The Heiress Die Erbin
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Die Erbin

Inhalt / Kritik

The Heiress Die Erbin
„Die Erbin“ // Deutschland-Start: 19. Mai 1950 (Kino) // 11. Juni 2020 (DVD/Blu-ray)

In New York gehört die Familie Sloper zu den angesehenen Kreisen, wird zu vielen Anlässen eingeladen und kann sich eines guten Rufes erfreuen. Dennoch ist das Verhältnis zwischen Catherine Sloper (Olivia de Havilland) und ihrem Vater, dem Chirurgen Austin Sloper (Ralph Richardson), eher angespannt. Besonders bekümmert Catherine aber, dass sie, trotz ihrer Bildung und ihres beträchtlichen Erbes, was ihr einmal zustehen wird, noch immer keinen Mann oder zumindest einen Verehrer gefunden hat. Auf der Hochzeitsfeier ihrer Cousine wendet sich jedoch das Blatt, als sie die Bekanntschaft mit Morris Townsend (Montgomery Clift) macht, einem Geschäftsmann, der viele Jahre in Europa verbracht hat. Beide scheinen bezaubert voneinander zu sein, und es dauert nicht lange, bis Morris das erste Mal in das luxuriöse Stadthaus am Washington Square eingeladen wird.

Während die Beziehung zwischen Morris und Catherine ernst wird und schon bald eine Verlobung ins Haus steht, stellt Austin eigene Nachforschungen bezüglich Herrn Townsend an, die schließlich seine Ahnungen bestätigen. Dieser ist nämlich nicht nur arbeitslos, sondern hat in Europa auch sein kleines Erbe verschleudert, sodass Sloper ihn verdächtigt, seine Tochter nur wegen ihres Geldes heiraten zu wollen.

Ein Allerweltskind

Als Regisseur William Wyler (Ben Hur, Wie klaut man eine Million?) am Broadway die Bühnenfassung von Henry James’ Roman Washington Square sah, soll sich sein Plan, die Geschichte zu verfilmen, gefestigt haben. Der Vorlage, wie vielen Werken des Autors, eilte der Ruf voraus, eigentlich unverfilmbar zu sein. Doch in der Bühnenfassung von Ruth und Augustus Goetz, die auch das Drehbuch zur Verfilmung schreiben sollte, sahen Wyler und Darstellerin Olivia de Havilland eine interessante Herangehensweise an den Stoff. Herausgekommen ist dabei eine Hollywood-Verfilmung, die, besonders was das Ende angeht, sich vom Roman emanzipiert, aber dennoch zumindest teilweise dessen Schärfe beibehält.

Wenn es in Henry James’ Romanen Figuren gibt, die leiden, so sind dies meistens die Frauen. Dies hat durchaus nichts mit einer entsprechenden Geisteshaltung des Schriftstellers zu tun, denn diese ist implementiert in der Gesellschaft, oder besser dem Teil, welchen er beschreibt, sowie der Zeit, in welcher Washington Square spielt. Die langen Beschreibungen von verschiedenen Anlässen, von Abendessen mit Freunden oder eben Feiern in der Familie, werden in Wylers Film zumindest stellenweise ersetzt durch die Innenaufnahmen eben jenes Hauses der Familie Sloper, welches in vielen Einstellungen eher einem Gefängnis gleicht, sowohl für Vater wie auch dessen Tochter. Die nüchtern-gemeine Erkenntnis, er habe eine „Allerweltskind“ zur Tochter mit einem naiv-einfachen Geist wird ersetzt durch das Minenspiel Ralph Richardsons, der mehr als einmal die Flucht sucht in seiner Arbeit oder in sein Büro, während Catherine alles versucht, um von ihrem Vater wahrgenommen zu werden und dabei gänzlich im Schatten der Mutter verschwindet.

Die Kälte im eigenen Herzen

Diese emotionale Vergletscherung ist eingebrannt in einer Gesellschaft, in der Status alles ist und in der man seine Emotionen lernen muss zu kontrollieren. Mit klinischer Beflissenheit und der für seinen Berufsstand obligatorischen Selbstsicherheit stellt Austin fest, was es über den Liebhaber seiner Tochter zu sagen gibt, lässt kein anderes Urteil oder eine alternative Schlussfolgerung zu, was freilich die Distanz zwischen ihm und Catherine noch größer macht und zu einem endgültigen Bruch führen kann. In zahlreichen, sorgfältig inszenierten Einstellungen zeigt Wyler, wie diese emotionale Kluft größer wird, lässt uns als Zuschauer im Zweifel über die Reinheit von Morris’ Motiven, zeigt aber auch jene Fragezeichen auf, die sich mit der neuen Generation ergeben, die ebenso in der Sorge um Status und Geld ihre Emotionalität vergisst und nur noch Kälte im Herzen spürt.

Neben den Bildern von Kameramann Leo Tover gehören nicht zuletzt die Kostüme Edith Heads, die für ihre Leistung mit dem Oscar geehrt wurde, erwähnt, sowie die Kulissen, welche diese Welt von Damals wiederauferstehen lassen und Die Erbin noch heute zu einem wichtigen Film machen.

Credits

OT: „The Heiress“
Land: USA
Jahr: 1949
Regie: William Wyler
Drehbuch: Ruth Goetz, Augustus Goetz
Vorlage: Henry James
Musik: Aaron Copland
Kamera: Leo Tover
Besetzung: Olivia de Havilland, Montgomery Clift, Ralph Richardson, Miriam Hopkins, Vanessa Brown, Betty Liney, Selena Royle

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1950 Bester Film Nominierung
Beste Regie William Wyler Nominierung
Beste Hauptdarstellerin Olivia de Havilland Sieg
Bester Nebendarsteller Ralph Richardson Nominierung
Beste Musik Aaron Copland Sieg
Beste Kamera (Schwarzweiß) Leo Tover Nominierung
Bestes Szenenbild (Schwarzweiß) John Meehan, Harry Horner, Emile Kuri Sieg
Beste Kostüme Edith Head, Gile Steele Sieg
Golden Globes 1950 Beste Regie William Wyler Nominierung
Beste Hauptdarstellerin Olivia de Havilland Sieg
Beste Nebendarstellerin Miriam Hopkins Nominierung

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„Die Erbin“ ist ein Drama über Statusdenken und emotionale Kälte. William Wyler gelingt eine Literaturverfilmung, die bis heute fasziniert und begeistert, wegen ihrer Schauspieler und ihrer Ausstattung.
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