Nola Darling 1986 She's Gotta Have It

Nola Darling

Inhalt / Kritik

Nola Darling 1986 She's Gotta Have It
„Nola Darling“ // Deutschland-Start: 26. Februar 1987 (Kino)

Nola Darling (Tracy Camilla Johns) ist eine junge, afroamerikanische Künstlerin, die in Brooklyn lebt. Der gut situierte Jamie (Tommy Redmond Hicks), der Schönling Greer (John Canada Terrell) und der unreife Mars (Spike Lee) versuchen allesamt Nola für sich zu gewinnen. Nola aber schätzt an allen Unterschiedliches und will lieber ihre sexuelle Unabhängigkeit behalten. Es entwickeln sich Spannungen zwischen Nola und ihren Liebhabern.

Menschlicher Körper im Fokus

Der Film war 1986 an den US-Kinokassen ein großer Erfolg und spielte sein geringes Budget von etwa 185.000 US-Dollar um ein Vielfaches wieder ein. Viele Filmschaffende lobten den Film für seinen Umgang mit diesem geringen Budget. Und tatsächlich ist es wirklich beeindruckend, zu berücksichtigen, wie wenig der Film gekostet hat. Weitestgehend in Schwarz-Weiß inszeniert Spike Lee einen Film, der es durch Schnitte, Zooms und seine grundsätzlichen Einstellungen schafft, den menschlichen Körper in tiefe Schatten gehüllt, als Reizobjekt zu inszenieren. Außerdem bemerkenswert ist die Entscheidung, Figuren in vielen Momenten direkt in die Kamera schauen und sprechen zu lassen und das Ganze fließend in das Stilmittel der fiktiven Interviews mit den Figuren übergehen zu lassen. Dadurch schafft der Film eine faszinierende Wirkung zwischen Künstlichkeit und Realität.

Sozialer Wandel in Brooklyn

Spike Lees Debüt gilt erster Vertreter des New Black Cinema, obwohl Nola Darling eine passivere Studie der afroamerikanischen Kultur ist als viele weitere seiner Werke. Trotzdem richtet Lee auch hier einen interessanten Blick auf eine Minderheit, die sich auf einem Weg des sozialen Aufstiegs und Wandels befindet.

Hierbei sind insbesondere die Hauptfiguren zu nennen. Sie alle sind afroamerikanische Menschen, die auf die eine oder andere Art das prekäre Milieu verlassen haben und ihrer Vorstellung der persönlichen Freiheit nacheifern. Nola ist die freigeistige Künstlerin, Greer der klassische Yuppie, Mars lässt sich in die Hip-Hop-Szene verorten und Jamie ist der, der sich dem weißen Bürgertum am meisten angepasst hat. Natürlich sind sie alle mehr als die Stereotypen, die nur heroisiert oder kritisiert werden. Sie, ihre Eigenschaften und Widersprüche werden allesamt durchleuchtet und an ihren Beziehungen zueinander aufgezeigt.

Der Handlungsort Brooklyn und dessen Darstellung ist außerdem hervorzuheben. Immer wieder sind Fotos von verschiedenen Menschen in Orten Brooklyns wie der U-Bahn oder dem Fort Greene Park zu sehen. Dazu kommen viele Szenen, die auf den Straßen Brooklyns spielen und die Diversität des Viertels in den 1980ern widerspiegeln.

Die Figuren fungieren als Symbole der sich verändernden afroamerikanischen Kultur und verschiedener Ansätze dieser. Trotz der großen Experimentierfreudigkeit Spike Lees werden diese sehr geerdet, bedacht und vor allem implizit angesprochen. Der Film hält eine gewisse Ambivalenz der Ansätze offen. Trotzdem ist aber Nolas Ansatz, der den revolutionärsten darstellt und beispielsweise auch in Verbindung mit Malcom X gesetzt wird, der, den der Film als am fruchtbarsten inszeniert.

Sexuelle Selbstbestimmung

Zu erkennen ist das vor allem, wenn man die Thematisierung der sexuellen Selbstbestimmung Nolas bzw. der Frau betrachtet. Immer wieder kommen verschiedene Figuren zu Wort, die in fiktiven Interviews explizit ihre Meinung zu Nolas Verhalten kundtun. Dabei sind ihre Liebhaber und sie selbst, aber auch beispielsweise eine Gruppe nicht weiter benannter afroamerikanischer Frauen, die Nola vorwerfen, ihrer Rolle als Frau nicht nachzukommen, indem sie sich der Monogamie entziehe.

Gerade durch das Interviewformat bleibt man als Zuschauer*in dem Geschehen und seinen Figuren aber immer etwas fern und fungiert eher als beobachtende Instanz, als komplett in den Film gezogen zu werden. Nola wird dabei aber weitestgehend als verhaltensberechtigt inszeniert und der sexuellen Bestimmung eine positive Rolle zu gesprochen, wenngleich auch Nolas Verhalten nicht von Fehlern befreit ist. Dennoch ist der Film weit weniger radikal als andere Werke Spike Lees und wandert stellenweise in Richtung klassischer Romanze, ohne dass stringent auf ein Ziel hingearbeitet wird.

Man kann durchaus kritisieren, dass der Film in dieser Hinsicht nicht strikter und klarer ist. Spike Lee selbst hat 2014 in einem Interview gesagt, er würde heute einige Dinge in Nola Darling anders inszenieren, als er es 1986 getan hat. Dennoch kann man dem Film nicht aberkennen, was er für die Präsenz und Diskussionen des Themas sexueller Selbstbestimmung, gerade von Frauen und Minderheiten, getan hat.

Credits

OT: „She’s Gotta Have It“
Land: USA
Jahr: 1986
Regie: Spike Lee
Drehbuch: Spike Lee
Musik: Bill Lee
Kamera: Ernest R. Dickerson
Besetzung: Tracy Camilla Johns, Tommy Redmond Hicks, John Canada Terrell, Spike Lee, Raye Dowell

Trailer

Filmfeste

Cannes 1986
Locarno Film Festival 1986
Locarno Film Festival 2019

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"Nola Darling" weist aufregende audiovisuelle Elemente auf und weiß durch kreative Ideen gekonnt mit seinem geringen Budget umzugehen. Inhaltlich sticht vor allem die Diskussion um die weibliche sexuelle Selbstbestimmung heraus. Stellenweise wirkt es zwar so, als wisse der Film nicht ganz, wo er hinwolle, insgesamt ist "Nola Darling" allerdings ein beeindruckendes und höchst selbstbewusstes Debüt und ein wichtiger Meilenstein des afroamerikanischen Films und des US-Indie-Kinos.
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