Die Wannseekonferenz ZDF TV Fernsehen
© ZDF/Julia Terjung/Mathias Bothor

Die Wannseekonferenz

Inhalt / Kritik

Die Wannseekonferenz
„Die Wannseekonferenz“ // Deutschland-Start: 24. Januar 2022 (ZDF) // 25. Februar 2022 (DVD)

Es ist ein besonderer Anlass, der die Männer im Januar 1942 zusammenführt. Unter der Leitung von Reinhard Heydrich (Philipp Hochmair) sollen die hochrangigen Mitglieder der Nationalsozialisten darüber entscheiden, wie in Zukunft mit den Juden verfahren werden soll. Dass die weg müssen, ist klar, so wurde es von Hitler befohlen. Und auch die Gruppe selbst ist der Überzeugung, dass diese Leute aus dem Weg geschafft gehören, um den Ariern endlich Platz zu machen. Während in der Hinsicht alle zu einem Großteil übereinstimmen, herrscht Uneinigkeit, wie das im Konkreten genau aussehen könnte. Wer soll dieses Projekt leiten? Was geschieht mit den Juden, die außerhalb Deutschlands leben? Und wie schafft man es, diese möglichst schnell und effizient zu töten? Schließlich sollen Schätzungen zufolge etwa elf Millionen Juden in Europa leben. Das muss gut geplant werden …

Die Geschichte eines unheilvollen Treffens

Filme zum Zweiten Weltkrieg und dem Dritten Reich hat es natürlich nicht zu knapp gegeben. Bis heute, viele Jahrzehnte später, werden jedes Jahr Dutzende Filme gedreht, die sich dieser finsteren Zeit der menschlichen Geschichte annehmen. Und doch haben bis heute Filmschaffende mit einem Problem zu kämpfen: Wie lässt sich das Grauen des Holocausts verdeutlichen? Schindlers Liste tat dies über den Umweg eines Mannes, der sein Leben aufs Spiel setzte, um das der anderen zu retten. Son of Saul wiederum nahm uns mit mitten in die Hölle, ließ uns in Echtzeit durch ein Konzentrationslager stolpern, aus dem es kein Entkommen gibt. Überhaupt werden gern einzelne Opfer genommen, um sie stellvertretend für die vielen anderen leiden zu lassen und auf diese Weise an das Emotionale im Publikum zu appellieren.

Die ZDF-Produktion Die Wannseekonferenz zeigt einen ganz anderen Weg. Wie der Titel bereits verrät, steht hier jenes unheilvolles Treffen im Mittelpunkt, bei dem die sogenannte Endlösung besprochen wurde: die Deportation der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und den anderen besetzten Ländern mit anschließender Vernichtung. Es wird auch tatsächlich nur das Treffen gezeigt. Der Film beginnt damit, wie die 15 Männer zusammenkommen, begleitet von einer Protokollantin. Er endet, wie sich die Gruppe wieder auflöst, die Teilnehmer zurück zu ihren jeweiligen Positionen kehrten, um das Besprochene umzusetzen oder zumindest voranzutreiben. Mehr geschieht nicht. Mehr wird auch nicht gezeigt. Von einigen kurzen Szenen abgesehen, etwa am Eingang der Villa oder in einem separaten Besprechungszimmer, zeigt der Film ausschließlich die u-förmig angerichteten Tische und die Menschen, die an diesen sitzen.

Ein Gespräch ohne Emotionen

Der nüchtern-dokumentarische Anspruch wird noch weiter verstärkt, indem auf jegliche Musik verzichtet wird. Bei einer Produktion des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hat das Seltenheitswert, wird dort Musik doch oft zu ungeniert manipulativen Zwecken missbraucht. Hier gibt es nichts dergleichen, auch keine andere Versuche der Emotionalisierung. Selbst große Streitgespräche findet man hier nicht. Zwischendurch knirscht es zwar mal, wenn da innerhalb der Gruppe um Hierarchien und Deutungshoheiten gerungen wird. An diesen Stellen treten auch einzelne Teilnehmer ein bisschen mehr in den Vordergrund als andere. Ansonsten verzichtet Die Wannseekonferenz aber auf nennenswerte Charakterisierungen. Zum Teil weiß man nicht einmal, wer die einzelnen Leute da sind.

Das klingt erst einmal nicht sonderlich aufregend. Doch was sich nach einer Schwäche anhört, ist die tatsächliche Stärke des von Matti Geschonneck (Das Verhör in der Nacht, In Zeiten des abnehmenden Lichts) inszenierten Historiendramas. Der Regisseur zeigt die wegweisende Diskussion als einen bürokratischen Akt, bei dem es nur darum geht, wie das Massenmorden am besten organisiert werden kann. Dazu gibt es dann Kaffee und kleine Lachshäppchen. In den Pausen wird über die Familie gesprochen, ein bisschen Smalltalk tut schließlich gut, wenn einem der Kopf raucht. Zu keiner Zeit wird hier spürbar, dass eines der größten Verbrechen der Menschlichkeit im Gange ist. Kurz schimmert zwischendurch doch mal etwas Humanes auf. Aber das sind Nebelkerzen, deren Effekt gleich wieder vorbei ist. Da warten noch andere Punkte auf der Tagesordnung.

Der Schrecken der Alltäglichkeit

Es ist diese Nüchternheit, die Betonung des rein Bürokratischen, welche dem Film seine große Wirkung verleiht. Die Wannseekonferenz zeigt auf, wie sehr die Juden bereits entmenschlicht waren, reduziert zu einer ansteckenden Krankheit, die ausgemerzt werden muss. Obwohl der Film so emotionslos gestaltet ist, geht er an die Nieren. Wenn beispielsweise die psychische Belastung der Soldaten thematisiert wird, die zu den Erschießungskommandos gehören, und wie unmoralisch es sei, ihnen das zuzumuten, dann weiß man nicht, was überwiegt: die Fassungslosigkeit oder die Wut. Begleitet von einer Dokumentation ist das Historiendrama nicht nur eine Aufarbeitung eines konkreten Ereignisses, sondern vor allem Demonstration der innerlichen Verrohung und Entfremdung vom eigenen Handeln. Der Mord wird zu einer Alltäglichkeit, als würde da gerade diskutiert, ob man den Kaffee lieber mit oder ohne Milch trinkt.

Credits

OT: „Die Wannseekonferenz“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Matti Geschonneck
Drehbuch: Magnus Vattrodt, Paul Mommertz
Kamera: Theo Bierkens
Besetzung: Philipp Hochmair, Johannes Allmayer, Maximilian Brückner, Matthias Bundschuh, Fabian Busch, Jakob Diehl, Lilli Fichtner, Godehard Giese, Peter Jordan, Arnd Klawitter, Frederic Linkemann, Sascha Nathan, Thomas Loibl, Rafael Stachowiak

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Die Wannseekonferenz
fazit
„Die Wannseekonferenz“ erzählt von der gleichnamigen Konferenz, bei der diskutiert wurde, wie sich die Endlösung am effizientesten und schnellsten umsetzen lässt. Der Film hinterlässt dabei gerade durch seine betonte Nüchternheit großen Eindruck, wenn der millionenfache Mord zu einem rein bürokratischen Akt wird, bei dem zwischendurch Smalltalk betrieben und gefrühstückt wird.
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