In der Kinderbuchadaption Lauras Stern erzählt Joya Thome von dem Mädchen Laura, das gemeinsam mit seiner Familie in einer neuen Stadt zieht und sich mit der neuen Umgebung sehr schwer tut, bis es einen verletzten Stern findet und sich mit diesem anfreundet. Wir haben uns mit der Regisseurin bei der Premiere auf dem Filmfest München 2021 getroffen und sie in unserem Interview über die Arbeit an dem Film befragt.
Du hast mit Lauras Stern das bekannte Kinderbuch neu verfilmt. Was hat dich an dem Projekt gereizt?
Der Produzent Christian Becker kam mit der Idee und dem Stoff auf mich zu. Ich fand die Geschichte sehr schön und sehr universell, einerseits simpel und doch auch wieder groß. Mein erster Film Königin von Niendorf war im Vergleich deutlich kleiner. Aber es gibt auch diese Seite in mir, die diese großen Bilder total mag, wie damals in meiner Kindheit mit Harry Potter. Das habe ich so ein bisschen in Lauras Stern gesehen, mit den ganzen VFX, die wir verwenden würden, um damit große poetische Kinobilder zu erschaffen. Das hatte ich im Kopf und hatte Lust darauf es auszuprobieren. Diese Möglichkeit, zusammen mit der klaren Geschichte, die mich sehr bewegt und berührt hat, das war schon sehr reizvoll.
Kanntest du denn die Geschichte oder auch die früheren Adaptionen?
Tatsächlich nicht, nein. Die Marke Lauras Stern kannte ich natürlich schon und habe sie immer mal wieder irgendwo gesehen. Aber ich gehöre zur Generation, an der das so ein bisschen vorbeigegangen ist. Ich war schon ein bisschen zu alt für die Bücher, als sie herauskamen, und habe selbst keine Kinder. Deswegen wusste ich zwar schon von der Geschichte, kannte sie aber nicht wirklich und habe auch die Adaptionen nicht gesehen. Aber das fand ich ganz gut, weil ich so beim Lesen meine eigenen Bilder entwickeln konnte.
Und hast du das inzwischen nachgeholt?
Das erste Buch habe ich mir dann natürlich schon gekauft, um zu sehen, wo da so der Ursprung liegt. Und den Animationsfilme habe ich mir auch angeschaut. Was ansonsten danach in der Marke noch kam, hat mich nicht so sehr interessiert, weil ich die Originalgeschichte so berührend fand und einfach nicht mehr brauchte.
Hast du diesen Animationsfilm dann zur Inspiration genutzt? Kann man sich überhaupt davon wieder freimachen?
Es war schon der Wunsch, dass wir den Animationsfilm als Basis nehmen und als Realfilm übersetzen, ohne ihn zu sehr zu verändern. Aber das hat für mich ganz gut gepasst, weil ich die Geschichte gar nicht irgendwie größer machen oder irgendwelche Nebenhandlungen einführen wollte. Ich fand das so schon ganz gut, weil die Geschichte in der Form für mich rund war und gut funktioniert hat. Da musste nichts aufgebauscht oder irgendwie modernisiert werden. Das brauchte der Film einfach nicht.
Wie würdest du denn deine Erfahrung bei Lauras Stern im Vergleich zu Königin von Niendorf beschreiben. Du hast ja schon gemeint, dass dein neuer Film sehr viel größer ist.
Das Budget war natürlich im Vergleich enorm. Bei Königin von Niendorf ging es um 20.000 Euro, bei Lauras Stern waren es 6,5 Millionen Euro. Das ist ein völlig anderer Rahmen. Aber irgendwie sind die Erfahrungen doch ähnlich, da du dich von vornherein darauf einstellst, wie der Rahmen aussieht und womit du arbeiten kannst. Bei Königin von Niendorf wussten wir, dass wir mit dem Team zelten müssen und dass wir nur eine Kamera haben und ohne Licht arbeiten müssen. Bei Lauras Stern war dann klar, dass wir ein Studio haben und ganz viel bauen können. Aber auch da gab es Grenzen und wir mussten ständig evaluieren, was wir machen, was wir wie umsetzen oder was wir weglassen, weil es mit dem Budget nicht machbar gewesen wäre. Wir haben auch bei beiden Filmen bis kurz vor Dreh gezittert, ob wir das nötige Geld zusammenbekommen. Dieses Zittern ist also immer gleich, bei jedem Film. Beim Drehen selbst denkst du eh nicht darüber nach, wie groß oder klein dein Film ist. Du versuchst einfach, alles in dem Drehtag zu schaffen, was du dir vorgenommen hast, und bist ganz auf den Moment konzentriert. Da ist also immer Druck dabei, weil du das Beste aus allem herausholen willst, egal ob das jetzt ein No-Budget-Film oder eine große Studioproduktion ist.
Und wie war das für dich, eine Geschichte mit fantastischen Elementen zu erzählen? Bei Königin von Niendorf ging es noch darum, die Realität abzubilden.
Eigentlich ist Fantasy gar nicht so mein Ding. Aber das, was wir in Lauras Stern zeigen, ist ja schon die echte Welt. Es gibt nur dieses eine Element, was so fantastisch ist, und das ist dieser Stern, der lebendig ist. Ich mag das immer ganz gern, wenn Geschichten in unserer bekannten Welt spielen und es nur eine Sache gibt, die etwas anders ist. Wenn die eingebettet ist in den Alltag, dann finde ich das irgendwie cool. Eine ganz neue Welt, wie du es bei Fantasy oft hast, das wäre weniger meins.
Aber war das nicht schwierig beim Dreh, wenn ihr darin Elemente habt, die ihr in dem Moment nicht sehen könnt? Also der Stern, aber auch die Plüschtiere, die sich bewegen.
Das war schon eine technische Herausforderung. Wir hatten da einen Stern Operator, der die Lampe im Raum bewegt. Denn es gibt da eine Lichtinteraktion, die wir in echt drehen mussten. Wenn Laura den Stern anfasst, brauchten wir einen anderen Ersatz, damit sie wirklich etwas anfassen konnte. Es durfte aber nicht zu groß sein, weil wir den Stern später digital an dieser Stelle einsetzen mussten und das Objekt nichts verdecken durfte. Das war alles schon sehr technisch und aufwändig und wir mussten dafür Szenen in mehrere Teilabschnitte unterbrechen, die dann beim Schnitt zusammenpassen müssen. Das war nicht einfach. Es war außerdem eine Herausforderung für Emilia Kowalski, die sich vorstellen musste, dass der Stern wirklich lebendig ist. Was ganz funktioniert hat: Emilia hatte kurz vorher eine kleine Schwester bekommen und hat sich beim Dreh immer vorgestellt, dass der Stern ihre kleine Schwester ist.
Königin von Niendorf und Lauras Stern sind beides Kinderfilme. Wie kommt es, dass du ausgerechnet solche Filme drehst?
Das war etwas, was ich so nie bewusst entschieden habe. Das ist einfach so passiert. Vermutlich hängt das auch damit zusammen, dass ich gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeite und deren Geschichten erzähle. Ich kann mir aber auch vorstellen, einen Film nur für Erwachsene zu machen. Zum Teil habe ich das ja schon bei meinen Kurzfilmen.
Mit Kindern zu drehen, ist dabei schon noch etwas anderes. Wie schwierig war es denn, die passende Besetzung für Lauras Stern zu finden?
Das hat eine Weile gedauert. Wir haben schon ein paar Monate suchen müssen und haben ganz viele Kinder in ganz Deutschland gecastet. Es sollte ja ein wirklich sehr junger Cast sein: Laura ist sieben, ihr kleiner Bruder Tommy vier, Nachbarsjunge Max ist acht. Da musst du noch einmal anders rangehen als bei Zwölfjährigen, auch weil bei so kleinen Kindern viele noch nicht schauspielern. Wir sind da wirklich durch ganz Deutschland gefahren und haben Leute auf der Straße oder in Zoos angesprochen, ob sie nicht zum Casting kommen wollen. Am Ende hat uns Emilia dann am meisten überzeugt. Sie hatte eine solche Spielfreude und dieses Leuchten in den Augen, wenn sie den Stern gesehen hat. Sie ist außerdem sehr klug und hatte immer tolle Ideen.
Eine Fähigkeit des Sterns besteht darin, Dinge zum Leben zu erwecken. Wenn du diese Fähigkeit hättest, was würdest du dir aussuchen?
Gute Frage. Irgendetwas Praktisches sollte es sein. Ich fände es zum Beispiel toll, wenn mein Computer lebendig wäre und für mich E-Mails schreiben oder andere Dinge abarbeiten würde. Steuererklärung zum Beispiel. Dann müsste ich das nicht mehr machen und hätte zeit für etwas anderes.
Und wie sieht es mit deiner eigenen Arbeit aus? Welche Projekte stehen an?
Ich arbeite gerade an einem Dokumentarfilm über zwei Mädchen, die wir beim Aufwachsen porträtieren. Die eine lebt in Amerika, die andere in Deutschland. Beide sind verbunden durch Social Media, da eine YouTuberin ist und die andere ihre größter Fan. Und wir schauen, wie sich das so entwickelt und welchen Einfluss die eine auf die andere hat.
Vielen Dank für das Gespräch!
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