The Dog Who Wouldnt Be Quiet

The Dog Who Wouldn’t Be Quiet

Inhalt / Kritik

The Dog Who Wouldnt Be Quiet
„The Dog Who Wouldn’t Be Quiet“ // Deutschland-Start: 21. Januar 2022 (MUBI)

Sebastian (Daniel Katz) verliert seinen Job und hält sich nun mit Aushilfsjobs über Wasser. Dabei begegnet er vielen verschiedenen Menschen und sieht sich mit deren Lebensweisen konfrontiert, weswegen auch Sebastian sich mit seinem Platz in der Welt befassen muss.

In der Ruhe liegt die Kraft

Diese Konfrontation mit sich selbst trägt Sebastian dabei praktisch nur in sich selbst aus. The Dog Who Wouldn’t Be Quiet ist ein Film, der das Gezeigte kaum kommentiert. Sehr langsam und mit nur wenigen Dialogen folgen wir Sebastian und sehen ihm zu. Wir sehen, dass er mit seinem Hund spielt, wen oder was er beobachtet oder dass er einfach nur für seine Mitmenschen da ist.

Grundsätzlich bietet der Film vor allem Subtext und lebt von seinen Bildern. Regisseurin Ana Katz greift hierbei auf ein unfassbar präzises und intimes Visual Storytelling zurück und schafft es so wirklich gut, Dingen durch ihre Bilddauer oder Bildfrequenz eine Konnotation zu geben. Das Ganze spiegelt sich in Sebastian wider, der vielmehr die Rolle einer beobachtenden Instanz als eines klassischen Protagonisten einnimmt.

Leistungsdruck und Dauerkonsum

Auch wenn der Film viele verschiedene Menschen zeigt und diverse Themen damit anspricht, lässt sich der Film relativ gut in zwei Kategorien einteilen, die Fragen darüber aufwerfen, wie unsere Gesellschaft eigentlich konstituiert ist. Die erste Kategorie zeigt dabei die Welt in ihrer normalen Funktionsweise. Aspekte von Leistungsdruck und Dauerkonsum stehen hier im Vordergrund. Ständig wird erwartet, dass wir Leistung erbringen, alles gibt es im Überangebot. Die wahre Schwierigkeit besteht darin, die schiere Menge zu bewältigen und sich von der Gesellschaft nicht verschlucken zu lassen. Einer Gesellschaft, die keinen Platz für Schwache hat und sich in ihrer Spitze immer weiter von sich selbst entfremdet.

Viele Szenen aus Sebastians Arbeitsalltag beschäftigen sich mit dieser Thematik. Auch der Titel des Films weist darauf hin. So verliert Sebastian seinen Beruf, weil er Probleme durch seinen Hund bekommt, der mit im Büro ist. Dass er den Hund überhaupt mitnimmt, liegt daran, dass seine Nachbarn sich beschweren, sein Hund sei während Sebastians Abwesenheit zu laut. Die Gesellschaft bietet Sebastian letztlich keinen Platz, seine Arbeit und seinen Hund koexistieren zu lassen. Entscheidend ist also nicht, dass ein Hund nicht ruhig ist, sondern was das für seinen Besitzer impliziert, nämlich der gesellschaftliche Abstieg. Entsprechend liebäugelt der Film auch mit Ideen wie Entschleunigung und dem gesellschaftlichen Ausstieg. So wird gerade visuell auf die Tristesse des Alltags gegen die friedvolle und freiheitliche Utopie des Ausstieges eingegangen.

Warum wir nicht aussteigen

Das Interessante ist, dass diese Ausstiegsutopie dabei trotzdem so hinterfragt wird wie auch die normale Funktionsweise unserer Welt. Der Film verweist nämlich auf die Werte und Gefühle, die uns im System halten, fast schon daran fesseln. Dabei romantisiert The Dog Who Wouldn’t Be Quiet aber keineswegs. Vielmehr stellt er das, was sich tief in uns, irgendwo zwischen Liebe und Gewohnheit, befindet, genauso als Lösung wie als Problem dar. Was bedeutet Liebe, was bedeutet Familie? Geben sie unserem Leben einen Sinn oder beschränken sie uns nur? Was ist ein Ablegen von sozialer Verantwortung und was ist ein Aufbegehren gegen systematische Ketten? Dabei lässt der Film die Frage offen, inwiefern wir in einem System gefangen sind, ohne das wir zur gleichen Zeit aber auch nicht leben können. Wir, das Publikum, sind es, die das für uns selbst beantworten müssen.

Eine zusätzliche Herausforderung zur Beantwortung dieser Fragen schafft The Dog Who Wouldn’t Be Quiet im dritten Akt, indem der Film ein an die Corona-Pandemie erinnerndes Setting einführt und alles Erarbeitete nochmal infrage stellt. Unsere Gesellschaft wurde durch die Pandemie vor eine große Belastungsprobe gestellt. Die gesellschaftliche Norm funktioniert nicht mehr. Sowohl unsere Leistungsgesellschaft als auch unsere Werte können nicht in klassischer Weise angewendet werden. Viele Probleme wie soziale Ungerechtigkeit haben sich nur verstärkt. Viele Verhaltensmuster haben sich gewandelt. Trotzdem geht unser Leben irgendwie weiter. Ana Katz und ihre Crew versuchen aufzuarbeiten, warum die meisten Menschen einfach immer weitermachen, ob das gut so ist und was die Alternativen sind. Dabei bietet der Film in seiner kurzen Laufzeit sehr viel Inhalt und kann in Teilen fast ein wenig unfokussiert wirken, gerade weil Sebastian die einzig beständige Figur ist und alles nur schwer nahbar sein kann.

Credits

OT: „El perro que no calla“
Land: Argentinien
Jahr: 2021
Regie: Ana Katz
Drehbuch: Gonzalo Delgado, Ana Katz
Kamera: Gustavo Biazzi, Fernando Blanc, Marcelo Lavintman, Joaquín Neira, Guillermo Nieto
Musik: Nicolás Villamil
Besetzung: Daniel Katz, Valeria Lois, Julieta Zylberberg, Lide Uranga, Raquel Bank, Carlos Portaluppi, Marcos Montes

Trailer

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„The Dog Who Wouldn’t Be Quiet“ ist ein zutiefst melancholischer Film über das Weitermachen, gewissen Problemen zu trotz. Auf ambivalente Weise wird gezeigt, was uns daran hindert einfach aufzuhören und auszusteigen. Dabei bleibt der Film sehr ruhig und nachdenklich und kann gerade durch sein subtiles Visual Storytelling überzeugen.
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