Suzanne (Sara Forestier) und Maria (Adèle Haenel) sind nicht nur Schwestern, sondern auch beste Freundinnen, haben sich seit dem frühen Tod der Mutter gegenseitig immer wieder Halt gegeben. Als Suzanne mit gerade mal 17 Jahren Mutter wird, bringt das das Familiengefüge zwar kurz zum Wanken. Vor allem ihr Vater Nicolas (François Damiens), bei dem sie aufgewachsen sind, ist alles andere als glücklich über diese Entwicklung. Doch der Zusammenhalt bleibt selbst dann noch groß. Das ändert sich erst, als sie dem Kleinkriminellen Julien (Paul Hamy) begegnet und sich Hals über Kopf in diesen verliebt. Wo die junge Frau zuvor noch darum bemüht war, ihrem Leben eine Ordnung zu verleihen, herrscht fortan das Chaos. Sie verliert zunehmend die Kontrolle, was auch für den Rest der Familie zu einer großen Herausforderung wird …
Ein halbes Leben in 15 Minuten
Ein bisschen schwindlig darf einem zu Beginn von Die unerschütterliche Liebe der Suzanne schon werden, wenn im Schnelldurchlauf durch Jahre im Leben der Schwestern gerauscht wird. In der Zeit, in der man sich eine Pizza im Backofen warm macht, haben die beiden ihre Kindheit hinter sich gelassen, Suzanne ist schwanger geworden, hat ihr Kind bekommen, das Leben danach hat auch angefangen. Die eigentliche Geschichte kommt aber erst noch, als Julien ins Leben der Titelfigur tritt. Das was vorher hastig runtererzählt wurde, ist gewissermaßen nur die Vorbedingung. Dabei stehen die beiden Hälften eigentlich in keinem wirklichen Zusammenhang. Im Gegenteil: Die Begegnung mit dem Kleinkriminellen wird zu einem disruptiven Moment, nach dem alles aus den Fugen gerät.
Die Disruption macht aber nicht da Halt, dass Suzanne nicht mehr richtig weiß, wie ihr Leben weitergehen soll. Es führt auch dazu, dass man beim Film immer wieder vor dem Rätsel steht: Worum genau soll es eigentlich gehen? Der Titel Die unerschütterliche Liebe der Suzanne impliziert dabei, dass es in erster Linie die Gefühle der jungen Frau zu dem Mann sind, von dem alle wissen, wie schlecht sein Einfluss ist. Schließlich bleibt sie ihm treu, auch wenn er nur Unglück bringt. Sie verliert alles oder droht es zumindest zu verlieren und bleibt dennoch bei ihm. Das erinnert an Filme wie Wir werden nicht zusammen alt, die von toxischen Beziehungen erzählen. Von Frauen, die Männern hörig sind und mit ihnen durch gute, schlechte und noch schlechtere Zeiten gehen.
Die Suche nach Grenzen
Gleichzeitig verlagert Regisseurin und Co-Autorin Katell Quillévéré (Die Lebenden reparieren) aber auch immer wieder den Fokus zu den anderen Familienmitgliedern und ihrem Versuch, mit der Situation irgendwie umzugehen. Das betrifft gerade auch Suzannes Schwester Marie, die ihr die Treue hält, trotz des nicht immer einfachen Verhaltens der Protagonistin. So treu Suzanne ihrem Julien ergeben ist, so treu ist Marie ihrer Schwester gegenüber. Das ist beeindruckend und stellt zudem die Frage, wo man die Grenze setzt. Wie weit gehen familiäre Verpflichtungen? An welcher Stelle zieht man einen Schlussstrich? Zumindest als Zuschauer und Zuschauerin wird man hier schnell an eine Schmerzgrenze geraten, wenn Suzanne nicht nur ihr eigenes Leben versaut, sondern gerade auch das ihres kleinen Sohnes.
Das macht sie zu einer zum Teil nur schwer zu ertragenden Person. Aber auch zu einer faszinierenden: Die unerschütterliche Liebe der Suzanne überzeugt als stark gespieltes Drama über eine Familie, die sich von einer Krise zur nächsten hangelt und bei der man sich immer fragt, wann sie nun genau auseinanderbrechen wird. Immer wieder sind da intensive Szenen dabei, weshalb die diversen Schauspiel-Nominierungen beim César Filmpreis durchaus gerechtfertigt sind. Aber auch sie können nicht ganz dafür sorgen, dass man hier immer sagen kann, worum es Quillévéré eigentlich ging, die durch die Jahre reist und dabei so viel zu erzählen hat, dass am Ende nur wenig Konkretes zurückbleibt.
OT: „Suzanne“
Land: Frankreich
Jahr: 2013
Regie: Katell Quillévéré
Drehbuch: Katell Quillévéré, Mariette Désert
Musik: Verity Susman
Kamera: Tom Harari
Besetzung: Sara Forestier, François Damiens, Adèle Haenel, Paul Hamy, Lola Dueñas, Timothé Vom Dorp, Maxim Driesen, Jaime Da Cunha
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
César | 2014 | Beste Hauptdarstellerin | Sara Forestier | Nominierung |
Bester Nebendarsteller | François Damiens | Nominierung | ||
Beste Nebendarstellerin | Adèle Haenel | Sieg | ||
Bester Nachwuchsdarsteller | Paul Hamy | Nominierung | ||
Bestes Original-Drehbuch | Katell Quillévéré, Mariette Désert | Nominierung | ||
Prix Lumières | 2014 | Bester Nachwuchsdarsteller | Paul Hamy | Nominierung |
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