Eigentlich hatte es der in Ungnade gefallene Polizist Frank Penny (Aaron Eckhart) gut gemeint, als er sich in einen Entführungsfall einmischt und den flüchtenden Verdächtigen stellt. Doch im Eifer des Gefechts erschießt er den Mann, womit auch jede Chance zunichtegemacht wird, das Entführungsopfer zu finden. Das ist auch deshalb unglücklich, da es sich beim besagten Opfer um die Tochter des Polizeichefs Volk (Giancarlo Esposito) handelt. Der ist außer sich vor Wut, da nur noch wenige Zeit bleibt, um das Mädchen noch zu retten. Penny, der schwer unter seinem Fauxpas leidet, macht sich daraufhin auf die Suche nach der Entführten und erhält dabei Unterstützung von der ambitionierten Vloggerin Ava (Courtney Eaton). Dabei muss er nicht nur gegen die Uhr ankämpfen, sondern auch gegen Dean (Ben McKenzie), der ebenfalls in die Entführung verwickelt ist …
Wo ist nur das entführte Kind?
Die einfachste Methode, um in einem Thriller Spannung zu erzeugen: Man lässt ein Kind entführen und droht dieses zu töten. Das funktioniert praktisch immer. Das Publikum muss noch nicht einmal selbst Eltern sein, um hier mitzufiebern, denn Wehrlose und Unschuldige zu bedrohen, das geht mal gar nicht. Ein solches Szenario ist natürlich irgendwo billig und auf dreiste Weise manipulativ. Aber es funktioniert. Bei 64 Minutes – Wettlauf gegen die Zeit begnügte man sich aber nicht mit diesem Standardszenario. Der auch als Live! – Wettlauf gegen die Zeit bekannte Actionthriller platziert das arme Mädchen auch noch in einem Wassertank, wo es in etwas mehr als einer Stunde ertrinken wird. Daher auch der deutsche Titel, welcher auf den Countdown verweist.
64 Minutes – Wettlauf gegen die Zeit wird damit mehr oder weniger in Echtzeit erzählt, wenn die Laufzeit des Films nicht sehr viel länger ist als die verbleibende Gnadenfrist. Das erhöht dann auch bei den Zuschauern und Zuschauerinnen den Druck und das Gefühl von Dringlichkeit. Man spürt hier vor dem Bildschirm, dass unbedingt etwas getan werden muss und dass von Minute zu Minute die Verzweiflung ansteigt. Die Rastlosigkeit wird durch das hohe Tempo noch weiter erhöht. Schon zu Beginn sieht man dabei zu, wie Aaron Eckhart (Olympus Has Fallen) durch die Gegend rennt, beim Versuch, den Täter zu schnappen. Und auch später, wenn mal keine Verfolgungsjagd ansteht, ist die Hektik groß. Nur nicht stehenbleiben heißt da die Devise.
Viel Kampf um nichts
Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Regisseur Steven C. Miller (Aggression Scale – Der Killer in dir, Arsenal) lässt kaum eine Atempause, weder den Figuren noch den Leute, die ihnen dabei zusehen. Gleichzeitig gelingt es ihm aber nicht, daraus auch eine tatsächliche Entwicklung zu machen. Anstatt beispielsweise eine Szene auf der vorangegangen aufzubauen, ist das hier eine Ansammlung von Schnappschüssen, die willkürlich zusammengeschnippelt wurden. Sie ergeben aber auch als Einzelmomente nicht sonderlich viel Sinn und dienen lediglich als Anlass für neue Actionszenen. Letztere können sich dabei schon sehen lassen, ohne jetzt irgendwie herauszuragen. Immerhin: Sie haben noch eine gesteigerte Körperlichkeit, was bei einem US-amerikanischen Actionfilm inzwischen keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Über weite Strecken erfüllt das hier dann alles seinen Zweck. Eigentlich hat 64 Minutes – Wettlauf gegen die Zeit alles für einen überzogenen, aber doch zumindest unterhaltsamen Genrevertreter. Nur hat er eben auch zwei entscheidende Mankos. Das erste betrifft den Sidekick Ava, eine selbstgerechte Nervensäge, die als Kontrast zum Protagonisten aufgebaut werden soll. Dabei wird die vor Plattitüden nur so strotzende Karikatur einer selbsternannten Journalistin so unerträglich, dass man aus Prinzip schon den Antagonisten anfeuern will. Das zweite Manko besteht darin, wie der Film zum Ende hin plötzlich das Tempo rausnimmt und auf einmal ganz auf ernst macht.
Das gute alte Trauma
Natürlich ist es nicht verwerflich, wenn im Actiongenre Figuren mehr Tiefe verleiht werden soll. Das würde ihnen oft nicht schaden. Wenn die einzige Idee aber darin besteht, mal wieder eine tragische bis traumatische Vorgeschichte hinzuzuspinnen, die sich genau im Finale bemerkbar macht, dann ist das ebenso billig wie die Entführung von Kindern. Da hätte schon deutlich mehr investiert werden müssen, um mehr als eine Retortenfigur zu erstellen. Am ehesten kann man sich das noch für Eckhart anschauen, der sich tapfer durch den Mist kämpft. Und auch McKenzie investiert einiges und scheint dabei sogar Spaß zu haben. Nur will sich der beim Zusehen nicht so ganz einstellen. 64 Minutes – Wettlauf gegen die Zeit ist letztendlich nicht mehr als einer dieser B-Movies, wie man sie ständig findet und bei denen man sich fragt, wie sich dieses Überangebot wirklich rentieren kann.
OT: „Line of Duty“
AT: „Live! – Wettlauf gegen die Zeit“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: Steven C. Miller
Drehbuch: Jeremy Drysdale
Musik: The Newton Brothers
Kamera: Brandon Cox
Besetzung: Aaron Eckhart, Courtney Eaton, Jessica Lu, Dina Meyer, Ben McKenzie, Giancarlo Esposito
https://www.youtube.com/watch?v=1JA_TKgFJ-o
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