder

Trailer

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The Harder They Fall
fazit
„The Harder They Fall“ zeigt zwei Banden von Gesetzlosen, die aufeinander Jagd machen. Der Film verzichtet auf jegliche Form historischer Korrektheit, ist lieber eine kunstvoll-überzogene Westerngroteske, die von großartigen Bildern und einem gut aufgelegten Ensemble leben, dabei aber mit der einen oder anderen Länge zu kämpfen hat.
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