Es gibt Dinge im Leben, die sind für uns so alltäglich geworden, dass wir sie gar nicht mehr so wirklich wahrnehmen. Dazu zählt auch der Monobloc. Der Name wird vermutlich vielen nicht wirklich etwas sagen, gesehen haben wir ihn aber alle schon mal. Nicht wenige werden ihn auch benutzt haben oder gar selbst besitzen. Schließlich ist der in einem Stück gefertigte Plastikstuhl das meist verkaufte Möbelstück aller Zeit. Variationen desselben gibt es dabei nicht zu knapp. Sie können sich bei den Formendesigns unterscheiden. Und auch wenn die Version in Weiß ikonisch ist, grundsätzlich sind alle Farben möglich, schwarz oder grün, gelb oder blau. Gemeinsam ist den Stühlen dabei aber immer, neben dem Material und der Ein-Stück-Fertigung, dass sie so gestaltet sind, dass man sie übereinanderstapeln kann. Außerdem müssen sie billig sein.
Ein ungeliebter Verkaufsschlager
Das bringt natürlich nicht das beste Prestige mit sich. Tatsächlich kommen in Monobloc einige Leute zu Wort, die bei dem Thema nur mit der Nase rümpfen können. Wertlos, unstabil, eine Umweltkatastrophe – die Liste an Vorwürfen ist lang. Für Regisseur Hauke Wendler (Deportation Class) ist das aber kein Grund, sich nicht mit mal mit dem ebenso beliebten wie verschmähten Stuhl auseinanderzusetzen. Klar darf man sich hierbei als Zuschauer und Zuschauerin fragen: Was will man schon groß dazu sagen? Sinn und Zweck des Stuhls ist schließlich offensichtlich. Die Einsatzmöglichen sind bekannt. Die Herstellung dürfte wenig interessieren. Es ist nicht einmal so, dass das Design viel Anlass für Diskussionen liefern würde. Das klingt deshalb erst einmal nicht nach Stoff für einen Dokumentarfilm.
Tatsächlich hat Monobloc aber einiges zu erzählen. Der naheliegendste Aspekt stellt sich dabei gleich als der enttäuschendste heraus: Ausgerechnet über die Geschichte des Bestsellers erfährt man relativ wenig. Tatsächlich scheiterte Wendler zunächst daran, etwas über die Entstehung herauszufinden. Er besucht zwar in Italien eine Fabrik, in der schon früh solche Stühle hergestellt wurden. Aber es handelte sich um keine Erfindung der entsprechenden Betreiber. Der war irgendwo in Frankreich, hatte sein Werk aber nie patentiert, weshalb er weder den Reichtum, noch den Ruhm einheimste, der ihm zugestanden hätte. Später wird der Dokumentarfilm auf ihn eingehen, muss dabei jedoch auf Material zweiter Hand zurückgreifen, das ihm zur Verfügung gestellt wurde. In der Hinsicht darf man also nicht viel erwarten, der Informationsgehalt hält sich in Grenzen.
Ein Stuhl der unbegrenzten Möglichkeiten
Lohnenswert sind dafür die Passagen, in denen der Stuhl eine Daseinsberechtigung erhält. So werden sie beispielsweise als Grundlage für Rollstühle genutzt, die es Menschen in Afrika ermöglicht, sich wieder zu bewegen. „Echte“ Rollstühle wären dort keine Alternative gewesen, allein schon des finanziellen Faktors wegen. Überhaupt zeigt Monobloc, dass die Billigproduktion Leuten mit wenig Geld neue Möglichkeiten eröffnete. Kleine Imbissläden können sich auf diese Weise beispielsweise Sitzgelegenheiten leisten, die mit herkömmlichen Möglichkeiten nicht zu bezahlen gewesen wären. Das verpönte Stück Plastik wird so zu einem Weg, an der Gesellschaft teilzuhaben, selbst für eine Bevölkerung ohne große Mittel.
Die Verachtung, die manche Leute dem Stuhl entgegenbringen, stellt sich daher als unangebracht heraus. Wobei man sich darüber streiten kann, ob die hochtrabenden Schlüsse, die Wendler aus all dem zieht, nicht ebenfalls etwas übers Ziel hinausschießen. Den Monobloc zum Symbol dafür hochzustilisieren, dass die Welt nicht schwarzweiß ist, sondern aus lauter Grautönen besteht, ein bisschen übertrieben ist das schon. Dennoch ist der auf mehreren Filmfesten gezeigte Dokumentarfilm sehenswert. Die Mischung verschiedener Unterthemen, verbunden mit diversen persönlichen Geschichten, mag keinen wirklichen roten Faden haben, ist aber unterhaltsam und teilweise rührend. Selbst wenn man die Welt danach nicht mit anderen Augen sieht, zumindest dem Stuhl selbst wird man im Anschluss neu begegnen.
OT: „Monobloc“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Hauke Wendler
Drehbuch: Hauke Wendler
Kamera: Boris Mahlau
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