Egalite
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Égalité

Inhalt / Kritik

Egalite
„Égalité“ // Deutschland-Start: 13. Januar 2022 (Kino)

Es hätte eine reine Routine-Operation an der 14-jährigen Leila Aydin (Dunya Ramadan) sein sollen. Die Mandeln, was soll da schon groß schief gehen? Doch irgendwie klappt an dem Tag gar nichts. Immer wieder werden ihre Eltern Attila (Burak Yiğit) und Aya (Susana AbdulMajid) vertröstet. Obwohl ihre Tochter eigentlich längst im Aufwachraum sein sollte, müssen sie Stunden warten, ohne dass ihnen jemand sagt, was los ist. Als sie dann endlich doch zu ihr dürfen, der große Schock: Leila kann nichts mehr sehen. Ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt führt zu keinem Ergebnis, wutentbrannt stapft die Familie mit dem Mädchen davon. Als sich auch zu Hause keine Besserung einstellt und es den Eltern nicht gelingt, einen neuen Termin zu bekommen, wächst die Wut bei Attila immer mehr an …

Eine Eskalation aus dem Nichts

Offensichtlich hat Kida Khodr Ramadan inzwischen Gefallen daran gefunden, nicht nur andauernd vor, sondern auch hin und wieder mal hinter der Kamera zu stehen. 2018 erschien seine erste Regiearbeit Kanun, damals noch zusammen mit Til Obladen. 2020 folgte sein zweiter Film In Berlin wächst kein Orangenbaum, dieses Mal als Solo-Regisseur. Und auch bei Égalité, dem dritten Werk, ist er allein verantwortlich. Mehr noch, von ihm stammt auch die Idee zum Film. Dabei zeigt er wie schon bei seinen vorangegangenen Titeln ein Faible für die Verknüpfung von Drama und Genreanleihen, wenn ein ganz normaler Tag im Leben einer Familie zunehmend eskaliert und am Ende kein Stein mehr auf dem anderen steht.

Dabei wäre das größtenteils unnötig. Von Anfang an ist Égalité ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Menschen mit einfachsten Formen der Kommunikation überfordert sind. Das gilt wohlgemerkt für beide Seiten. Das Personal im Krankenhaus, welches die Eltern stundenlang warten lässt und sich nicht einmal darum bemüht etwas aufzuklären, bestätigt die schlimmsten Klischees, die man von einer solchen Einrichtung haben kann. Aber auch Familie Aydin ist nicht unbedingt ein Musterbeispiel dafür, wie Sprache sinnvoll eingesetzt werden kann. Anstatt das ruhige Gespräch zu suchen, zeigt gerade Attila früh einen ausgeprägten Hang zur Aggression. Ein Eindruck, der sich im Laufe des Films immer wieder bestätigt.

Alles Rassisten … oder nicht?

Tatsächlich nachvollziehbar ist das nur bedingt. Natürlich ist die Situation als solche ziemlich grausam für die Eltern, wenn das eigene Kind plötzlich nicht mehr sehen kann. Dennoch schimmert immer wieder durch, dass da ganz grundsätzlich etwas mit Attila nicht stimmt. Er zeigt despotische Neigungen gerade seiner Frau gegenüber, die er anfährt, sie solle sich nicht in die Erziehung seines Sohnes einmischen. Die entsprechende Szene ist auch anderweitig fragwürdig, wenn er dem Sohn etwas vorwirft, was er selbst danach tut. An anderen Stellen schreit er Leute abwechselnd an, sie sollen etwas sagen und sie sollen die Klappe halten – darunter auch ein Arzt, der gerade erklären will, was getan werden kann. Und dann wäre da noch der konstante Verdacht in Égalité, dass alle rassistisch sind. Zumindest empfindet es Attila so.

Als Thema ist das durchaus relevant und interessant. Exil erzählte vor zwei Jahren ebenfalls, wie ein Mann das Gefühl hat, rassistisch diskriminiert zu werden, und sich nach und nach immer mehr hineinsteigert. Während dort aber recht subtil mit der Ungewissheit gespielt wird, was an der Geschichte dran ist und was nicht, da liefert Égalité nicht den geringsten Anhaltspunkt, dass die Aydins tatsächlich benachteiligt werden. Dem Thema wird man auf diese Weise nicht gerecht. Wobei zum Teil nicht mal klar ist, was das Thema denn überhaupt sein soll, da der Film zunehmend unsinnig wird. Vermeintliche Wendungen und Zuspitzungen sind ebenso erratisch wie das Verhalten des Protagonisten. Zum Ende hin schießt man dann auch noch völlig über Ziel hinaus, wenn das Drama auf einmal ein Thriller sein will.

Immer feste drauf mit der Musik

Nicht dass Zurückhaltung zuvor eine Tugend des Films gewesen wäre. Der Genremix, der auf den Hofer Filmtagen 2021 Premiere feierte, setzt auf eine Musik, die derart aufdringlich ist, dass man den Eindruck hat, sie verfolge parodistische Zwecke. Offensichtlich ist sie aber ernst gemeint und soll dem Publikum bewusst machen, koste es, was es wolle, dass das hier alles ganz dramatisch ist. Das ist mindestens schade, weil in Égalité immer wieder Ansätze sind, die es wert gewesen wären, sie weiter zu vertiefen, anstatt sie derartig begraben zu wollen. Es ist auch ärgerlich, weil Ramadan offensichtlich dem Publikum nicht zutraut, eigene Schlüsse zu ziehen, und deshalb so richtig dick aufträgt. So aber ist man gezwungen, rund 80 Minuten mit Figuren zu verbringen, die zwischen nicht vorhanden und völlig unsympathisch schwanken. Wo solche Geschichten üblicherweise dazu animieren, mit den Figuren mitzufiebern, will man mit diesen möglichst wenig zu tun haben.

Credits

OT: „Égalité“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Kida Khodr Ramadan
Drehbuch: Constantin Lieb
Musik: Michael Beckmann, Thomas Stoewer
Kamera: Julian Landweer
Besetzung: Burak Yiğit, Susana AbdulMajid, Dunya Ramadan, Momo Mohamad Ramadan, Volker Meyer-Dabisch, Jean-Philippe Adabra

Bilder

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„Égalité“ erzählt von einem Mädchen, das nach einer Operation nicht mehr sehen kann, und den Reaktionen der Familie. Interessante Aspekte gibt es durchaus in dem Film. Sie wurden aber schlampig umgesetzt: Die Geschichte ist ebenso überzogen wie die völlig unsympathische Hauptfigur. Und als wäre das nicht schlimm genug gibt es ständig eine Musik, die so aufdringlich ist, als sei sie zu parodistischen Zwecken eingesetzt.
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