
Als in einem Dortmunder Gefängnis ein Insasse qualvoll stirbt, ist der Schock groß, schließlich ist die Todesursache Tollwut. Doch wie kann ein Mann, der seit Jahren hinter Gittern sitzt, sich mit dieser Krankheit angesteckt haben? Gefängnisarzt Jonas Zander (Thomas Arnold), der früher als Rechtsmediziner arbeitete, bittet daraufhin seine ehemaligen Kollegen Peter Faber (Jörg Hartmann), Martina Bönisch (Anna Schudt) und Nora Dalay (Aylin Tezel) um Hilfe. Denn eines scheint dabei klar zu sein: Es handelt sich nicht um einen Unfall. Vielmehr muss jemand gezielt das Virus ins Gefängnis geschleust haben. Zander hat dabei auch gleich einen Verdächtigen vor Augen, ist doch ausgerechnet Markus Graf (Florian Bartholomäi) Insasse in eben diesem Gefängnis. Der Serienmörder hat seinerzeit die Frau und die Tochter des Polizisten ermordet und freut sich bereits auf ein Wiedersehen …
Wiederbegegnung mit der Vergangenheit
Als Anfang 2018 Tatort: Tollwut ausgestrahlt wurde, bedeutete dies Rückblick und Neuanfang zugleich. Zum einen markierte der Film einen Abschied von Kommissar Kossik, der zuvor in Sturm schwer verletzt wurde. Mit dem aktuellen Fall hatte das dann weniger zu tun. Die Geschichte um eigenartige Gefängnisvorkommnisse baut in der Hinsicht nicht auf dem vorangegangenen Auftritt des Dortmunder Teams auf. Dennoch waren die Auswirkungen dieses Einschnitts zu spüren, vor allem das Verhältnis zwischen Faber und Dalay leidet hier sehr unter der Belastung. Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen den beiden Teammitgliedern. Vor allem Dalay sorgt kontinuierlich für Missmut und lässt keine Gelegenheit ungenutzt, ihren älteren Kollegen anzufeinden – auch in Situationen, bei denen das nicht so wirklich nachzuvollziehen ist.
Gleichzeitig nimmt der 1046. Teil der ARD-Krimireihe Tatort aber auch Bezug auf den Teil Auf ewig Dein, bei dem bereits die Figur des Markus Graf auftauchte, der mutmaßliche Mörder von Fabers Familie. Diese Wiederbegegnung ist natürlich brisant. Und sie ist dominant: Auch wenn die Todesfälle im Gefängnis die eigentliche Geschichte bilden, rücken sie in Tollwut immer wieder in den Hintergrund. Sehr viel mehr interessiert sich der Film für das Verhältnis der Figuren untereinander. Es ist nicht nur die besagte interne Krise des Teams, die immer wieder die Ermittlungen überlagert. Faber ist irgendwann so sehr von seinem Widersacher besessen, dass alles andere zur Nebensache wird. Darunter haben vor allem die anderen Figuren im Gefängnis zu leiden, die zwar an und für sich relevant sind, aber zu wenig Aufmerksamkeit erhalten.
Die Karikatur des Kultur-Killers
Der starke Fokus auf Graf ist aber nicht allein wegen der nicht immer ganz geglückten Balance wegen schwierig. Hinzu kommt, dass der Serienmörder kein übermäßig interessanter Charakter ist. Offensichtlich sollte hier im Stil von Das Schweigen der Lämmer ein kultivierter Killer gezeigt werden, der es versteht zu verführen und zu manipulieren. Stattdessen geht einem die Figur schnell auf die Nerven mit ihrer überzogen affektierten Art und Weise, die mehr einer Karikatur gleicht als einer wirklichen Persönlichkeit. Florian Bartholomäi mag in Krimis immer wieder gern als Bösewicht herangezogen werden. Im Vergleich aber beispielsweise zu Herz aus Eis, wo er es einem als skrupelloser Mörder tatsächlich eiskalt den Rücken hinunterlaufen ließ, ist das in Tatort: Tollwut zu sehr gewollt.
Dadurch hält sich auch die Spannung irgendwie in Grenzen. Obwohl der Schauplatz eines Gefängnisses eigentlich wie dafür gemacht ist, will sich das zu erwartende beklemmende Gefühl nie so wirklich einstellen. Eine längere Passage gibt es, in dem tatsächlich mal so etwas wie eine Gefahr entsteht. Regisseur Dror Zahavi (Polizeiruf 110: Hermann) ist hier der mit Abstand beste Teil seines Films gelungen, wenn auf einmal wirklich völlig unklar ist, wie es weitergeht. Aber das bleibt eben die Ausnahme. Tatort: Tollwut spielt zwar ausgiebig mit der Gefahr und will vom personifizierten Bösen erzählen, ist aber ansonsten eine wenig einladende Mischung aus nervigen und langweiligen Passagen, die zwar alle Folgen nach sich ziehen, für sich genommen aber kaum sehenswert sind.
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