Pretty Woman
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Pretty Woman

Inhalt / Kritik

Pretty Woman
„Pretty Woman“ // Deutschland-Start: 5. Juli 1990 (Kino) // 22. Juni 2006 (DVD)

Skrupel kennt Edward Lewis (Richard Gere) weniger, sei es im privaten oder im beruflichen Bereich. Seinen Lebensunterhalt verdient der Geschäftsmann damit, die Firmen anderer aufzukaufen, sie auseinanderzunehmen und die Einzelteile mit Gewinn wieder zu verkaufen. Seine Beziehung hat er gerade beendet, ganz einfach am Telefon, ohne viel dabei zu fühlen. Kurze Zeit später begegnet er der Prostituierten Vivian Ward (Julia Roberts), als er sich auf dem Weg zu einem Geschäftstreffen in Los Angeles verfährt. Zu seinem Glück kennt sie den Weg, ist bereit, ihn für ein wenig Geld dorthin zu fahren. Schnell findet Lewis Gefallen an der selbstbewussten Frau, die nicht auf den Mund gefallen ist. Und so engagiert er sie als Escort-Dame: Eine Woche lang soll sie ihn begleiten und sich als seine Freundin ausgeben. Das klappt ganz gut, nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten – bis sie nach und nach echte Gefühle füreinander entwickeln …

Eine märchenhafte Erfolgsgeschichte

Pretty Woman war sicher einer der großen Überraschungshits im Jahr 1990. Bei einem Budget von gerade mal 14 Millionen US-Dollar spielte der Film mehr als 450 Millionen wieder ein, ist bis heute in den USA die erfolgreichste Liebeskomödie aller Zeiten. Auch der Soundtrack wurde zu einem weltweiten Hit, ging millionenfach über die Ladentheken. Julia Roberts, die seinerzeit noch am Anfang ihrer Karriere stand, wurde über Nacht zum Star. Dabei waren die Kritiken – mehrere Nominierung für bedeutende Filmpreise wie den Oscar und den Golden Globe zum Trotz – eher durchwachsen. Die Geschichte um zwei Menschen mit komplett unterschiedlichen Hintergründen, ist einer dieser Filme, bei denen sich das Publikum in zwei Teile spaltet: Während die einen auf die schwachen bis fragwürdigen inhaltlichen Elemente verweisen, lassen sich die anderen umso lieber verzaubern.

Tatsächlich hat Pretty Woman sehr viel von einem Märchen. Immer wieder wird bei dem Film auf Gemeinsamkeiten mit Cinderella hingewiesen. In beiden Fällen geht es um eine junge hübsche Frau, die einem äußerst vermögenden Prinzen begegnet, der sie aus einem Leben der Nöte und der Armut befreit. Hier gibt es zwar keine Feen oder magische Kleider, welche einen Niemand zu einem Jemand machen. Kleider haben aber auch hier eine große Bedeutung, wenn sich Vivian mit seinem Geld ganz teuer einkleidet und dadurch auf einmal präsentabel wird. Das darf man als Kritik am Kapitalismus auffassen, an einer Welt, in der der schöne Schein mehr zählt als das, was dahinter ist. Das Problem ist nur: Der Film ist dabei ebenso oberflächlich wie die Leute, die er kritisieren möchte.

Hauptsache schön

Dabei war Pretty Woman anfänglich tatsächlich als Drama konzipiert, welches sich mit der Lebensrealität der eigenen Figuren auseinandersetzt. Davon blieb in dem finalen Film aber nicht mehr viel übrig. Stattdessen beschränkt man sich hier darauf, zwei Figuren zu zeigen, die jeweils mit ihren Gefühlen nicht klarkommen und niemanden an sich heranlassen wollen. Bis sie sich treffen. Denn wenn zwei der Liebe unfähige Leute zusammenkommen, springt am Ende zwangsläufig Liebe heraus. Zumindest wenn beide so attraktiv sind wie Richard Gere und Julia Roberts. Die sind dann auch das beste Argument, warum man sich diese Romanze anschauen kann. Vivian hat zudem etwas erfrischend Direktes, was im Kontrast zur steifen Welt von Edward steht.

Tatsächlich interessant sind die beiden Figuren aber nicht. Edward wird etwas plump zu einem Mann mit Vaterkomplex und Sehnsucht nach Liebe beschrieben, weshalb seine Tätigkeit als Heuschrecke nicht mehr so schlimm erscheinen soll. Vivian wiederum legt ebenso großen Wert auf Statussymbole, will diese schicke Welt, in die sie eingeführt wird. Das beißt sich mit dem Versuch, dass sie als etwas Echtes verkauft werden soll, als Alternative zum Schickimicki. Pretty Woman will den Kapitalismus und das Klassendenken kritisieren und ist dabei doch selbst fasziniert von dieser Welt. Eine tatsächlich Auseinandersetzung damit, was diese Welt mit uns macht, findet nicht statt. Dafür gibt es dann süßlichen Kitsch, streng nach Konvention, dazu eine dramatische Zuspitzung, bei der man mit den Augen rollen darf.

Spaßig und zynisch

Das bedeutet natürlich nicht, dass man hiermit nicht seinen Spaß haben kann. Es gibt einige amüsante Szenen. Außerdem tut es der Seele schon immer gut, wenn sich Leute aus unteren Kreisen auf einmal da oben bewegen, zum Entsetzen der arroganten Schnösel. Regisseur Garry Marshall (Mother’s Day: Liebe ist kein Kinderspiel) weiß da schon ganz gut, was funktioniert und worauf es der Zielgruppe ankommt. Wer hingegen mehr als das erwartet, der geht leer aus. Die ungewöhnliche Konstellation aus Geschäftsmann und Prostituierte ertrinkt in klebrigen Konventionen. Das darf man natürlich schön finden. Oder eben dreist: Pretty Woman ist eine recht zynische Anwendung bekannter Elemente, die ihren mangelnden Tiefgang als das Gegenteil verkaufen möchte. Romantik aus der Konservendose, aufgetischt als High Society Dinner, bei dem es mehr auf das richtige Besteck ankommt als auf die Frage, was man da eigentlich verzehrt.

Credits

OT: „Pretty Woman“
Land: USA
Jahr: 1990
Regie: Garry Marshall
Drehbuch: J. F. Lawton
Musik: James Newton Howard
Kamera: Charles Minsky
Besetzung: Richard Gere, Julia Roberts, Ralph Bellamy, Jason Alexander, Héctor Elizondo, Laura San Giacomo

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1991 Beste Hauptdarstellerin Julia Roberts Nominierung
BAFTA 1991 Bester Film Nominierung
Beste Hauptdarstellerin Julia Roberts Nominierung
Bestes Original-Drehbuch J.F. Lawton Nominierung
Beste Kostüme Marilyn Vance Nominierung
César 1991 Bester ausländischer Film Nominierung
Golden Globes 1991 Bester Film (Komödie oder Musical) Nominierung
Bester Hauptdarsteller (Komödie oder Musical) Richard Gere Nominierung
Beste Hauptdarstellerin (Komödie oder Musical) Julia Roberts Sieg
Bester Nebendarsteller Hector Elizondo Nominierung

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„Pretty Woman“ war seinerzeit ein gewaltiger Kassenerfolg. Dabei handelt es sich um eine recht zynische Liebeskomödie, die schamlos die Mechanismen des Genres bedient, sich aber anderweitig verkaufen will. Heraus kommt ein romantisches Märchen, von dem man sich verzaubern lassen darf, das aber ebenso oberflächlich ist wie die Welt, die es zu kritisieren vorgibt.
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