Pete „Maverick“ Mitchell (Tom Cruise) sieht das mit den Regeln oft nicht so eng. Und deshalb ignoriert der junge Kampfpilot bei einem Einsatz auch die Befehle und rettet gemeinsam mit seinem Waffensystemoffizier Nick „Goose“ Bradshaw (Anthony Edwards) lieber einen Kameraden. Damit sorgt er bei seinem Kommandanten zwar für Ärger. Dennoch werden die beiden im Anschluss zur Elite-Jagdflugschule United States Navy Fighter Weapons School geschickt, wo die beiden weiter ausgebildet werden sollen. Ärger gibt es aber auch dort mehr als genug, weil Maverick mit Vorliebe eigenmächtig handelt. Zudem kommt es in der Top Gun genannten Schule zu einer erbitterten Rivalität mit Tom „Iceman“ Kazanski (Val Kilmer). Dafür versteht er sich mit der zivilen Ausbilderin Charlotte „Charlie“ Blackwood (Kelly McGillis) umso besser, mit der er sich bald auch privat trifft …
Für ein bisschen Kriegsverherrlichung ist immer Platz
Eigentlich schien es so, dass nach den traumatischen Erfahrungen des Vietnamkrieges Hollywood das Interesse an großen Kriegsfilmen verloren hatte. Anders als nach dem Zweiten Weltkrieg, das den US-Amerikanern die Möglichkeit gab, sich als Helden zu inszenieren, waren weder die Rolle noch die Ergebnisse des mehrjährigen Krieges in Fernost sonderlich heroisch. Und so gab es in den 1970ern und 1980ern eine ganze Reihe bedeutender Antikriegsfilme, die davor warnten, sich wieder auf so etwas einzulassen. Ob Die durch die Hölle gehen (1978), Apocalypse Now (1979) oder Platoon (1986), sie alle zeigten den Schrecken des Krieges und welche Auswirkungen dieser auf die Menschen hat. Ganz offensichtlich war das Bedürfnis nach klassischer Hurra-Krieg-Unterhaltung bei der Bevölkerung aber trotz dieses Sinneswandels immer noch da. Denn so erfolgreich und hoch gelobt die obigen Titel waren, Top Gun (1986) bewegte sich in ganz anderen Sphären, spielte mehr ein als die gesamte Konkurrenz zusammen. Einem Budget von gerade mal 15 Millionen US-Dollar stand am Ende ein Einspielergebnis von mehr als 350 Millionen gegenüber.
Dabei gibt sich der Film Mühe, seinen Protagonisten eben nicht als traditionellen Helden darzustellen. Gleich zu Beginn lernen wir, dass Maverick kein typischer Soldat ist, der im Auftrag seines Landes alles tut. Er folgt seinem eigenen Kompass, tut das, was er für richtig hält. Idealisiert wird er aber trotzdem. Wie der deutsche Untertitel Sie fürchten weder Tod noch Teufel ankündigt, erzählt Top Gun von Männern an der Grenze vom Mut zur Waghalsigkeit. Die Hauptfigur soll cool, unkonventionell, unangepasst sein. Ein echter Kerl, zu dem andere Männer aufblicken können und dem die Frauen zu Füßen liegen. Am Ende kriegt er auch Charlotte, die eigentlich älter und erfahren ist, mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht und damit weniger für solche Kleinjungenfantasien empfänglich sein sollte. Hilft aber nichts. Maverick verfallen alle, abgesehen von den Männern, die in ihm einen Konkurrenten sehen oder – aus verständlichen Gründen – mit seinem mangelnden Respekt ihre Probleme haben.
Mitreißende Action, stereotype Figuren
Ein bisschen wird versucht, an dieser Hochglanz-Sonnenbrillen-Spiegelung zu kratzen, indem Maverick ein Vaterkomplex auf den Leib geschrieben wurde. Dieser war ebenfalls ein Flieger, verschwand eines Tages aber spurlos, was unserem Helden noch immer nahegeht. Dieses Geheimnis wird später gelöst, mit einer Mischung aus Heroisierung und Relativismus, wie sie in Top Gun ständig verbreitet wird. Ob eine Aktion richtig oder falsch ist, hängt davon ab, wer sie ausführt und was das Ergebnis ist. Im Film wird dadurch letztendlich alles ein Mittel zum Zweck. Selbst der Krieg dient letztendlich nur dazu, Maverick in Szene zu setzen. Das ist natürlich schon recht fragwürdig. Die oberflächliche und zugleich homoerotisch aufgeladene Verherrlichung des Militärs, bei der Kriege auf befremdliche Weise abstrahiert werden, wurde schon 1986 kritisiert. Dem Publikum war es egal.
Wer selbst zu dieser Abstraktion in der Lage ist und sich nicht an dem nicht mehr so wirklich zeitgemäßen Retro-Machismo stört, kann mit dem Film auch tatsächlich Spaß haben. Regisseur Tony Scott (Beverly Hills Cop II, Tage des Donners) mag mit menschlichen Figuren nicht sonderlich viel anfangen können. Die Figurenzeichnung ist zu dünn und stereotyp, um sie überhaupt als Figuren bezeichnen zu wollen. Die Dialoge des Drehbuchteams Jim Cash und Jack Epps Jr. (Dick Tracy) sind teils katastrophal. Ein Verständnis dafür, wie man Actionmomente in Szene setzt, wird Scott aber niemand absprechen wollen. Während er bei seinen späteren Filmen dazu neigte, mit übertriebener Hektik und selbstverliebten Stilspielereien übers Ziel hinauszuschießen und zu schnell zu ermüden, da sind die Luftauftritte in Top Gun auch 35 Jahre später noch immer mitreißend. Hier heißt es abheben und alles vergessen, was uns unten auf der Erde begegnet oder belasten kann. Typisches Kopfaus-Kino eben, das mit der Realität nicht viel zu tun hat – aber eben auch nicht haben soll.
OT: „Top Gun“
Land: USA
Jahr: 1986
Regie: Tony Scott
Drehbuch: Jim Cash, Jack Epps Jr.
Musik: Harold Faltermeyer
Kamera: Jeffrey L. Kimball
Besetzung: Tom Cruise, Kelly McGillis, Val Kilmer, Anthony Edwards, Tom Skerritt
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 1987 | Bestes Lied | Giorgio Moroder, Tom Whitlock | Sieg |
Bester Ton | Donald O. Mitchell, Kevin O’Connell, Rick Kline, William B. Kaplan | Nominierung | ||
Bester Schnitt | Billy Weber, Chris Lebenzon | Nominierung | ||
Beste Toneffekte | Cecelia Hall, George Watters II | Nominierung | ||
Golden Globes | 1987 | Beste Musik | Harold Faltermeyer | Nominierung |
Bestes Lied | Giorgio Moroder, Tom Whitlock | Sieg |
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