Verführung – Spiel mit dem Feuer Sovri Mne Pravdu
© capelight pictures

Verführung – Spiel mit dem Feuer

Inhalt / Kritik

Verfuehrung Spiel mit dem Feuer
„Verführung – Spiel mit dem Feuer“ // Deutschland-Start: 21. Januar 2022 (DVD/Blu-ray)

Ein namenloses, attraktives Paar (Darja Melnikowa und Jewgeni Romanzow) verbringt eine romantische Auszeit in Zweisamkeit in einem schönen, etwas abseits liegendem Haus. Die beiden sind vernarrt ineinander, können kaum die Finger von sich lassen und vertreiben sich die Zeit mit Rollenspielen, Alkohol und feinem Essen. Doch die Stimmung kippt, als die jüngere Schwester (Jelisaweta Kononowa) der Frau plötzlich auftaucht – auch sie will im Ferienhaus der Familie den Sommer genießen. Aber die Schwestern führen eine komplizierte Beziehung und sorgen für Anspannung in der Ferienidylle. Als die jüngere Schwester auch noch einen alten Bekannten (Pawel Prilutschny) mitbringt, gerät das komplexe Konstrukt endgültig aus dem Gleichgewicht. Es entfaltet sich ein dramatisches Spiel voller sexueller Anspannung, einer lauernden Vergangenheit und mindestens einer unerwartete Wendung.

Vorfreude ist die schönste Freude

Das russische Drama versteht es zu verwirren: auf das Logo-Intro folgt eine zufällig wirkende Sammlung von schnell geschnittenen Szenen. Ein Auto auf der Straße aus der Vogelperspektive, ein Mann am Steuer – ein Glas, das an einer Wand zerschellt. Inmitten der Scherben bildet sich der Schriftzug des deutschen Filmtitels in einer zufällig wirkenden Schriftart, wie man es in einer PowerPoint-Präsentation vorfinden könnte. So finden wir uns in der Küche des schönen Ferienhauses wieder und sind Zeugen eines erhitzten Streites. Neben Gläsern werfen sich die beiden Protagonisten schlimme Beschimpfungen an den Kopf – doch es entpuppt sich als wildes Vorspiel ihres Geschlechtsaktes, den sie auch nach verheißungsvoll lüsternen Blicken direkt auf dem Küchentresen vollziehen.

Das alles scheint nach einer nicht unüblichen Exposition klingen – und sie ist es auch, wenn man außen vorlässt, dass die zusammenhanglosen Schnipsel zu Anfang, die im Übrigen ein wenig wie das Intro zur neuen Bachelor-/Bachelorette-Staffel wirken, auch am Ende dieselbe Kontextlosigkeit innehalten. Aber wenn man den Verlauf der weiteren Handlung nach und nach kennenlernt, ist Sex und seine wilden, verbotenen Eigenschaften sicherlich das Leitthema dieses typisch russisch-dramatischen Stücks über attraktive, gelangweilte Menschen.

Tolle Ästhetik in Dauerschleife

Man fühlt sich wie in einem sanften Erotikfilm-Loop gefangen, wie ein Softporno, der keiner ist und auf Dauerschleife das sexuelle Vorspiel ins Rampenlicht stellt. Die vielen, übertrieben stylischen Outfits geben dem Ganzen noch einen Fotoshooting-Vibe und schon wüsste man – mit den platinblond gefärbten Haaren der Protagonistin und den harten macho-männlichen Gesichtszügen des Neuankömmlings – auch ohne russische Opening Credits, aus welchem Land dieser Film stammt. Zugegeben, der sonst bekannte oligarchisch-goldene Un-Charme ist einer moderneren Ästhetik mit kühlen, petrolblauen Farben und geschmackvoll-modischen Kleidern gewichen – doch spiegeln die Kristallgläser und fancy Tafelsilbergedecke weiterhin das traditionelle Muss wider, sich vom Plebs in einer gewissen Form abzuheben.

Diese Beschreibung mag nicht allzu angetan wirken und doch überzeugt in diesem Film vor allem die Ästhetik. Gerade die Außenaufnahmen im vom Sonnenlicht schimmernden Wald und leichter Tiefenunschärfe erzeugen einen stimmungsvollen Fiebertraum, der Zuschauerin wie auch Zuschauer in seinen sexgesteuerten Bann zieht. Wie auf einem Acid-Trip tanzt Hauptdarstellerin Darya Melnikova im luftigen Sommerkleidchen zur Musik durch den Wald – das kann sexy wirken, doch wenn man die von ihrer Schwester wild gesammelten Erdbeeren mit einberechnet, die in ihren Weingläsern langsam die Farbe verlieren, stimmt die Vermutung auf einen beginnenden, sich zur Musik räkelnden Fuchsbandwurm nachdenklich.

Ich gehe jetzt ins Bett

Beachtlich ist auch die gute Chemie der Darsteller, man kauft ihnen die Lust aufeinander wirklich ab. Insofern könnte man hinter diesem Film auch ein Werk von Terrence Malik vermuten: Hinreißende Ästhetik, glaubhafte und talentierte Darsteller und dichtes, dramatisches Sounddesign – und um noch eine weitere Ähnlichkeit zu nennen; ein leider schwaches, fiebrig-kraftloses Drehbuch ohne Story.

Das starke Sounddesign ist wirklich überzeugend und überaus packend, doch verleitet es Zuschauende dazu, hier mehr Thriller zu vermuten, als wirklich vorhanden ist. Der Soundtrack ist toll, doch wie für einen anderen Film geschrieben – einen mit mehr Suspense, wahrer Dramatik und erschütternder Tragödie mit leichten Spuren von Horror. Die Story lässt sich auch wunderbar mit dieser wiederkehrenden Aktion der schönen, platinblonden Lead Lady zusammenfassen: Man erfährt interessante, vielleicht beunruhigende Details, neue Erkenntnisse, die vielleicht für einen erweiterten Spannungsaufbau außerhalb von sexuell-motivierten Dramen sorgen könnten und ist schon mit der neugierigen Nase bis zum Fernsehbildschirm vorgedrungen – da verkündet die Dame: „Ich gehe jetzt ins Bett“. Ihr Lieblingsspruch, den sie mehrere Male völlig kontextlos präsentiert und die Dramaturgie, die im Übrigen, nachdem sie ins Bett gegangen ist, nicht weiter entwickelt wird – ist ja auch Schlafenszeit.

Credits

OT: „Sovri Mne Pravdu“
Land: Russland
Jahr: 2021
Regie: Sergei Luran
Drehbuch: Viktoria Ostrowskaja, Dmitri Magonow
Musik: Yennu Ariendra
Kamera: Anton Senkowitsch
Besetzung: Pawel Prilutschny, Darja Melnikowa, Jewgeni Romanzow, Jelisaweta Kononowa

Bilder

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Ein merkwürdig sexueller Film mit einer bescheidenen Handlung und einem mediokren „Twist“ in Richtung Ende. Viel ist dem nicht abzugewinnen, auch wenn man sich an der vollmundigen Ästhetik kaum sattsehen kann und der qualitativ hochwertigen Musik – sowohl komponierte Stücke als auch eigenstehende Songs – einen besseren Leinwandpartner gewünscht hätte . Ein Streifen mit eigenem Charakter und ansehnlichem Cast, der sich leider in der zwanghaft sexspielerischen Natur des Drehbuchs verlieren musste.
Leserwertung56 Bewertungen
4.9
4
von 10