Eigentlich sind Paul (Dermot Mulroney) und Diane Stanton (Diane Kruger) sehr glücklich mit ihrem Leben. Wäre da nur nicht die Krankheit ihrer Tochter Chloe (Mia Stallard). Schon seit Längerem steht sie auf der Liste für eine Spenderlunge, bislang ohne Erfolg. Da erfährt Paul von einem Kollegen, der selbst ein Spenderorgan brauchte und dieses offensichtlich über andere Kanäle erhielt. Unter Druck gibt dieser zu, dass er es in Mexiko bekommen habe, was für Paul Grund genug ist, selbst sein Glück zu versuchen. Schließlich verschlechtert sich Chloes Zustand von Tag zu Tag, es bleibt ihnen nicht mehr viel Zeit. Vor Ort angekommen muss der Familienvater jedoch feststellen, dass das alles nicht so einfach ist, da niemand über diese Transplantationen sprechen mag …
Gemischte Gefühle
Die Filmografie von Baltasar Kormákur ist schon irgendwie faszinierend. Aber auch frustrierend. Während die Titel, die der isländische Regisseur in seiner Heimat dreht, oft sehr spannend sind, etwa das Thrillerdrama Der Eid oder die von ihm konzipierte Serie Katla, sind seine Ausflüge Richtung Hollywood meist weniger interessant. Das meiste dümpelt irgendwo im Mittelfeld herum, kann zwar mit bekannten Namen protzen, lässt inhaltlich aber zu wünschen übrig. Das gilt dann auch für Run for Her Life, der zweite englischsprachige Film in seinem Lebenslauf. Hierzulande waren die Erwartungen an diesen offensichtlich nicht die größten. Während die anderen Exil-Werke im Kino liefen, blieb hierfür nur eine Veröffentlichung fürs Heimkino – die zudem von den meisten ignoriert wurde.
Dabei greift Kormákur in dem auch unter dem Titel Inhale – Um jeden Atemzug bekannten Thriller ein durchaus relevantes Thema auf: Organhandel. Dass der Kollege von Paul sein Spenderherz nicht auf legalem Weg erhalten hat, daran gibt es schließlich keinen Zweifel. Sonst würde er sich nicht derart vor einer Antwort drücken. Für unseren Protagonisten ist das aber nicht zwangsläufig ein Problem. Fragen zur Legalität spielen nun einmal eine weniger gewichtige Rolle, wenn es darum geht, das eigene Kind zu retten. Dass Paul Anwalt ist und damit eigentlich in besonderer Weise dem Gesetz verpflichtet, ändert daran nichts. In einer Ausnahmesituation sind dann doch alle gleich, wie einem der Film vor Augen führt. Oder zumindest in Ansätzen gleich.
Wie weit würdest du gehen?
Tatsächlich erzählte der deutsche Film Das Leben meiner Tochter einige Jahre später eine doch sehr ähnliche Geschichte. Auch dort war es ein Vater, der ins Ausland geht, um das dringend benötigte Organ für die schwerkranke Tochter auftreiben zu können. Während dieser aus dem Stoff jedoch ein diskussionsfreudiges Drama machte, das vor lauter Mitteilungsbedürfnis die Lebendigkeit vergaß, da geht Run for Her Life in die entgegengesetzte Richtung. Schon der reißerische deutsche Titel zeigt auf, wohin die Reise geht: Der Thriller setzt auf großes Tempo und die Dringlichkeit. Das geht so weit, dass man schon erwartet, irgendwann würde ein Countdown eingeblendet, der die letzten Stunden bis zum Tod des Mädchens aufzeigt, vergleichbar zu den Bomben-Countdowns, die immer in letzter Sekunde gestoppt werden.
Ob das Thema auf eine solche Weise ausgeschlachtet werden sollte, darüber lässt sich streiten. Ein bisschen geschmacklos ist der Film schon. Aber selbst wer kein Problem damit hat, dass Run for Her Life auf fragwürdige Weise ein solches Thema zu nutzen versucht, findet hier keinen sonderlich sehenswerten Film. Hektik allein sorgt nicht zwangsläufig für Spannung. Dafür hätte der Thriller dann vielleicht doch mehr leisten müssen als die stereotypen Figuren, die hier herumwuseln, und die sehr umständliche Geschichte, die unnötige Hindernisse aufbaut. Es ist nicht einmal so, dass der B-Movie übermäßig überzeugend gespielt wäre. Gerade der monoton auftretende Dermot Mulroney (The Courier – Tödlicher Auftrag, Copykill) lässt da als leidender Vater einiges zu wünschen übrig.
Kontroverses Ende
Tatsächlich interessant wird es nur zum Ende hin, wenn der Film mal unangenehme Fragen stellt und sich nicht damit begnügt, sich dauernd im Kreis zu drehen. Wenn es nicht nur darum geht, ob etwas legal ist, sondern ob es richtig ist. Run for Her Life dürfte an der Stelle so manche vor den Kopf stoßen. Das liegt einerseits am Thema, andererseits aber auch daran, dass das ein wenig aus dem Nichts kommt. Das Drehbuch verpasste es, die Hauptfigur gut genug vorzubereiten und zu beschreiben, dass das Ende glaubwürdig ist. Da wollte man gleichzeitig richtig viel, ohne vorher Arbeit investieren zu wollen. Mit geringen Ansprüchen lässt sich der gesellschaftskritisch gebende Thriller schon konsumieren, um irgendwie anderthalb Stunden rumzukriegen. Aber er hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.
OT: „Inhale“
AT: „Inhale – Um jeden Atemzug“
Land: USA
Jahr: 2010
Regie: Baltasar Kormákur
Drehbuch: Walter A. Doty III, John Claflin
Musik: James Newton Howard
Kamera: Óttar Guðnason
Besetzung: Dermot Mulroney, Diane Kruger, Sam Shepard, Mia Stallard, Vincent Perez, Rosanna Arquette
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