Nazijäger – Reise in die Finsternis TV Fernsehen ARD Das Erste

Nazijäger – Reise in die Finsternis

Inhalt / Kritik

Nazijäger – Reise in die Finsternis TV Fernsehen ARD Das Erste
„Nazijäger – Reise in die Finsternis“ // Deutschland-Start: 16. Januar 2022 (Das Erste)

September 1945: Der Zweite Weltkrieg hat ein Ende genommen. Doch die Aufarbeitung der Ereignisse hat gerade erst begonnen. Hanns Alexander (Robin Sondermann) und Anton Walter Freud (Franz Hartwig) gehören zu einer britischen Ermittlungseinheit, die in Norddeutschland nach Kriegsverbrechern sucht. Dabei geht es gerade auch um die unscheinbaren Leute, die bislang unentdeckt geblieben sind, aber ihren Anteil an den Gräueltaten der Nazis hatten. Darunter befinden sich beispielsweise Dr. Bruno Tesch (Thomas Lawinky), dessen Firma das Gift herstellte, mit denen die jüdischen Gefangenen in den KZs ermordet wurden. Aber auch Dr. Alfred Trzebinski (Patrick Güldenberg), der als Arzt im KZ arbeitete rückt in den Fokus ihrer Ermittlungen …

Die Suche nach den Schuldigen

Auch wenn der Zweite Weltkrieg inzwischen über 75 Jahre her ist, noch immer finden Prozesse statt, in denen Menschen beschuldigt werden, Teil der damaligen Verbrechen in den Konzentrationslagern gewesen zu sein. Das führt immer wieder zu Diskussionen. Ist es sinnvoll, irgendwelche Greise und Greisinnen noch dafür zu verurteilen, was sie als junge Menschen getan haben? Vor allem aber wird auch darum gestritten, wie weit die Schuld einzelner reicht. Hat jemand eine Teilschuld an den barbarischen Morden der Nazis, wenn er als Sekretärin Briefe geschrieben oder als Wache unbeteiligt am Rand stand? Hatten diese Leute eine wirkliche Möglichkeit, sich dieser Arbeit zu verweigern? In der ARD-Produktion Nazijäger – Reise in die Finsternis werden diese Fragen auch aufgeworfen, wenn wir einer Gruppe von Briten dabei zuschauen, wie sie die Verantwortlichen sucht.

Im Vergleich zu den strittigeren Fällen der Gegenwart ist die Sachlage hier relativ klar. Natürlich sehen sich auch in dem dreiteiligen Historiendrama nahezu alle Beschuldigten als unschuldig an. Wer gibt schon gerne zu, ein Mörder zu sein, was seinerzeit noch mit der Todesstrafe quittiert wurde? Teilweise scheint aber auch das tatsächliche Schuldbewusstsein zu fehlen. Man habe schließlich Befehle ausgeführt oder versucht, das Beste daraus zu machen. Diese Anflüge einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den eigenen Taten bleibt bei Nazijäger – Reise in die Finsternis jedoch an der Oberfläche. Darum geht es auch gar nicht. Stattdessen soll das Publikum bewegt werden von den Geschichten. Sollen sich an die vielen Opfer erinnern, vor allem an die 20 Kinder, die ermordet wurden.

Unschlüssig und oberflächlich

Nazijäger – Reise in die Finsternis wechselt zwischen den beiden Strängen hin und her: Auf der einen Seite die im Titel benannten Jäger und Jägerinnen, auf der anderen das Schicksal der Kinder. Beide Stränge treffen sich irgendwann. Dennoch funktioniert das Zusammenspiel nicht so recht, da auf diese Weise ein Fokus fehlt. Will man lieber die Arbeit derjenigen beleuchten, welche die Täter jagen? Oder interessiert man sich mehr für die Opfer und ihre Geschichten? Hier wurde beides versucht, was für einen Titel mit anderthalb Stunden Laufzeit dann doch ein bisschen viel ist. Der Raum reicht einfach nicht, um diese Aspekte irgendwie zu vertiefen. Das Konzept ermöglicht nur ein bisschen Kratzen an der Oberfläche. Es bleibt alles ein bisschen willkürlich.

Um das auszugleichen, setzt Regisseur und Co-Autor Raymond Ley (Die ALDI-Brüder) auf das Plakative. Da gibt es mal wieder aufdringliche Musik sowie hübsch dreckig zurechtgemachte Kinder, die dem Publikum daheim vor den Fernsehern Gefühle entlocken sollen. Diese Form der ungenierten Manipulation mag zynisch sein, ist aber in dem Bereich nicht unüblich. Sie erzielt meistens auch die beabsichtigte Wirkung. Wenn in Nazijäger – Reise in die Finsternis ein Junge davon träumt, die eigene Mama wiedersehen zu dürfen, während man selbst weiß, dass er dem Tode geweiht ist, dann braucht es nicht einmal das ganze verstärkende Drumherum. Es würde auch ohne dieses zu Herzen gehen. Gleiches gilt für die Gräueltaten.

Ein Dokudrama, das keines ist

Dass der Film gern ein bisschen dicker aufträgt, ist auch deshalb ein leichtes Ärgernis, weil er als Dokudrama verkauft wird. Tatsächlich beschränken sich die einzigen dokumentarischen Elemente auf Gespräche mit zwei Schwestern, die Auschwitz überlebt haben. Und selbst bei denen ist einiges inszeniert. Ansonsten wurde fleißig fiktionalisiert, wie auch offen zugegeben wird, was die Idee eines Dokudramas ad absurdum führt. Letzten Endes gelingt es Nazijäger – Reise in die Finsternis dadurch auch nicht, dem eigenen Thema gerecht zu werden. Man lernt nicht so viel, wie es wünschenswert gewesen wäre. Für eine rein auf Persönlichkeit ausgerichtete Geschichte zerfasert das zu sehr. Gerade wenn man dabei ist, die Leute ein bisschen kennenzulernen, ist alles schon wieder vorbei. So interessant einzelne Punkte hier auch sind, das Ergebnis ist nichts Halbes und nichts Ganzes.

Credits

OT: „Nazijäger – Reise in die Finsternis“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Raymond Ley
Drehbuch: Hannah Ley, Raymond Ley
Musik: Steffen Britzke
Kamera: Dirk Heuer
Besetzung: Franz Hartwig, Robin Sondermann, Konstantin Lindhorst, Patrick Güldenberg, Peter Sikorski, Nils Hohenhövel, Thomas Arnold, Werner Wölbern

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„Nazijäger – Reise in die Finsternis“ spielt unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und erzählt, wie eine britische Einheit nach versteckten Nazis sucht. Als Thema ist das interessant, das Ergebnis ist es weniger. So kann sich der dreiteilige Film nicht entscheiden, ob er den Jägern oder den Opfern folgen soll und bleibt so ziemlich an der Oberfläche. Dafür wird es streckenweise unnötig plakativ.
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