Plötzlich aufs Land – Eine Tierärztin im Burgund Les Vétos
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Plötzlich aufs Land – Eine Tierärztin im Burgund

Inhalt / Kritik

Ploetzlich aufs Land
„Plötzlich aufs Land – Eine Tierärztin im Burgund“ // Deutschland-Start: 6. Januar 2022 (Kino) // 14. April 2022 (DVD)

Eigentlich weiß Alex (Noémie Schmidt) sehr genau, wie es mit ihrem Leben weitergehen soll. Sie will als Mikrobiologin forschen und auf diese Weise die Menschheit beim Bekämpfen von Krankheiten unterstützen. Doch dann kommt es anders. Eine Nachricht ihres Onkels Michel (Michel Jonasz) lockt sie wieder in ihre alte Heimat im Burgund. Vor Jahren war sie von dort weggezogen, hatte auch kein Bedürfnis danach zurückzukehren. In dem Glauben, dass es Michel schlecht geht, nimmt sie den weiten Weg dennoch auf sich, nur um kurze Zeit später festzustellen, dass das nur ein Trick war. Eigentlich will ihr Onkel nur in Rente, sie soll seine Nachfolgerin werden und die Tierarztpraxis übernehmen, die er mit Nico (Clovis Cornillac) betreibt. Am liebsten würde Alex daraufhin gleich wieder fortfahren. Dummerweise ist aber richtig viel zu tun und Nivo braucht dringend Hilfe …

Nicht zu ernst, bitte

Für einen Moment kann man bei Plötzlich aufs Land einen richtigen Schrecken bekommen. Da spricht doch Alex tatsächlich davon, dass bald eine Pandemie auf die Menschen zukommt und sie dabei helfen will, sich darauf vorzubereiten. Aber nein, der französische Film ist kein Kommentar auf die aktuelle Gesundheitslage, die auch zwei Jahre später nicht wirklich besser wird. Genauer wurde er schon vorher gedreht, hätte auch längst bei uns laufen sollen, musste aber mehrfach verschoben werden. Und auch sonst scheut man hier davor zurück, zu sehr ins Gesellschaftliche gehen zu wollen und das Publikum mit richtig ernsten Themen belasten zu wollen. Ansätze dazu gibt es zwar schon, sonderlich vertieft werden diese dabei aber nicht.

Stattdessen scheint Plötzlich aufs Land einer dieser Filme zu sein, bei denen ein arroganter Stadtmensch in die Provinz zieht, in der Regel erzwungenermaßen, nur um dann festzustellen, dass das Leben dort irgendwie doch ganz schön ist. Einen solchen Lernprozess macht auch Alex mit, die im Laufe ihres Aufenthalts in mehrfacher Hinsicht Veränderungen durchmacht. Der größte ist der, dass aus einer reinen Theoretikerin, die nichts mit Menschen anfangen kann – das zeigt eine frühe Szene mit einem Mitbewohner – eine praktisch orientierte Ärztin wird, der tatsächlich etwas an anderen liegt. Bei ihren ersten Einsätzen weiß man gar nicht, womit sie mehr überfordert ist: den Tieren oder den dazugehörigen Herrchen und Frauchen. Nach einer Weile ist sie aber durchaus in der Lage kräftig anzupacken.

Auf dem Land ist auch nicht alles toll

Interessant ist dabei, wie Julie Manoukian das altbekannte Stadt-vs-Land-Prinzip aufnimmt und zugleich abwandelt. So verzichtet die Französin, die nach mehreren Drehbüchern hier erstmals auch Regie führt, darauf, die Landbevölkerung allzu sehr zu idealisieren. Zwar wird in Plötzlich aufs Land schon einander geholfen, auf die eine oder andere Weise. Gleichzeitig tummeln sich dort aber auch Leute, die auf jegliche Form von Veränderung allergisch reagieren oder anderweitig der jungen Frau das Leben schwer machen. Ob das nun mit ihr als Person zu tun hat, sie symbolisch zum Feind gemacht wird oder grundsätzlich einfach jeder angeblafft wird, der in die Nähe kommt, bleibt dabei ein wenig offen. So wie diverse Fragen nicht abschließend beantwortet werden.

Das hängt auch mit einem Problem zusammen, welches den Film plagt. Es fehlt ein wenig ein klar zu erkennendes Konzept, was genau Manoukian da eigentlich erzählen will. Beispielsweise begegnet Alex während ihres Aufenthalts unzähligen Figuren, jede mit eigenen Tieren und eigenen Problemen. Zusammen ergeben die dann zwar ein Lokalkolorit. Die Einzelgeschichten enden jedoch oft sehr plötzlich, so als hätte man sie einfach vergessen. Und das gilt dann auch für die Themen, die Plötzlich aufs Land zwischendurch anschneidet. Einige davon sind persönlicher, andere etwas universeller, handeln beispielsweise von den Schwierigkeiten auf dem Land. Grundsätzlich ist alles möglich, so als sollte das Dorf zu einem Spiegelbild der Welt da draußen werden.

Flickenteppich mit prägnanten Stellen

Und dann wäre da ja auch noch die Vorgeschichte von Alex selbst, die früh ihre Mutter verloren hat. Inwieweit das zu ihrer anfänglich eher überschaubaren zwischenmenschlichen Kompetenz geführt hat, wird nicht ganz klar. Auch da wirft einem Plötzlich aufs Land eher Krümel vor. Das daraus entstandene schwierige Verhältnis zu ihrem Onkel hätte gleichermaßen ein wenig Vertiefung vertragen. Doch so sehr der Film ein Flickenteppich ist, in dem man alles sehen kann, was man will: Einige prägnante Stellen sind dann doch dabei. Außerdem schafft es die Schweizer Schauspielerin Noémie Schmidt (Unser Paris, Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse), ihre Figur zu einer Sympathieträgerin zu machen, die dennoch über die eine oder andere Ecke und Kante verfügt. Das reicht dann zusammengenommen, um die Komödie zu einem recht soliden Debüt für die Nachwuchsfilmemacherin werden zu lassen, auch wenn man ihr anmerkt, dass sie beim Schreiben mehr Erfahrungen mit dem seriellen Erzählen hat.

Credits

OT: „Les Vétos“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Julie Manoukian
Drehbuch: Julie Manoukian
Musik: Matei Bratescot
Kamera: Thierry Pouget
Besetzung: Clovis Cornillac, Noémie Schmidt, Carole Franck, Matthieu Sampeur, Juliane Lepoureau, Lilou Fogli, Christian Sinniger, Michel Jonasz

Bilder

Trailer

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Plötzlich aufs Land – Eine Tierärztin im Burgund
Fazit
„Plötzlich aufs Land“ folgt einer angehenden Pariser Mikrobiologin aufs Land, wo sie ungeplant erst einmal in der Tierarztpraxis ihres Onkels aushelfen muss. Das beginnt wie eine typische Stadt-Land-Komödie, bevor daraus ein Flickenteppich der unterschiedlichsten Figuren und Themen wird. Ein tatsächliches Konzept wäre wünschenswert gewesen, starke Stellen gibt es aber auch in dieser Fassung.
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