
Eigentlich klang die Aufgabe recht einfach: Melanie Sommer (Anna Brüggemann) und Frank Schneider (Florian Duning) sollten bei einer lautstarken Feier lediglich für Ruhe sorgen. Doch am Ende ihres Einsatzes liegt die Polizistin schwer verletzt am Boden, ihr Kollege wurde sogar so brutal zusammengeschlagen, dass er seinen Verletzungen noch am Tatort erliegt. Als die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) in dem Fall ermitteln, treffen sie auf betroffene und wütende Kollegen und Kolleginnen. Vor allem Stefan Pohl (Max Simonischek), der Lebensgefährte des Verstorbenen, ist außer sich. Dessen Dienststellenleiter Bernd Schäfer (Götz Schubert) wiederum ist alles andere als begeistert, dass die beiden auch bei ihm und seinem Team nachfragen. Währenddessen wird nach dem vorbestraften Ben Theissen (Hauke Diekamp) gefahndet, dessen Familie das eigentlich leerstehende Haus gehört …
Die Polizei im Tatverdacht
„Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ heißt es an einer Stelle von Tatort: Kaputt. Damit soll die bekannte Kritik auf den Punkt gebracht werden, dass man sich bei der Polizei schützend vor Kollegen und Kolleginnen stellt, die Mist gebaut haben. Manchmal sogar auch ein bisschen mehr als das, Klüngelei und Strafvereitelung sind bei den Leuten, die eigentlich für die Durchsetzung von Gesetzen zuständig sind, keine Seltenheit – zumindest in Filmen. Gerade beim Tatort kommt es immer mal wieder vor, dass Polizisten und Polizistinnen selbst in Verdacht geraten. Handelt es sich dabei um Hauptfiguren, wie etwa bei Das Herz der Schlange und Alles kommt zurück, weiß das Publikum natürlich, dass das so nicht stimmt. Wen man jede Woche anfeuert, der kann nicht schuldig sein. Bei Gastfiguren sieht das schon anders aus, beispielsweise Die Kalten und die Toten, wo eine Polizistin regelmäßig die Taten ihres Sohnes vertuschte, im Wissen ihres Teams.
Bei Tatort: Kaputt, dem 1098. Teil der ARD-Krimireihe, spielt die Polizei ebenfalls eine eher zwielichtige Rolle. Wobei es hier dann doch mehr um das Verhältnis hinter den Kulissen geht. In einem von Machismo geprägten Beruf haben es diejenigen naturgemäß schwerer, die nicht Teil des Clubs sind. Frauen werden nicht ganz ernst genommen, schwule Männer offen diskriminiert. Es ist schon kein sehr schmeichelhaftes Bild, welches die Regisseurin und Drehbuchautorin Christine Hartmann (Tatort: Schichtwechsel) da von den Männern in Uniform zeichnet. Konzentriert wird das Ganze dann in der Figur Bernd Schäfer, quasi das Sinnbild für alles, was dort so schief geht. Da fehlt nur noch ein bisschen Rassismus, um die Dreifaltigkeit der Diskriminierung zusammenzubringen.
Viel Emotion bei mangelndem Fokus
Überhaupt ist die Figurenzeichnung nicht wirklich die beste. Dabei gibt es streng genommen gar nicht so wahnsinnig viele, zumindest wenn es um das kriminologische Potenzial geht. Wer das Einsatzduo so zugerichtet hat, geht kaum als Geheimnis durch. Als es zu einer Mordreihe kommt, ist die Zahl der möglichen Täter und Täterinnen ebenfalls sehr überschaubar. Wer Sonntag abends einschaltet, um möglichst viel grübeln und spekulieren zu können, der ist bei Tatort: Kaputt eher fehl am Platz. Für einen Whodunnit sind die Möglichkeiten einfach zu beschränkt, was auch damit zusammenhängt, dass Hartmann eine ganze Reihe von Themen und Nebensträngen einführt. Da bleibt nicht viel Zeit, um an dem eigentlichen Fall zu arbeiten.
Dennoch ist der Film insgesamt zumindest solide, sofern man weiß, worauf man sich einlässt. Tatort: Kaputt ist einer dieser Teile, die mehr mit der Tragik der Figuren beschäftigt sind als mit der Jagd auf einen Mörder. Ein paar spannendere Momente gibt es im Hinblick auf Letzteres zwar schon, zum Ende hin wird auch noch einmal die Intensität stark erhöht. Aber es ist dann doch mehr das Leid der Leute, welches im Mittelpunkt steht. Das ist auch ansprechend gespielt, gerade von Anna Brüggemann (Nö) in der Rolle der traumatisierten Polizistin. Wem es mehr auf die Emotionalität ankommt, dem wird also schon etwas geboten. Ansonsten ist der zuweilen recht plakative Krimi aber nicht mehr als Durchschnitt und leidet darunter, keinen wirklichen Fokus zu haben. Da wäre ein konzentrierteres Thema schon besser gewesen.
(Anzeige)