Kommissar Overbeck (Roland Jankowsky) ist Feuer und Flamme. Er hat nur darauf gewartet, dass er endlich die neuen Erkenntnisse, die er in einem Online-Seminar in den USA erworben hat, auch in seinem Polizeialltag anwenden darf. Ganz oben auf seiner Liste ist ein professioneller Umgang mit DNA-Spuren. Als er sich einen ersten Fall schnappt, ein inzwischen zehn Jahre zurückliegender Mord, stellt er fest, dass diese Spur ausgerechnet zu Ekki Talkötter (Oliver Korittke) führt. Genauer muss er einen nahen Verwandten haben, der diesen Mord seinerzeit ausgeführt hat. Dumm nur: Ekki weiß gar nichts von einem Verwandten. Während er sich gemeinsam mit Georg Wilsberg (Leonard Lansink) auf die Suche nach Mister unbekannt macht, bleibt auch Overbeck nicht untätig, will er doch endlich seine Überlegenheit beweisen …
Zurück zu den Wurzeln
Wilsberg: Einer von uns war gleich in zweifacher Hinsicht anders als die vorangegangenen Teile der ZDF-Krimireihe. Nicht nur dass Patricia Meeden nach dem Ausstieg ihrer Kollegin Ina Paule Klink in deren Fußstapfen treten musste, was eine nicht ganz einfache oder dankbare Aufgabe ist. Der Film war auch durch das Setting etwas anders, spielte es doch ausschließlich in einem abgelegenen Landhaus, in dem ein Mörder sein Unwesen treibt. Das war unterhaltsam, kam aber nicht überall gut an. Tatsächlich hagelte es im Anschluss Kritik von den Fans, die damit so gar nichts anfangen konnten. Für die dürfte Gene lügen nicht, der inzwischen 74. Teil der Endlosreihe, wieder bekömmlicher sein. Denn hier heißt es zurück zu den Wurzeln. In mehrfacher Hinsicht.
Das ist zum Teil wörtlich zu verstehen, wenn der Film das Thema DNA für sich entdeckt. Vor allem für Ekki, der auf diese Weise unerwarteten Familienzuwachs erhält, bedeutet dies, sich mit seiner Herkunft auseinanderzusetzen. Damit nimmt sich Wilsberg: Gene lügen nicht wie schon zuvor Überwachen und belohnen und Aus heiterem Himmel des Themas technischer Möglichkeiten an, die gleichzeitig auch immer eine Gefahr bedeuten. Beim einen Titel war es das Prinzip des gläsernen Menschen, welches Anlass zur Kritik wurde. Beim anderen wurden Apps zum Drogenverkauf genommen. Im Gegensatz dazu ist die Untersuchung von Genen und Familienstammbäumen erst einmal nicht zwingend kriminell. Wäre da nicht diese eine Leiche, die hier ausnahmsweise recht spät auftaucht, würde vielleicht niemand merken, was hier gespielt wird.
Bewährtes mit geteilter Auflösung
Der Ablauf des Films entspricht dem Standard der Reihe. Während auf der einen Seite der Privatdetektiv und der Steuerbeamte mit nicht immer ganz regulären Methoden auf eigene Faust ermitteln, versucht parallel Overbeck sein Genie zu demonstrieren – was grundsätzlich nie klappt. Teilweise ist das ganz unterhaltsam, etwa wenn Wilsberg: Gene lügen nicht auf Goldfinger verweist. Inhaltlich passt das zwar gar nicht zusammen, nett anzusehen ist es trotzdem. Es wird aber insgesamt schon sehr auf das Bewährte gesetzt, wenn Regisseur Philipp Osthus (Nord bei Nordwest: Im Namen des Vaters) und Drehbuchautor Markus B. Altmeyer (Der Masuren-Krimi: Fryderyks Erbe) einfach die alten Tricks wiederholen, ohne ihnen neue Seiten abzugewinnen. Auch wenn Wilsberg zuletzt immer wieder mit der neuesten Technik zu tun hat, beim Aufbau der Geschichten zeigt man wenig Interesse an Entwicklung und Fortschritt.
Wer das nicht braucht, sondern auch Dutzende Filme später die alte Formel noch mag, der macht natürlich nicht richtig was falsch hier. Ein Höhepunkt ist das aber ebenso wenig. Der eigentlich sehr emotionale Aspekte der Geschichte, wenn Ekki einem Familienangehörigen gegenübersteht, wird gleichgültig weggeworfen. Die Auflösung selbst ist eine zweischneidige Angelegenheit: Während die Erklärung für den lange zurückliegenden Fall schon recht gemein ist, ist der aktuelle nur mäßig spannend. Da wird dann mal wieder mit Verschwörungsklischees gespielt, ohne daraus etwas Interessantes zu machen. Für den eher persönlichen Aspekt kann man sich Wilsberg: Gene lügen nicht anschauen. Beim Krimi selbst würde man nicht viel verpassen.
OT: „Wilsberg: Gene lügen nicht“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Philipp Osthus
Drehbuch: Markus B. Altmeyer
Musik: Stefan Hansen
Kamera: Daniel Bussmann
Besetzung: Leonard Lansink, Oliver Korittke, Patricia Meeden, Rita Russek, Roland Jankowsky, Janina Fautz, Sarah Alles, Dieter Landuris, Reiner Schöne, Anke Sevenich, Esther Schweins, Michael Ehnert
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