Als Sina Leuthold (Thekla Hartmann) während eines Praktikums in der Apotheke eines Abends allein ist und den Stammkunden Reto Zanger (Robert Hunger-Bühler) hineinlässt, ahnt sie nicht, was sie damit anrichten wird. Denn kurze Zeit später stürmt ein Räuber hinein und nimmt eine Reihe teurer Medikamente an sich. Apotheker Siebert (Filip Peeters) kündigt der Praktikantin anschließend wegen ihres Fehlverhaltens, da sie gleich gegen mehrere Vereinbarungen verstoßen hat. Diese will das aber nicht so einfach auf sich sitzen lassen, da sie das Praktikum dringend braucht. Daraufhin übernimmt Thomas Borchert (Christian Kohlund) die Verteidigung vor Gericht. Die Verhandlung läuft dabei jedoch nicht so wie gedacht, denn dabei kommt heraus, dass an der Geschichte mehr dran ist …
Und plötzlich ein Ermittler …
Dass in einem Krimi Anwälte die Hauptrolle spielt, ist keine ganz neue Erfindung. Immer mal wieder haben sie sich in Filmen und Serien in die Ermittlungen eingeschaltet, in der Hoffnung, selbst Spuren zu finden, welche ihnen vor Gericht helfen können. Die ARD-Krimireihe Der Zürich-Krimi geht da gern noch mal einen Schritt weiter und verzichtet auf die Sache mit dem Gericht. Dann und wann geht es zwar schon noch darum, dass Borchert in seiner Funktion als Anwalt auftritt. Bei Borchert und die Zeit zu sterben will er seine unter Mordverdacht stehende Mandantin verteidigen. Oft scherte man sich aber nicht sonderlich darum, ob seine Ermittlerarbeit mit seinem Beruf zusammenhängt oder ob er einfach nur gerade da war. Beim letzten Auftritt Borchert und der verlorene Sohn wurde aus seiner Arbeit an einem Ehevertrag plötzlich ein Entführungsfall, bei dem er ermittelt.
Einen ähnlich gewagten Schritt erwartet das Publikum bei Der Zürich-Krimi: Borchert und die bittere Medizin, dem 14. Teil der Reihe. Dass es hier zunächst um die Verteidigung einer gekündigten Praktikantin geht, ist natürlich nur ein Vorwand. Die erfahrenen Zuschauer und Zuschauerinnen ahnen schnell, dass der kurze Ausflug ans Gericht nur der Auftakt für eine Verbrecherjagd sein wird. Wo im einen Moment noch argumentiert wird, ob die Entlassung rechtens war, geht es im nächsten darum herauszufinden, wer dieser Räuber gewesen ist. Das an und für sich moralisch interessante Problem der Geschichte – jemand will helfen und soll dafür bestraft werden, ausgerechnet von demjenigen, dem sie helfen wollte –, spielt dann keine Rolle mehr. Mit juristischer Arbeit hat das dann weniger zu tun.
Das Geheimnis der fehlenden Spannung
Das ist schade, weil der interessanteste Aspekt des Films damit vorzeitig zu den Akten gelegt wird. Dass das alles ziemlich konstruiert ist und über Umwege zu einem Krimi umgemodelt wird, ist aber nur ein Teil des Problems. Mindestens ebenso schlimm ist, dass Der Zürich-Krimi: Borchert und die bittere Medizin schrecklich langweilig ist. Was hinter dem Ganzen steckt, ahnt man schon sehr früh. Wenn zu Beginn verraten wird, dass das alles ein unglaublicher Zufall war, weiß man eigentlich schon: Das war keiner. Unklar bleibt nur längere Zeit, was das Motiv ist. Sonderlich inspiriert ist dieses aber auch nicht. Da wurde lediglich im Handbuch „Krimis für Dummies“ geblättert und wahllos eines herausgepickt.
Das bedeutet nicht, dass die Zielgruppe von TV-Krimis damit nicht auf seine Kosten kommen kann. Die letzten beiden Teile der Reihe waren schließlich ebenfalls schon unterdurchschnittlich, hatten aber trotzdem jeweils mehrere Millionen Zuschauer und Zuschauerinnen. Es fehlt jedoch in einem Genre, das im deutschen Fernsehen wie kein anderes überlaufen ist, ein überzeugender Grund, warum man denn ausgerechnet Der Zürich-Krimi: Borchert und die bittere Medizin anschauen sollte und nicht einen der halbes Dutzend anderen Titel, die zeitgleich ausgestrahlt werden. Fans vom ewig grummelnden Borchert schauen rein, wenn er sich mal wieder in den Mittelpunkt drängt, selbst wenn er dort nichts zu suchen hat. Der Rest darf sich anderes und besseres vornehmen.
OT: „Der Zürich-Krimi: Borchert und die bittere Medizin“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Hansjörg Thurn
Drehbuch: Wolf Jakoby
Musik: Michael Klaukien
Kamera: Sonja Rom
Besetzung: Christian Kohlund, Ina Paule Klink, Pierre Kiwitt, Robert Hunger-Bühler, Filip Peeters, Thekla Hartmann, Tom Gronau, Leonard Kunz
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