Microhabitat MUBI
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Microhabitat

Inhalt / Kritik

Microhabitat MUBI
„Microhabitat“ // Deutschland-Start: 25. November 2021 (MUBI)

In ihrer Jugend war Miso (Esom) Mitglied einer Band und eines Freundeskreises, der durch dick und dünn ging, sich viele Freiheiten nahm und sich vorgenommen hatte, einmal nicht so zu werden, wie die Erwachsenen um sie herum. Von diesen Zielen ist nicht mehr viel geblieben, was weniger am mangelnden Willen liegt, sondern am mangelnden Geld. Ihre Wohnung ist nicht viel mehr als ein schmales Zimmer ohne Heizung, in dem sie und ihr Freund Han-sol (Ahn Jae-hong), alles versuchen, um sich warm zu halten und davon träumen, einmal ein Haus zu haben. Davon sind die beiden aber meilenweit entfernt, denn mit dem Jahreswechsel nach 2014 werden nicht nur Misos heißgeliebte Zigaretten teurer, auch ihr Vermieter sieht sich gezwungen, ihr die Miete zu erhöhen. Schließlich zieht sie aus und macht sich auf, die Mitglieder ihrer ehemaligen Band aufzusuchen.

Auf ihrem Weg durch die Straßen Seouls, hin zu den Behausungen ihrer Freunde, bemerkt auch Miso, dass eine Familie und eine Karriere noch lange nicht glücklich machen. Wie Miso leiden auch sie an den steigenden Lebensunterhaltskosten, sodass sie bald einsieht, dass sie entweder selbst etwas von ihrem alten Leben aufgeben muss oder einen radikalen Schritt tun muss.

Die Kosten eines Lebens

Wie in vielen andern Metropolen der Welt sind auch im südkoreanischen Seoul die Lebensunterhaltskosten in den letzten Jahren enorm gestiegen, während die Löhne weitestgehend stagnierten. Die Entwicklung hat zu einer besorgniserregenden Wende in der Gesellschaft geführt, gerade im Zeitalter der Gentrifizierung, in der bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird, wie Regisseurin Jeon Go-woon (Persona) in Interviews zu ihrem Film Microhabitat erzählt. Die Mischung aus Komödie und Drama, welche unter anderem mit dem CGV Arthouse Award auf dem Busan International Film Festival 2017 ausgezeichnet wurde, erzählt von einem Leben, welches durch diese Entwicklungen auf die Probe gestellt wird, wobei es Lebensentwürfe und -träume geht, denen treu geblieben wird oder die aufgegeben werden.

Der Ausdruck Microhabitat bezieht sich auf Lebensräume kleiner Lebenswesen und kommt aus der Zoologie. Besieht man die Wohnungen Misos wie auch ihrer Jugendfreunde, kommt man nicht umhin eine gewisse Parallele festzustellen, die zum einen auf den tatsächlichen Wohnraum bezogen ist, doch zum anderen auf einen Raum, der mehr und mehr Gefängnis, wie es an einer Stelle heißt, gesehen wird. Wohnung oder vielmehr der Besitz einer solchen bedeutet eine Entscheidung für ein Leben und das Aufgeben des Alten, was eine Entwicklung ist, mit der viele der Menschen, denen Miso begegnet, nicht umgehen können. Dabei geht es weniger um eine Ballade für Träumer, denn die Geschichte, welche Jeon Go-woon erzählt, verliert nie die Bodenhaftung und zeigt die materiellen wie auch emotionalen Zwänge, die eine Person an einen Ort fesseln können.

„Ich habe viele Optionen.“

Besonders Schauspielerin Ewon in der Rolle als Miso bleibt ein ständiger Bezugspunkt für den Zuschauer. Ihre grauen Haare zeugen von jenem Frust und den ersten Entbehrungen, doch zugleich ist der Gang in die Whiskey-Bar um die Ecke und die gelegentliche Zigarette ein Zeugnis des Trotzes, der Individualität, was die junge Frau sich nicht nehmen lassen will. Die Darstellerin changiert in ihrem Schauspiel zwischen Träumerin, Trostspenderin und tragischer Heldin, die nicht einsehen will, dass ihre Träume in der Welt von Haushaltsbüchern, Mieterhöhung und Scheidungspapieren ernsthaft unter Beschuss stehen. „Ich habe viele Optionen“, sagt sie an einer Stelle, wobei man sich fragt, ob sie es damit ernst meint oder dies nur eine Art Trotzreaktion gegen die Welt ist.

Auch visuell vermag Microhabitat zu überzeugen, in erster Linie durch die für die Geschichte so wichtige Inszenierung von Räumen. Jeon Go-woon und Kameramann Kim Tae-soo betonen die Enge wie auch das metaphorische Gefängnis mancher Wohnungen, die für viele der Figuren zu einer Falle geworden sind, deren Gitter sie schon lange nicht mehr sehen.

Credits

OT: „So-gong-nyeo“
Land: Südkorea
Jahr: 2017
Regie: Go-woon Jeon
Drehbuch: Go-woon Jean
Musik: Hyun-jeong Kwun
Kamera: Tae-soo Kim
Besetzung: Esom, Jae-hong Ahn, Deok-moon Choi, Jae-hwa Kim, Gook-hee Kim, Sung-wook Lee

Trailer

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„Microhabitat“ ist eine gelungene Mischung aus Drama und Komödie. Jeon Go-woon vermag die richtige Mischung zwischen den zwei Genres zu finden, was zum einen am Ensemble des Filmes liegt und zum anderen an den Bildern von Kameramann Kim Tae-soo.
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