Archive 81 Netflix
© Netflix/Quantrell D. Colbert

Archive 81 – Staffel 1

Inhalt / Kritik

Archive 81 Netflix
„Archive 81“ // Deutschland-Start: 14. Januar 2022 (Netflix)

Eigentlich klang der Job nicht übermäßig schwierig, den der Archivar Dan Turner (Mamoudou Athie) da erhält: Er soll eine Reihe beschädigter Videokassetten aus dem Jahr 1994 restaurieren. Nichts, was er nicht schon gemacht hätte und ihn daher groß fordern würde. Doch dabei handelt es sich nicht um irgendwelche ganz gewöhnlichen Videos, wie er bald feststellt. Vielmehr stammen sie von Melody Pendras (Dina Shihabi), die damals über das Leben im Visser-Apartmentgebäude berichten wollte, dabei aber unheimliche Entdeckungen machte. Durch seine Arbeit an den Kassetten erhält Dan nicht nur Einblicke in die Ereignisse und versucht nun selbst herauszufinden, was es mit der Sache auf sich hat. Er macht auf einmal selbst ganz eigenartige Erfahrungen und wird immer tiefer in die damalige Zeit hineingezogen …

Vom Hören zum Sehen

Wenn es darum geht, eine bekannte Vorlage für einen Film oder eine Serie zu finden, sind die Möglichkeiten nahezu endlos. Adaptionen von Romanen oder Theaterstücke gibt es natürlich zuhauf, gleiches gilt für Comics. Auch Videospiele werden immer mal wieder herangezogen bei der Suche nach einem lukrativen Publikum. Eine vergleichsweise neue und wenig genutzte Quelle sind Podcasts. Das mag auch damit zusammenhängen, dass der Wechsel von einer rein akustischen Geschichte hin zu einer visuell erzählten nicht immer ganz einfach ist. Klar, mit Krieg der Welten gibt es ein historisches Vorbild, wie so etwas funktionieren kann. Die Zahl aktueller Beispiele ist jedoch nach wie vor überschaubar. Mit der Netflix-Serie Archive 81 geht nun eine dieser Seltenheiten an den Start und zeigt, mit einigen Einschränkungen vielleicht, wie so etwas aussehen kann.

Wobei die auf dem gleichnamigen Podcast von Daniel Powell und Marc Sollinger basierende Produktion natürlich noch einmal ein kleiner Sonderfall ist. Schließlich geht es in der Geschichte um Videobänder und das, was darauf zu sehen ist. Das bietet sich klar für eine visuelle Ausgestaltung an. Tatsächlich kommen einem bei dem Thema zahlreiche Filme in den Sinn, die als Vergleich für Archive 81 dienen können. Da wäre zum einen der Found-Footage-Bereich, der mit Titeln wie The Blair Witch Project und Paranormal Activity riesige Erfolge feierte und einige Jahre lang das Horrorgenre dominierte. Aber auch Ring bietet sich als Referenz an, da in beiden Fällen die Videoaufnahmen nicht einfach Videoaufnahmen sind, sondern Türen zu einer anderen Welt darstellen – einer ziemlich furchteinflößenden Welt.

Zwischen Gegenwart und Vergangenheit

Ein Schocker ist Archive 81 hingegen kaum. Die gefürchteten Jump Scares kommen nicht zum Einsatz. Selten wir es so konkret, dass eine akute Gefahr besteht, zumindest für Dan. Stattdessen setzt die Serie mehr auf eine unheimliche Atmosphäre und einen großen Mystery-Faktor. So ist anfangs nicht klar, welche Videos der junge Mann da vor sich hat. Und je mehr er zusammensetzt und erfährt, umso mehr Fragen ergeben sich daraus. Es dauert schon ein paar Folgen, bis überhaupt klar wird, worum es hier eigentlich geht. Die Restaurierung führt dazu, dass beide Zeitebenen parallel geschehen und wir quasi live dabei sind, wenn Melody ihre ersten unheimlichen Entdeckungen macht. Obwohl das Ende vorgegeben ist, erfahren wir selbst erst zum Schluss, was genau da passiert ist. Ein Grund: Das ist alles gar nicht so fix, wie man meinen könnte. Vergangenheit und Gegenwart sind miteinander verbunden.

Das ist gleichzeitig ein wenig die Schwäche der von Rebecca Sonnenshine entwickelten Serie. Indem Archive 81 zwischen beiden Ebenen hin und her springt, dauert es erwartungsgemäß lange, bis es weitergeht. Hier ist das noch einmal verstärkt, da es niemand sonderlich eilig hat. Das Tempo ist schon recht gering, die Zuschauer und Zuschauerinnen sollten genügen Geduld mitbringen. Obwohl die Laufzeit nicht so lang ist – acht Folgen à durchschnittlich 50 Minuten –, hätte das schneller gehen können. Schlimmer ist, dass die Vergangenheit so gleichberechtigt neben der Gegenwart steht, dass sie gar nicht mehr wie eine solche wirkt. Die Serie ist eben keine typische Found-Footage-Angelegenheit, auch wenn sie das inhaltlich ist, und verpasst es daher, den beiden Ebenen eine eigene Identität zu geben. Nur hin und wieder sehen wir die Aufnahmen als solche.

Spannung für Geduldige

Aber auch wenn da zum Teil noch Luft nach oben gewesen wäre und einzelne Elemente der Geschichte schon etwas generisch sind, ist Archive 81 doch eine der spannenderen Horrorserien der letzten Zeit. Eine ganze Weile ist man recht neugierig, was als nächstes geschieht und ob es Dan gelingt, die Ereignisse zu beeinflussen. Auch das Ensemble trägt dazu bei, dass man hier, sofern man sich auf das geringe Tempo einlassen kann, doch einiges geboten bekommt. Wer also auf der Suche nach einem Genrevertreter ist, bei dem es stärker um die Atmosphäre geht und weniger um die Handlung, der sollte diese Serie einmal einschieben. Selbst wenn sie nicht ganz Binge-Stoff ist, übers Wochenende verteilt ist das eine schön unheimliche Ablenkung.

Credits

OT: „Archive 81“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Rebecca Thomas, Justin Benson, Aaron Moorhead, Haifaa Al Mansour
Drehbuch: Paul Harris Boardman, Rebecca Sonnenshine, Michael Narducci, Evan Bleiweiss, Bobak Esfarjani, Helen Leigh
Vorlage: Daniel Powell, Marc Sollinger
Musik: Ben Salisbury, Geoff Barrow
Kamera: Julie Kirkwood, Bobby Bukowski, Nathaniel Goodman
Besetzung: Mamoudou Athie, Dina Shihabi, Evan Jonigkeit, Julia Chan, Ariana Neal, Matt McGorry, Martin Donovan

Bilder

Trailer

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In „Archive 81“ soll ein Archivar alte Videos restaurieren und erfährt dadurch die unheimliche Geschichte der Filmemacherin. Das ist atmosphärisch und gut gespielt, erfordert aber einiges an Geduld: Das Tempo ist gering, oft passiert nicht wirklich was. Schade ist außerdem, dass die auf zwei Zeitebenen erzählte Serie es verpasst, den beiden Hälften eine eigene Identität zu geben.
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