Aufregend ist das Leben von William Thacker (Hugh Grant) nicht gerade. Er führt eine mal mehr, oft weniger gut gehende Buchhandlung im Londoner Stadtviertel Notting Hill. Immer wieder kommen dort die eigenartigsten Leute vorbei, die er irgendwie zu beraten versucht, wenn sie nicht gerade versuchen ihn zu bestehlen. Doch dann betritt eines Tages der Hollywood-Star Anna Scott (Julia Roberts) seinen Laden, die gerade in der Stadt ist, um ihren neuen Film zu promoten. Als sie sich kurze Zeit später erneut über den Weg laufen, führt dies zu einem kleinen Missgeschick – aber auch einem ersten Kuss. Und so beschließen die beiden, sich später noch einmal wiederzusehen, dieses Mal verabredet. Einfach ist das aber nicht, denn das Leben einer solchen Berühmtheit ist kaum mit dem des einfachen Will zu vereinbaren …
Der romantische Star, der keiner sein wollte
Eigentlich hätte man erwarten sollen, dass Julia Roberts nach dem obszönen Erfolg von Pretty Woman zu einer Größe der romantischen Komödie aufsteigt. Irgendwie kam es dann aber doch erstmal anders. Im Anschluss an den Volltreffer drehte sie kaum Filme, die auch nur irgendwie mit Romantik zu tun haben. Und die wenigen, die sie drehte, gingen eher unter. Stattdessen folgten eine Reihe von Hits aus dem Genreumfeld wie etwa Der Feind in meinem Bett (1991) und Die Akte (1993) oder auch das Abenteuer Hook (1991). Erst Ende der 1990er widmete sie sich wieder der Verbindung aus Humor und große Gefühle und feierte damit erneut große Erfolge. My Best Friend’s Wedding (1997) spielte rund 300 Millionen US-Dollar ein – knapp das Achtfache des Budgets. Notting Hill (1999) lief sogar noch etwas besser und wurde zum erfolgreichsten britischen Film überhaupt.
Dabei ist die Geschichte um einen Filmstar und einen Buchhändler, die sich ineinander verlieben, eigentlich gar nichts Besonderes. Der Film macht nicht wirklich etwas, das man nicht schon bei vielen anderen Beispielen aus diesem Segment gesehen hat. Der in diesem Bereich sehr erfolgreiche Drehbuchautor Richard Curtis weiß, was das Zielpublikum solcher Filme will und hütet sich davor, auch nur irgendwo ein nennenswertes Risiko einzugehen. Entsprechend sollte man nicht an den Film herangehen in der Erwartung, dass dort vielleicht irgendetwas Neues oder Überraschendes geschieht. Darum geht es in Notting Hill nicht. Ab der ersten Begegnung der beiden so grundverschiedenen und doch klar füreinander bestimmten Figuren weiß man ungefähr, wie das Ganze ablaufen wird.
Seitenhiebe aufs Filmgeschäft
Ein kleines Alleinstellungsmerkmal ist hier allenfalls, dass ein großer Filmstar einen großen Filmstar spielt. Das bedeutet, dass sich die eine oder andere Parallele aufdrängt. Es gibt den einen oder anderen Seitenhieb auf diese Industrie. Aber auch die Schattenseiten spricht Curtis in seinem Drehbuch an, wenn Anna Scott von allen bewundert wird, gleichzeitig aber auch immer wieder Opfer schäbiger Handlungen ist und es ihr nicht gestattet wird, ein ganz normales Leben zu führen. So richtig in die Tiefe geht Notting Hill an der Stelle dann aber doch nicht. Der Film will schließlich unterhalten und sich deshalb nie zu weit von der sicheren Oberfläche fortbewegen. Die hässlichen Momente werden stattdessen nur zu einem Mittel zum Zweck, wenn auf diese Weise die obligatorischen Konflikte, die es bei Liebeskomödien immer hat, in die Geschichte geschrieben werden. Das Publikum soll ja zumindest den Eindruck haben, dass da zwei Leute um ihre Liebe kämpfen müssen.
Während an der Stelle doch einiges an Potenzial auf der Strecke bleibt, gefällt Notting Hill durch die Nebenfiguren. Die sind oft ein bisschen überzeichnet oder zumindest am skurrilen Ende der Charakterisierung. Am meisten in Erinnerung bleibt dabei natürlich Rhys Ifans (The King’s Man: The Beginning) in seiner Rolle des chaotischen Mitbewohners mit Vorliebe für komische Shirts und dicke Fettnäpfchen. Aber auch bei den anderen macht es Spaß, ihnen ein wenig Gesellschaft zu leisten. Die gemeinsamen Szenen des Freundeskreises liefern einige der Höhepunkte des Films, wenn sie sich gegenseitig etwas an den Kopf werfen, sich den Rücken stärken oder an der Aufgabe scheitern, einen Star in ihren Reihen aufzunehmen. Zumindest an diesen Stellen macht sich die enorme Kluft zwischen der Berühmtheit und dem Alltag bezahlt.
Mit Humor und Charme
Wobei sich Regisseur Roger Michell (Blackbird – Eine Familiengeschichte, Le Weekend) natürlich auch auf sein eigenes Star-Duo verlassen kann. Selbst wenn man sich darüber streiten kann, ob jemand, der wie Hugh Grant aussieht, als unscheinbarer Normalo durchgeht, so hat er doch die Rolle des leicht tollpatschigen Träumers perfektioniert. Wenn er sich in diversen Szenen irgendwie zu behaupten versucht, etwa an dem ungeplanten Pressetag, dann ist das schon lustig. Und auch das Herz bekommt einiges zu tun. Selbst wenn Notting Hill nicht wirklich an der Formel rüttelt und der große Erfolg vielleicht etwas überdimensioniert war: Der Film gehört schon zu den guten Liebeskomödien, weil er mit Humor und Charme punktet und eine gute Balance aus unterhaltsamen wie schönen Momenten bietet. Angenehm ist zudem, dass hier auf unnötige Schicksalsschläge verzichtet wird, mit denen dem Publikum oft Tiefgründigkeit vorgegaukelt werden soll. Die Figuren verhalten sich auch mal nicht völlig umständlich, um auf diese Weise das Unvermeidbare in die Länge zu ziehen.
OT: „Notting Hill“
Land: UK, USA
Jahr: 1999
Regie: Roger Michell
Drehbuch: Richard Curtis
Musik: Trevor Jones
Kamera: Michael Coulter
Besetzung: Julia Roberts, Hugh Grant, Hugh Bonneville, Emma Chambers, James Dreyfus, Rhys Ifans, Tim McInnerny, Gina McKee
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
BAFTA | 2000 | Bester britischer Film | Nominierung | |
Publikumspreis | Sieg | |||
Bester Nebendarsteller | Rhys Ifans | Nominierung | ||
Golden Globes | 2000 | Bester Film (Komödie oder Musical) | Nominierung | |
Bester Hauptdarsteller (Komödie oder Musical) | Hugh Grant | Nominierung | ||
Beste Hauptdarstellerin (Komödie oder Musical) | Julia Roberts | Nominierung |
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