Es gibt zwei Dinge in seinem Leben, bei denen Oliver (Raff Law) richtig gut ist: Graffitis und Freerunning. Letzteres kommt ihm immer wieder zugute, wenn er mal wieder auf der Flucht vor der Polizei ist. Dabei trifft er eines Tages auf Dodge (Rita Ora) und Batesey (Franz Drameh), die sogleich von seinem Können beeindruckt sind. Mehr noch, sie bringen ihn zum Kunsthändler und Gangsterboss Fagin (Michael Caine), der sie in ihren waghalsigen Plan einweiht. Gemeinsam mit Red (Nancy Leigh) und Sikes (Lena Headey) wollen sie den Galeristen Crispin Losberne (David Walliams) bestehlen, der selbst keinerlei Skrupel hat beim Sammeln seiner Kunstwerke, und ein wertvolles Gemälde abnehmen. Und dabei können sie jemanden wie Twist und seine außergewöhnlichen Fähigkeiten gut gebrauchen. Doch dieser Plan wird auf eine schwierige Probe gestellt …
Ein Klassiker mal anders
Charles Dickens gilt als einer der größten Autoren der englischen Literaturgeschichte. Seine Beschreibungen der viktorianischen Gesellschaft trafen einen Nerv, wurden mit Lob überschüttet, dabei zugleich auch von den Massen gelesen. Während seine Romane und Kurzgeschichten bis heute noch gelesen werden, ist das mit Verfilmungen jedoch so eine Sache. Oft fühlen sich Filmschaffende dazu verpflichtet, die bekannten Stoffe auf irgendeine Weise für ein heutiges Publikum aufzubereiten. Große Erwartungen tat dies, in dem die Geschichte in die Neuzeit verlegt wurde. David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück fiel durch seine märchenhaft-skurrile Welt auf. Doch die größten Änderungen führte man wohl bei Twist durch, welches auf dem 1838 veröffentlichten und oft adaptierten Klassiker Oliver Twist basiert.
Nicht nur, dass auch dieser in die Gegenwart versetzt wurde. Auch beim Genre blieb nichts beim Alten. War die Variante von Dickens in erster Linie dramatisch, machte Regisseur und Co-Autor Martin Owen (The Intergalactic Adventures of Max Cloud) aus dem Stoff eine Art Heist Movie. Der geht mal mehr in Richtung Thriller, wenn die Diebesbande sich größten Gefahren aussetzt bei dem Versuch, an das wertvolle Bild zu kommen. Streckenweise ist Twist aber auch ein Actionfilm, wenn der Film auf die Freerunning-Talente seines Protagonisten setzt. Mit der Vorlage hat das natürlich nichts zu tun. Es hat aber auch nicht wirklich etwas mit der Geschichte um den Kunstraub zu tun. Warum Owen diese Passagen eingebaut hat, wird deshalb nie klar. Vermutlich setzte er darauf, dass das Ganze irgendwie cool aussieht.
Coolness mit nichts dahinter
Überhaupt stand Coolness wohl ganz oben auf der Prioritätenliste. Und Coolness wird hier als humorvoller Gangsterknatsch angesehen, ganz im Stil von Guy Ritchie. Tatsächlich hat man bei Twist zuweilen das Gefühl, es wäre den Beteiligten mehr um eine Hommage an den britischen Kultregisseur gegangen als um eine Adaption von Dickens’ Werk. Wer ein ebenso großer Fan von dessen Filmen ist, wie es offensichtlich bei Owen der Fall ist, der kann natürlich einen Blick riskieren. Es gibt überzogene Figuren, die gleichzeitig grotesk sind und sich dabei sehr ernst nehmen. Da wird viel gestrittenen und beschimpft, selbst in Szenen, bei denen es gar nicht wirklich Sinn ergibt. Und zwischendrin eben auch aktionistische Action-Szenen, die wie der Rest des Films einfach irgendwie zusammengeschnitten wurden.
Tatsächlich spannend ist das aber nicht. Der Humor ist zu bemüht, die Figuren sind langweilig. Allenfalls Michael Caine bringt ein wenig Persönlichkeit mit, tut dies aber mit eingeschaltetem Autopiloten. Vor allem der Heist Part enttäuscht. Wenn im Vorfeld angekündigt wird, dass ein Ort so schwer bewacht ist, dass sich niemand trauen würde dort einzubrechen, dann darf man als Zuschauer und Zuschauerin schon etwas erwarten. Twist begnügt sich aber mit einem derart simplen „Plan“, dass man sich gleich beraubt fühlt, diesmal der eigenen Zeit. Eine absolute Katastrophe mag das Ergebnis nicht sein, wohl aber ein unmotivierter Mischmasch, der weder der Vorlage gerecht wird, noch als selbstständiger Film überzeugt. Die Welt wäre nicht unbedingt ärmer ohne diese konzeptlose Adaption.
OT: „Twist“
Land: UK
Jahr: 2021
Regie: Martin Owen
Drehbuch: Sally Collett, Martin Owen, John Wrathall
Vorlage: Charles Dickens
Musik: Neil Athale
Kamera: Håvard Helle
Besetzung: Rafferty Law, Michael Caine, Lena Headey, Rita Ora, Noel Clarke, Franz Drameh, Sophie Simnett, David Walliams
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