TV/ Tatort: Kalter Engel
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Tatort: Kalter Engel

Inhalt / Kritik

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„Tatort: Kalter Engel“ // Deutschland-Start: 3. November 2013 (Das Erste)

Als am Ufer der Gera die Leiche einer Studentin gefunden wird, scheint der Fall klar zu sein: Frauenmörder Roman Darschner (Godehard Giese) hat mal wieder zugeschlagen. Die beiden Kriminalkommissare Henry Funck (Friedrich Mücke) und Maik Schaffert (Benjamin Kramme) haben diesen zwar kürzlich in einer halsbrecherischen Aktion dingfest gemacht. Offensichtlich aber zu spät für die junge Frau. Und doch, so ganz überzeugt sind die zwei nichts davon, dass tatsächlich Darschner dahintersteckt. Bei den Ermittlungen stellen Funck, Schaffert und Polizei-Praktikantin Johanna Grewel (Alina Levshin) fest, dass die Verstorbene einen recht luxuriösen Lebensstil pflegte, der nicht so ganz zum Studentendasein passte. Das hat seinen Grund: Ihre Mitbewohnerin Valerie Bultmann (Henriette Confurius) verrät ihnen, dass sie sich mit einem Escort-Service Geld dazu verdiente …

Der frühe Tod eines Ermittlerteams

Man hat beim Tatort ja manchmal den Eindruck, ein Engagement wäre eine Stelle auf Lebenszeit, Beamtentum und Pension inklusive. Während in den ersten Jahren die ARD-Krimireihe auch wegen der deutlich geringeren Frequenz der manche Ermittler recht schnell wieder in Ruhestand gingen, fühlt man sich sonntags inzwischen oft in einer Dauerschleife gefangen. So bringen es die Münchner Batic und Leitmayr und die Kölner Ballauf und Schenk auf jeweils über 80 Einsätze, Odenthal ermittelte bislang mehr als 70 Mal in Ludwigshafen. Die Ausgabe in Münster mit Thiel und Boerne feierte gerade den 40. Film. Ein Selbstläufer sind die Teams dann aber doch nicht, wie das Beispiel Funck, Schaffert und Grewel zeigt, das in Kalter Engel seinen Einstand gab. Gerade einmal zwei Auftritte waren dem Team aus Erfurt vergönnt, bevor es schon wieder aufgelöst wurde.

Maßgeblich daran schuld waren die Kritiken, die von verhalten bis verheerend ausfielen. Tatsächlich gibt es auch mit zeitlichem Abstand nicht viel Gutes über den 885. Teil der Reihe zu berichten. Dabei waren die Hoffnungen im Vorfeld groß. Nicht nur dass im Vorfeld lange nach einem passenden Konzept gesucht wurde, so richtig mit Ausschreibung und allem. Vor allem die Besetzung sollte dafür sorgen, dass Tatort: Kalter Engel sein Publikum findet. Genauer war es das Alter, mit dem der MDR seinerzeit zu punkten versuchte: Das jüngste Tatort-Team aller Zeiten wurde ins Rennen geschickt, wohl auch im Versuch, selbst eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Dieses wird dann gleich zu Beginn auch als sehr ungestüm inszeniert bei der sorglosen Jagd auf Darschner. Denn wer jung ist, hat es offensichtlich nicht so mit den Regeln.

Ein gutes Ensemble trifft grauenvolle Texte

Dem Ensemble kann man eigentlich auch keinen wirklichen Vorwurf machen. Tatsächlich kann Tatort: Kalter Engel auf versierte Schauspieler und Schauspielerinnen zurückgreifen, die sich in anderen Kontexten vielfach bewiesen haben. Aber auch die sind machtlos gegen die grauenvollen Texte, die ihnen Regisseur und Drehbuchautor Thomas Bohn (Tatort: Hetzjagd, Tatort: Unter Wölfen) da zur Verfügung stellt. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass hier so krampfhaft auf jung gemacht wird, als hätte man sich an einer Karikatur versucht, selbst in den „normalen“ Szenen darf man sich fragen: Hat einer der Beteiligten schon einmal mit richtigen Menschen gesprochen? Man könnte die Dialoge als hölzern beschreiben. Doch das wäre eine Beleidigung an jedes Holz, denn das hat wenigstens einen Nutzen. Bei den Worthülsen, die hier verschossen werden, hält sich die Nützlichkeit hingegen schwer in Grenzen. Die Figurenzeichnung ist nicht minder minderwertig: Da ist niemand dabei, den man gern wiedersehen würde.

Aber auch der Fall an sich gibt nicht wirklich viel her. Zwar baute Bohn ein paar falsche Fährten ein, die einen theoretisch beschäftigen könnten. Sonderlich ergiebig sind die aber nicht. Der dezent gesellschaftskritische Ansatz, dass Studenten sich mit Aufputschmitteln dopen, um irgendwie mithalten zu können, findet bis auf ein paar erstaunt „krasse“ Sprüche zu wenig Aufmerksamkeit und verpufft dadurch wirkungslos. Da auch die Actionszenen ungelenk inszeniert wurden, es an Lokalkolorit mangelt und die Auflösung banal ausfällt, ist Tatort: Kalter Engel leider tatsächlich so schlecht wie sein Ruf. Angesichts der großen Konkurrenz, intern wie extern, ist der frühzeitige Tod dieses Teams daher zu verschmerzen. Schade ist es lediglich um die beteiligten Schauspieler und Schauspielerinnen, die etwas Besseres in ihrer Filmografie verdient hätten als das hier.

Credits

OT: „Tatort: Kalter Engel“
Land: Deutschland
Jahr: 2013
Regie: Thomas Bohn
Drehbuch: Thomas Bohn
Musik: Matthias Lindblom, Anders Wollbeck, Michael Zlanabitnig
Kamera: Martin Schlecht
Besetzung: Friedrich Mücke, Benjamin Kramme, Alina Levshin, Kirsten Block, Henriette Henriette Confurius, Karoline Schuch, Florian Bartholomäi, Karl Kranzkowski, Godehard Giese

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In „Tatort: Kalter Engel“ wird eine Studentin ermordet aufgefunden. War es der Serienmörder? Oder hat ihre Tätigkeit als Escort Girl etwas damit zu tun? Der Fall selbst gibt nicht so wahnsinnig viel her. Was dem Krimi aber tatsächlich zum Verhängnis wird, sind die ungelenken Actionszenen und die grauenvollen Dialoge, gegen die das eigentlich talentierte Ensemble nicht ankommt.
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